Neue Wehrgesetze: Moskau stellt sich offenbar auf langen Ukraine-Krieg ein

Soldat in Russland: Nicht alle wollen kämpfen. Bild: Dmitriy Kandinskiy, Shutterstock.com

Einberufung ab Herbst kaum noch zu verhindern. Hinweis auf langfristige Kriegsplanung. Wie reagieren die Betroffenen?

In Russland wurden Gesetze erlassen, die Schlupflöcher für Kriegsdienstverweigerer schließen sollen. Bisher war es relativ einfach, sich dem russischen Militärdienst zu entziehen. Betroffene konnten sich einfach weigern, den Einberufungsbefehl in Papierform anzunehmen.

Viele zogen um, ohne den Behörden eine aktuelle Adresse zu hinterlassen, sodass eine Zustellung nicht möglich war. Die Gesetzesänderung sieht nun vor, dass der Einberufungsbescheid ab dem 1. November 2024 auch online auf einer Internetseite der Regierung veröffentlicht werden kann. Eine Woche nach der Veröffentlichung gilt die Einberufung als zugestellt – auch wenn der Empfänger keinen Internetzugang hat oder die Benachrichtigung nicht gesehen hat.

Hintergrund der Maßnahme

Die Maßnahme folgt auf die "teilweise" militärische Mobilmachung im Jahr 2022, bei der 300.000 Soldaten eingezogen wurden, um die Verluste Russlands in der Ukraine auszugleichen. Medienberichten zufolge verließen allein im September 2022 rund 700.000 Menschen infolge der Mobilmachung das Land.

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Angesichts der anhaltenden Kriegshandlungen in der Ukraine will Moskau diesen Exodus jedoch verhindern.

Vollständiges Profil der Wehrpflichtigen

Ab November 2024 sollen die Einberufungsbescheide zusammen mit anderen Informationen, die der Regierung über ihre Bürger vorliegen – wie Steuerdaten, Vorstrafen oder Immobilienbesitz – gesammelt werden, um ein vollständiges Profil der betreffenden Person zu erstellen und ihre Bewegungen genauer verfolgen zu können.

Dies könnte die zweite Einberufungskampagne des Jahres betreffen, die als "Herbsteinberufung" (osennij prizyv) bekannt ist.

Einfluss auf Ausreise und Alltag

Die Änderungen ermöglichen es den Grenzschutzbeamten, online auf alle oben genannten persönlichen Daten zuzugreifen, um zu überprüfen, ob Personen Russland verlassen dürfen. Personen, für die online ein Einberufungsbefehl ausgestellt wurde, dürfen das Land nicht verlassen.

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Dies könnte im Sommer zu einem Ansturm auf die Grenzen führen, bevor das neue Gesetz im November in Kraft tritt.

Mögliche Korruption und Strategien

Russische Bürger könnten erwägen, auf Methoden aus der Sowjetzeit zurückzugreifen, als Korruption in lokalen Behörden und medizinischen Einrichtungen den Erwerb gefälschter Behindertenausweise und anderer "offizieller" Dokumente ermöglichte, um der Einberufung zu entgehen.

Da Korruption in der russischen Armee weitverbreitet ist, könnten sich schnell neue Wege zur Umgehung der Einberufung eröffnen.

Langfristige Kriegsvorbereitungen?

Diese Veränderungen könnten darauf hindeuten, dass sich Moskau trotz der jüngsten Gespräche über die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen auf einen langwierigen Konflikt in der Ukraine vorbereitet.

Präsident Wladimir Putin hat erklärt, dass Russland bereit sei, den Krieg zu beenden, wenn die Ukraine die Bedingungen des Kremls akzeptiere.

Die Vorbereitungen für die Einberufungskampagne im Herbst sprechen jedoch eine andere Sprache.