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Niederschlag und Dürre, Covid-19-Fälle im Krankenhaus und Stromverbrauch der Weihnachtsbeleuchtung

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne.

Was sagen Niederschlagsmengen über Dürre aus?

Den Artikel "Alarmierender Befund: Deutschland trocknet aus [1]" von Wolfgang Pomrehn kommentiert ein User [2]:

Die Niederschlagshöhe wird seit 1881 flächendeckend gemessen. Da stellt sich einem natürlich die Frage, warum nur eine bis ins Jahr 1952 zurückreichende Zeitreihe verwendet wird. (…) Im Text wird auf die Abbildung

https://www.dwd.de/DE/leistungen/zeitreihen/zeitreihen.html [3]

des Deutschen Wetterdienstes verwiesen. In dieser sieht man ganz deutlich, dass es seit Beginn der Messungen eine bis ins Jahr 1919 reichende Periode gab, die von deutlich negativen Anomalien in Bezug auf eine Referenzperiode 1981 - 2010 geprägt ist, und welche die heutige bei weitem Übertrifft. (...)

Die Messdaten der im Artikel erwähnten Satelliten haben laut NG (National Geographic, Anm. d. Autorin) ein Raster von 150 km. Hier stellt sich mir eine weitere Frage. Wie kann man bei dieser Rastergröße eigentlich eine Aussage über den Grundwasserverlust im Bereich von etwa 5 Prozent der langjährigen durchschnittlichen jährlichen Grundwasserneubildung treffen? (…)

Wie auch schon in weiteren Kommentaren bemerkt, geht es hier um unterschiedliche Zeitreihen, die nicht miteinander vergleichbar sind. Zum einen geht es um die gemessenen Niederschlagsmengen – die tatsächlich um die Jahrtausendwende zum Jahr 1900 unter dem langjährigen Mittel liegen –, zum anderen geht es um den Tatbestand der Dürre. Laut Deutschem Wetterdienst versteht man unter einer Dürre "einen Mangel an Wasser, der durch weniger Niederschlag und/oder eine höhere Verdunstung durch erhöhte Temperatur (oder Wind) als üblich verursacht wird."

Gehen wir zurück zur genannten Zeitreihe des DWD, in dieser liegen nämlich nicht nur die Niederschlage um das Jahr 1900 unter dem langjährigen Mittel, sondern auch die Temperaturen. Das bedeutet, dass auch die Verdunstung vermutlich nicht so hoch war und eine geringere zur Verfügung stehende Wassermenge nicht zur Dürre führen muss. Ebenso spielt, wie im Artikel benannt, die Verteilung der Niederschläge eine wichtige Rolle.

Der Dürremonitor des UFZ Leipzig beschreibt die Bodenfeuchte, einmal im Oberboden bis 25 Zentimeter, und einmal bis zu 1,80 Meter Tiefe. Erstere ist für die Landwirtschaft interessant, zweitere für Wälder und für die Grundwasserneubildung. Aktuell lässt sich beispielsweise beobachten, dass die Bodenfeuchte im Oberboden wieder in den normalen Bereich zurückkehrt, in größerer Bodentiefe aber weiterhin Dürre herrscht.

Die erwähnten Satellitenmessungen werden vom DLR mit dem System GRACE vorgenommen [4]:

Mit GRACE werden monatlich alle Kontinente "gewogen". Hierbei bestimmt man unter anderem das Ausmaß der Polkappen-Schmelze, den großflächigen Rückgang von Grundwasser-Reservoirs und liefert wichtig Information zur Abschätzung des Meeresspiegel-Anstiegs.

Wie viele Covid-19-Erkrankte müssen ins Krankenhaus?

Bezogen auf den Artikel "Falschinformationen zu Corona: Opposition übt Kritik am Gesundheitsministerium [5]" von Harald Neuber fragt ein User [6], ob denn die nun korrigierten Daten des Ministeriums – dass 4 bis 5 Prozent der an Covid-19 Erkrankten und nicht wie ursprünglich angegeben 10 Prozent hospitalisiert würden – korrekt sind:

Wenn jemand falsche Daten liefert kann man wenigsten verlangen, dass für die korrigierten Daten die Berechnungsmethode im Detail beschrieben wird. Nicht dass die wieder falsch sind.

Es ist nicht mein Job das zu machen. Aber z.B. auf der ersten Seite des RKI-Situationsberichts vom 23.9.2022 [7] ist die 7-Tage Inzidenz ~ 294, die Hospitalisierungsrate 4.5, d.h. 1.5 Prozent davon. Dann muss man noch fragen ob alle Infizierten registriert wurden oder nur die Getesteten. Bei der Hospitalisierungsrate ist wieder die Frage mit oder an Corona. Selbst wenn die Zahl richtig berechnet wird ist sie immer noch irreführend da das Risiko der Hospitalisierung extrem altersabhängig ist - die Zahl muss für jedes Alter berechnet werden.

Auf der Seite zusammengegencorona.de wird die Zahl der Erkrankten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, mit aktuell rund 4 Prozent angegeben [8] – wie diese Zahl berechnet wurde, erschließt sich aber nicht. Setzt man den Anteil der Hospitalisierten ins Verhältnis zur Gesamtzahl der an Covid-19 Erkrankten, wie es im Kommentar getan wurde, landet man durchaus im Bereich von 1 bis 2 Prozent.

Allerdings fehlen in der aktuellen Hospitalisierungsrate die Nachmeldungen. Im Pandemieradar des RKI heißt es dazu:

Die tagesaktuellen Inzidenzen werden unterschätzt, da Hospitalisierung ggf. erst im Verlauf mehrere Tage nach dem Meldedatum auftritt.

In der Grafik zu den Hospitalisierungen finden sich daher gleich drei Werte: Die ursprünglich gemeldeten Fälle, die Fälle inklusive der nachgemeldeten und ein auf Hochrechnungen (Nowcast-Verfahren) basierender Wert. So variiert die Hospitalisierungsrate [9] beispielsweise für den 26.9. zwischen 4,59, 6,89 und 7,96, bei einer 7-Tage-Inzidenz von 342,9. Wie sich die Zahl von 4 Prozent berechnet, bleibt aber auch mit Blick auf den Pandemieradar eine Black Box.

Wie das RKI schon länger betont, ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Anzahl von Infizierten höher ist:

Das hat verschiedene Gründe: Unter anderem ist bei hohen Inzidenzen die Untererfassung größer – etwa weil mehr Infizierte ohne oder nur mit geringen Symptomen sich gar nicht erst testen lassen oder positive Schnelltests nicht mit bestätigt werden. Nur PCR-bestätigte Infektionen werden jedoch auch als Fall gezählt.

Bei der Erfassung von Covid-19-Patient:innen im Krankenhaus ist entscheidend, "dass der Grund der Aufnahme im Kontext der Covid-19 Erkrankung steht, aber ein direkter kausaler Zusammenhang zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht hergestellt werden muss. (...) Wird bei Aufnahme der betroffenen Person jedoch deutlich, dass die Krankenhausaufnahme in keinem Zusammenhang mit der Covid-19-Diagnose steht, z.B. nach einem Verkehrsunfall, dann besteht keine Meldepflicht." Hier lässt sich also nur sagen: Wer eindeutig nicht wegen einer Infektion mit Sars-CoV-2 im Krankenhaus landet, wird auch nicht erfasst.

Zahlen zur Hospitalisierungsrate nach Altersgruppen gibt das RKI heraus [10]. Hier ist wenig erstaunlich, dass die Hospitalisierungsinzidenz mit dem Alter deutlich ansteigt. So lag sie in der 37. Kalenderwoche für 35-59-Jährige bei 2,03, für 60-79-Jährige bei 6,83 und für die Gruppe 80+ bei 22,6.

Wie viel Strom verbraucht die Weihnachtsbeleuchtung in Deutschland?

In den Kommentaren zum Artikel "Weihnachtsbeleuchtung: Schlägt die Deutsche Umwelthilfe den Untergang des Abendlandes vor [11]" von Claudia Wangerin wird darüber diskutiert, wie hoch der Stromverbrauch der Weihnachtsbeleuchtung in Deutschland ist.

Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass allein die privaten Haushalte 600 Millionen Kilowattstunden für die Weihnachtsbeleuchtung verbrauchen würden, was dem Verbrauch einer Stadt mit 400.000 Einwohner:innen entspräche. Das berichtet [12] zumindest das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Vermutlich dürfte sich Jürgen Resch mit seiner Aussage auf die Weihnachtsumfrage 2021 [13] des Ökostromabieters Lichtblick bezogen haben. Nach dieser Online-Umfrage, die von YouGov Deutschland durchgeführt wurde und an der sich 2058 Personen beteiligten, werden pro Haushalt durchschnittlich sechs Lichterketten verwendet, 77 Prozent davon LED-Beleuchtung und 23 Prozent klassische Glühlampen.

Damit war sowohl der Lichteinsatz gegenüber dem Vorjahr gestiegen als auch der Anteil an LED-Lichtern leicht zurückgegangen. Der daraus berechnete Stromverbrauch stieg damit um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 623 Millionen kWh und dies entspräche dem Stromverbrauch von 208.000 Haushalten. Die DUH hat hier also knapp zwei Personen pro Haushalt angesetzt. Ob diesen hochgerechneten Zahlen so zu vertrauen ist, dazu müsste das Design der Umfrage wohl genauer unter die Lupe genommen werden.

Ein weiterer in den Kommentaren angesprochener Punkt ist, dass die Weihnachtsbeleuchtung gemessen am gesamten Stromverbrauch kaum ins Gewicht fällt, was mit Sicherheit richtig ist. Laut Statista lag der Nettostromverbrauch in Deutschland 2021 bei rund 508 Terawattstunden, also 508 Milliarden kWh, 623 Millionen kWh entsprächen also 0,12 Prozent.

Sinnvoller ist es mit Sicherheit, den Verbrauch ins Verhältnis zum Stromverbrauch der privaten Haushalte zu setzen, die für rund ein Viertel des Stromverbrauchs in Deutschland verantwortlich sind, im Verhältnis dazu macht die nach der Umfrage ermittelte Weihnachtsbeleuchtung 0,49 Prozent aus.

Unabhängig von prozentualen Anteilen scheint bei durchschnittlich sechs Lichterketten pro Haushalt ein gewisses Einsparpotential gegeben.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-7280920

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/tp/features/Alarmierender-Befund-Deutschland-trocknet-aus-7265105.html
[2] https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Alarmierender-Befund-Deutschland-trocknet-aus/Nur-bis-1952-zurueckreichende-Zeitreihe-wurde-erst-da-der-Messbecher-erfunden/posting-4161
[3] https://www.dwd.de/DE/leistungen/zeitreihen/zeitreihen.html
[4] https://www.dlr.de/rd/desktopdefault.aspx/tabid-2440/3586_read-5326/
[5] https://www.heise.de/tp/features/Falschinformation-zu-Corona-Opposition-uebt-Kritik-an-Gesundheitsministerium-7274347.html
[6] https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Falschinformation-zu-Corona-Opposition-uebt-Kritik-an-Gesundheitsministerium/Sind-die-korrigierten-Daten-des-BMG-richtig/posting-41654415/show/
[7] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Sept_2022/2022-09-23-de.pdf
[8] https://www.zusammengegencorona.de/covid-19/covid-19-was-uns-die-fallzahlen-sagen-und-was-nicht/#id--1409937161
[9] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/COVID-19-Trends/COVID-19-Trends.html?__blob=publicationFile#/home
[10] https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html
[11] https://www.heise.de/tp/features/Weihnachtsbeleuchtung-Schlaegt-die-Umwelthilfe-den-Untergang-des-Abendlandes-vor-7276173.html
[12] https://www.rnd.de/politik/adventszeit-ohne-weihnachtsbeleuchtung-umwelthilfe-fordert-verzicht-im-dezember-ZYYDDW2TLFG6NDXW5Z2CCMABQ4.html
[13] https://www.lichtblick.de/weihnachtsumfrage/