Nord Stream 2: Ab Samstag wird weitergebaut - aber nur 2,6 Kilometer
Gemeinnützige Stiftung soll vor US-Sanktionen schützen
Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee in Stralsund warnt Kapitäne für Samstag zu besonderer Vorsicht südlich des Adlergrundes. Als Grund dafür nennt die Behörde Bauarbeiten. Südlich des Adlergrundes hören bislang zwei Rohre auf, die die Anlandestation Lubmin einmal mit dem Rest der Gaspipeline Nord Stream 2 verbinden sollen.
Planung "an die Projektsituation angepasst"
Der Nord Stream 2 AG zufolge wird am 5. Dezember an diesen beiden Rohrenden tatsächlich weitergebaut - aber angeblich nur jeweils 2,6 Kilometer. Um die Verbindungen zu schließen, müssten es jeweils 76 Kilometer sein, wovon 16 in der deutsche und 60 in der dänischen Wirtschaftszone liegen.
Auf Fragen dazu heißt es aus der Aktiengesellschaft lediglich, man habe die Planung "an die Projektsituation angepasst". Wann die restlichen 73,4 Kilometer drankommen sollen bleibt ebenso offen wie die Frage, welches Verlegeschiff die Arbeiten am Samstag durchführen wird. Die Akademik Cherskiy, die Anfang des Jahres in einer Art Katz- und Maus-Spiel mit immer neuen Zielangaben aus dem fernen Osten in die Ostsee geholt wurde (vgl. Katz-und-Maus-Spiel um Nord Stream 2?), brach letzte Woche nach längerer Ruhe im Sassnitzer Hafen Mukran in Richtung des russischen Teil Ostpreußens auf.
Bereits zertifiziert?
Etwa gleichzeitig wurde bekannt, dass die norwegische Zertifizierungsgesellschaft Det Norske Veritas og Germanischer Lloyd i Hamburg (DNV GL) ihre Tätigkeit für Nord-Stream-2-Schiffe wegen einer "neuen Klarstellung des US-Außenministeriums zum European Energy Security Protection Act (PEESA)" eingestellt hat. "In Übereinstimmung mit diesen neuen Richtlinien", so die norwegische Firma laut Bloomberg, "stellen wir fest, dass die Aktivitäten des DNV GL zur Kontrolle von Schiffen mit Ausrüstungen, die dem Nord Stream-2-Projekt dienen, mit Sanktionen belegt sind" - und man habe "ein robustes Programm zur Einhaltung aller geltenden Vorschriften und Gesetze, einschließlich Sanktionen, eingeführt".(vgl. Nord Stream 2: Zertifizierungsgesellschaft springt ab).
Ob die DNV GL die Akademik Cherskiy vor diesem Schritt zertifiziert hat, oder nicht, ist unklar. Sie wurde angeblich in Mukran für die Nord-Stream 2-Rohre umgerüstet und verfügt über ein dynamisches Positionierungssystem, das die dänischen Behörden anfangs zur Voraussetzung für eine Zulassung machten. Seit diesem Spätsommer akzeptieren sie jedoch auch Maschinen mit Ankern, weshalb auch die Fortuna, ein anderes russisches Verlegeschiff, eingesetzt werden könnte. Möglich ist auch, dass beide Schiffe zusammenarbeiten.
Stiftungschef Sellering?
Der Grund für die eher bedingte Transparenz im Zusammenhang mit diesen Vorhaben dürfte auch darin liegen, dass man keine Informationen herausgeben möchte, die es den Amerikanern erlauben, rasch Sanktionen anzupassen. Diese Sanktionen sind der Grund, dass die eigentlich beauftragte schweizerische Verlegefirma Allseas im letzten Jahr absprang. Für private Firmen, die international tätig sind, sind solche Sanktionen ein großes Risiko. Staatliche Akteure, die sich vor allem auf ein Land konzentrieren, wären davon potenziell weniger betroffen.
Deshalb plant man in der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern Medienberichten nach die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung, die dort einspringen soll, wo es privaten Akteuren zu gefährlich wird. Als Chef dieser angeblich fast fertigen Stiftung soll Erwin Sellering vorgesehen sein, der ehemalige Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern. Der 71-jährige Sozialdemokrat gilt nicht nur als Vertrauter des ehemaligen Bundeskanzlers und jetzigen Nord-Stream 2-Verwaltungsratschefs Gerhard Schröder - er versteht als Initiator des Wirtschaftsdialogforums "Russlandtage" auch etwas von wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit Moskau. Offiziell gibt es dazu aus Schwerin aber keinen Kommentar.
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