Nord Stream 2: Fortuna baut trotz Sanktionen
Für abgeschreckte Dienstleister wie Zurich, Bilfinger und Krebs könnten Alternativanbieter aus Russland oder China nachrücken
Der Nord Stream 2 AG zufolge hat das russische Verlegeschiff Fortuna trotz der am 19. Januar verhängten amerikanischen Sanktionen (vgl. USA sanktionieren russische Verlegeschifffirma) am 24. Januar den Bau der geplanten neuen Erdgaspipeline zwischen Russland und Deutschland "in Übereinstimmung mit den erhaltenen Genehmigungen" fortgesetzt.
"Keine Information"
Den Daten von Vesselfinder und Marine Traffic nach finden diese Arbeiten etwa 28 Kilometer von der Insel Bornholm entfernt statt, die seit 1658 zu Dänemark gehört. Dort befinden sich auch mehrere andere russische Schiffe, die der Fortuna anscheinend behilflich sind. Das liegt unter anderem deshalb nahe, weil die US-Sanktionen gegen das Schiff auch Unterstützungsleistungen umfassen, weshalb Dienstleister aus anderen Ländern dafür nur bedingt infrage kommen.
Medienberichten nach haben sich neben dem norwegischen Zertifizierer DNV-GL (vgl. Nord Stream 2: Zertifizierungsgesellschaft springt ab) auch die schweizerische Versicherung Zurich und die deutsche Bilfinger SE aus dem Projekt verabschiedet, die für Nord Stream 2 angeblich Prozessleit- und Sicherheitssysteme liefern sollte. Bei beiden Firmen war für eine Stellungnahme dazu niemand erreichbar. Auch beim ebenfalls in diesem Zusammenhang genannten Hamburger Rostschutzexperten Krebs hieß es lediglich, man gebe zu diesem Thema "keine Information" heraus.
Stiftung "rein symbolisch"?
Zurich, Bilfinger und Krebs sind allerdings nicht die einzigen Unternehmen, die Versicherungen, Prozessleitsysteme und Rostschutz anbieten. Deshalb muss auch ein von der sehr Nord-Stream-2-kritischen Bild-Zeitung konsultierter "Insider" einräumen, dass hier "Alternativ-Firmen aus China und Russland" einspringen könnten. Die vom Land Mecklenburg-Vorpommern ins Leben gerufene "Stiftung Klima- und Umweltschutz MV" wird dabei seiner Ansicht nach aber keine Rolle spielen: Die sei "rein symbolisch" und biete "keinen Weg aus den Sanktionen" (vgl. Nord Stream 2: Neue Genehmigung, aber noch kein Weiterbau).
Außer dem US-Kongress, der die Sanktionen verabschiedete, hat sich inzwischen auch das EU-Parlament für einen Stopp des neuen deutschen Grundlastlieferanten ausgesprochen (vgl. "Die Stromversorgung ist massiv gefährdet"). Hier stimmten die Abgeordneten der Linken und der Sozialdemokraten zusammen mit denen der AfD gegen einen Baustopp, was von den öffentlich-rechtlichen Medien (anders als beim Stopp der Erhöhung des Rundfunkbeitrags) aber nicht problematisiert wurde.
Anlass der Abstimmung im EU-Parlament war die Festnahme des umstrittenen russischen Oppositionellen Alexei Nawalny wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen, gegen die dessen Anhänger am Wochenende demonstrierten. Gegen den Geschäftsmann war 2015 eine dreieinhalbjährige und 2017 eine fünfjährige Bewährungsstrafe verhängt worden. Die dreieinhalbjährige erhielt er, weil er dem französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher als Angestellter der russischen Staatspost über eine Offshore-Konstruktion Logistikdienstleistungen verkaufte und dabei einen Millionengewinn machte. Nawalnys Ansicht nach war dieses Geschäft legal - aber das Gericht war anderer Meinung. Im anderen Verfahren wurde er schuldig gesprochen, als Berater einer staatlichen Holzfirma 1,3 Millionen Rubel veruntreut zu haben.
Der Vorsitzende der nicht in der Duma vertretenen Partei Rossiya Buduschtschego ("Russland der Zukunft") sieht beide Urteile als politische Entscheidungen, die ihn daran hindern sollen, dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin Konkurrenz zu machen. Darüber hinaus macht er geltend, dass Putin ihn im letzten Jahr mit dem durch die Affäre Skripal bekannt gewordenen Kampfstoff Nowitschok vergiften ließ, was der Kreml von sich weist (vgl. Die Wahrheit im Fall Nawalny).
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