Nord-Stream-Pipelines: CIA warnte Ukraine vor Anschlagsplänen

Der Verdacht gegenüber der Ukraine verdichtet sich.

Die ukrainische Führung soll Pläne für einen Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines ausgearbeitet haben.

Westliche Geheimdienste und Bundesregierung wussten von Anschlagsplänen der Ukraine auf die Pipelines. Weshalb man nichts tat und nur eine Missbilligung zum Ausdruck brachte.

Der US-Geheimdienst Central Intelligence Agency (CIA) wusste von dem geplanten Anschlag der Ukraine auf die beiden Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee. Und er hat die Ukraine eindringlich davor gewarnt, die Pipelines anzugreifen.

Am Dienstag hatte die New York Times darüber berichtet. Ebenfalls am Dienstag veröffentlichte tagesschau.de die Ergebnisse einer gemeinsamen Recherche des ARD-Hauptstadtstudios, des ARD-Politikmagazins Kontraste, des SWR und der Wochenzeitung Die Zeit.

Demnach hatte der niederländische Militärgeheimdienst MIVD im Juni 2022 erfahren, dass ukrainische Militärs einen Anschlag auf die Pipelines planten. Er teilte seine Informationen mit der CIA. Allerdings ging man davon aus, dass die Ukrainer die geplante Operation schon überdacht und abgesagt hätten.

In diesem zeitlichen Zusammenhang erfuhren auch die deutsche Bundesregierung und deutsche Parlamentarier von den Plänen. Das war kurz vor der parlamentarischen Sommerpause. Wie man in der Bundesregierung auf die Mitteilung reagierte, ist nicht bekannt.

Dennoch habe man die missbilligende Haltung gegenüber Ukraine zum Ausdruck gebracht. Laut New York Times ist allerdings unklar, welcher US-Beamte die Nachricht über den Pipeline-Anschlag an die Ukraine übermittelt hat.

Sie sei wohl nicht von hochrangigen Beamten überbracht worden, heißt es weiter in dem Bericht. Denn die US-Dienste seien bereits davon ausgingen, dass Kiew die Sinnhaftigkeit des Angriffs überdacht hatte. Wie die Ukrainer auf die Botschaft reagierten, ist auch nicht überliefert.

Anschlag unter Anleitung der ukrainischen Regierung

In Wirklichkeit, so glauben amerikanische Beamte jetzt, wurde die Operation nicht abgebrochen, sondern verschoben, wobei möglicherweise eine andere mit der Ukraine verbündete Gruppe den Angriff ausführte.

Die amerikanischen Geheimdienste gehen inzwischen davon aus, dass der Anschlag nicht von einer autonom agierenden Gruppe geplant und durchgeführt wurde. Das sei zumindest unter loser Anleitung der ukrainischen Regierung geschehen, heißt es in der New York Times; man wisse aber nicht, wer genau die Operation geplant hat.

Zuvor hatte ein Bericht der Washington Post nahelegt, dass die Attentäter direkt dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, unterstellt gewesen sein könnten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll nicht in die Pläne eingeweiht gewesen sein, um die Aktion glaubwürdig dementieren zu können. Darauf hätten die Ukrainer besonderen Wert gelegt, um diplomatische Verstimmungen, etwa mit Deutschland, zu verhindern.

Die Washington Post beruft sich in ihrem Bericht auf geleakte Geheimdienstdokumente, die über die Chat-Plattform Discord verbreitet worden sein sollen. Der Luftwaffensoldat Jack Teixeira soll sie demnach verbreitet haben, und über dessen Online-Freunde hätten sie ihren Weg zur Washington Post gefunden.

Laut diesen Dokumenten sammelte ein europäischer Geheimdienst die Informationen über einen ukrainischen Angriffsplan auf die Nord-Stream-Pipeline. Man wusste demnach über die Anzahl der Agenten Bescheid und die diskutierten Angriffsmethoden. Die Informationen wurden dann der CIA übermittelt.

Nato-Manöver Baltops spielte anfangs eine Rolle

Ursprünglich sei die Operation im Anschluss an den Nato-Manöver Baltops geplant gewesen. Vom 5. bis 17. Juni 2022 übten die Marinen verschiedener Nato-Staaten in der Ostsee unter anderem den Umgang mit unbemannten U-Booten. Doch "aus noch unklaren Gründen" wurden die ukrainischen Pläne auf Eis gelegt.

Doch in einigen Details stimme das Vorgehen beim Anschlag im September 2022 mit den ursprünglichen Plänen überein, heißt es in der Washington Post. Sechs Mitglieder der ukrainischen Sondereinsatzkräfte sollten unter falscher Identität ein Boot mieten. Dann sollten sie mit einem Tauchfahrzeug auf den Grund der Ostsee tauchen, die Pipelines zerstören und unerkannt entkommen.

In einigen Punkten unterscheidet sich das Vorgehen im September demnach von den Plänen. Der europäische Geheimdienst, der die Informationen gesammelt hat, ging lediglich davon aus, dass Nord Stream 1 angegriffen werden sollte. Die neuere Pipeline Nord Stream 2 erwähnte er nicht. Die Saboteure seien letztlich auch von einem anderen Ort als zuvor geplant mit der Andromeda gestartet.

Nachdem der europäische Geheimdienst seine Erkenntnisse mit der CIA geteilt hatte, kamen in Langley zunächst Zweifel auf. Zuvor soll die ukrainische Quelle noch keine verlässlichen Informationen geliefert haben, sagte demnach eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Die Europäer stuften die Quelle dagegen als zuverlässig ein.

Ursprünglich veröffentlicht: 07.06.2023 Aktualisiert: 14.06.2023

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