Öffentlich-rechtlicher Rundfunk braucht demokratische Reformen

Seite 2: Die Zukunft des ÖRR: Kooperationen und neue Formate

Dabei muss die Publikation der aus dem Budget des ÖRR finanzierten Programme nicht auf die Sender beschränkt sein. Schon heute gibt es Kooperationen etwa mit Zeitungsverlagen oder eigene Formate für YouTube oder TikTok.

Große Recherchen lassen sich schwer über Zeitungshonorare finanzieren, so wie kaum eine Filmproduktion ohne öffentliche Filmförderung auskommt. Wenn die Aufgaben des ÖRR demokratisch und zeitgemäß neu bestimmt werden, wird eine Beschränkung der Inhalte auf die ARD-Sendeanstalten, ZDF und Deutschlandradio vielleicht nicht mehr nötig sein.

Die Gesellschaft verlangt vermutlich weniger einige bestimmte Politikmagazine des Rundfunks als viel mehr Inhalte, die eben bisher darüber bereitgestellt werden. Entsprechend produzierte Sendungen oder Einzelbeiträge könnten auch auf Netflix, Amazon oder bei dem Sender eines Zeitungsverlags laufen, wenn sie darüber für jeden frei empfangbar sind. Zugehörige Textangebote müssen nicht auf die Internetseiten der ÖRR-Sender beschränkt sein.

Beim heutigen breiten Medienangebot wird man über die Distribution einmal ganz grundlegend neu nachdenken müssen. Da ist mehr drin, als dass man in der ZDF-Mediathek auch Angebote der ARD-Anstalten findet.

Auch Finanzierung demokratisch bestimmen

Ein immer wiederkehrender Streitpunkt ist die Finanzierung des ÖRR, sowohl von seinem Konzept Haushaltsabgabe her (früher: GEZ) als auch von der Beitragshöhe. Eine Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen wird seit eh und je mit Verweis auf die notwendige Staatsferne abgelehnt.

Auch darüber müssen Zuschauer und Zuhörer bzw. Beitragszahler diskutieren – und letztlich entscheiden. Klar sollte jedenfalls sein, dass auch bei einer Finanzierung aus dem Steueraufkommen der Zugriff der Politik wenigstens auf das heutige Maß begrenzt werden kann – es dürfte aber auch noch besser gehen. Jedenfalls spräche wenig dagegen, das benötigte Budget weiterhin von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) errechnen zu lassen. Denn auch derzeit muss die Politik dem noch zustimmen.

Neben einer erheblichen bürokratischen Entschlackung könnte eine Steuerfinanzierung sicherlich auch mehr Gerechtigkeit ins System bringen. Dass jeder volljährige Bürger mit eigener Wohnung ungeachtet seiner Nutzung zwar für den ÖRR, nicht aber bspw. für Polizei, Feuerwehr oder die Grünanlage in seinem Quartier zahlen muss, leuchtet nicht unmittelbar ein.

Daneben sind auch noch ganz andere, ggf. ergänzende Modelle denkbar, insbesondere, wenn man die Notwendigkeit verschiedenster Medien insgesamt in den Blick nimmt (siehe etwa die Idee einer "Deutschen Journalismusgemeinschaft").

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine über die Jahrzehnte gewachsene Struktur. Gäbe es ihn bisher nicht und wollte man ihn heute erstmalig ins Leben setzen, sähe er ganz sicher vollkommen anders aus. Deshalb ist es Zeit für eine grundlegende Reform. Und für die braucht es als Erstes ein geeignetes demokratisches Format.

Transparenzhinweis: Der Autor ist als Journalist auch für den ÖRR tätig.