Österreichischer Verteidigungsminister zeigt Airbus an
Taskforce Eurofighter veröffentlicht Bericht
2002 bestellte die damalige österreichische Regierung Schüssel beim Airbus-Konzern 18 Eurofighter, deren Zahl später auf 15 reduziert wurde. Im Zusammenhang mit der Ausschreibung für dieses Milliardengeschäft wurde der Verdacht von umfassenden Schmiergeldzahlungen an Lobbyisten, Politiker und Militärs laut. 2006 stimmten SPÖ, FPÖ und Grüne im Nationalrat für einen Untersuchungsausschuss, der die Vorwürfe aufklären sollte.
Dieser Untersuchungsausschuss fand zwar zahlreiche Anhaltspunkte für Bestechung, konnte den Verdacht allerdings nicht beweisen, als er seine Erkenntnisse 2008 an die Staatsanwaltschaft Wien weitergab. Die stellte ihre Ermittlungen 2011 ein, was das Justizministerium später als "Fehlentscheidung" wertete. Als der Manager Gianfranco Lande kurz darauf in einem Strafprozess in Italien zugab, Airbus beim Transfer von 84 Millionen Euro nach Österreich unterstützt zu haben, musste sie die Ermittlungen wieder aufnehmen.
"Arglistige und betrügerische Täuschung"
Nun hat der österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil bekannt gegeben, dass er die Airbus Defence and Space GmbH (die früher EADS Deutschland GmbH hieß) und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH wegen "arglistiger und betrügerischer Täuschung" beim Kaufpreis und in anderen Bestandteilen des damaligen Vertrags angezeigt hat und "vorerst" 183,4 Millionen Euro Schadernsersatz für die Staatskasse fordert. Der tatsächlich entstandene Schaden liegt Doskozil zufolge sogar bei mindestens 1,1 Milliarden Euro.
Grundlage der Anzeige und der Schadensersdatzforderung sind die Erkenntnisse des Berichts der 2012 vom Verteidigungsministerium eingesetzten Taskforce Eurofighter. Die hatte sich unter anderem die "Offset-Geschäfte" angesehen, mit denen die Regierung der Bevölkerung den kostspieligen Erwerb von Kampfjets als Konjunkturprogramm verkaufte: In dieser "Sweetener"-Vereinbarung versprach Airbus, österreichischen Unternehmen Auslandsaufträge im Umfang von 3,5 Milliarden Euro zu verschaffen. Dabei sollen auch Aufträge verrechnet worden sein, die ganz ohne Vermittlung des Rüstungskonzerns zustande kamen. Dafür erhielten Vermittler Geld für falsche Bestätigungen, in denen das Gegenteil behauptet wurde. Ein ehemaliger EADS-Deutschland-Manager hatte zu diesem Zweck sogar ein eigenes Firmenkonstrukt errichtet, das Offset-Scheingeschäfte gezielt suchte und einkaufte.
Prozess in München
Flankiert werden die österreichischen Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft München die einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge in den nächsten Monaten mehrere ehemalige Manager des Airbus-Konzerns anklagen will. Da sie dem Bericht nach nun der Abfluss der Bestechungsgelder, aber nicht die konkreten Empfänger nachweisen kann, soll die Anklage auf Veruntreuung von Firmengeldern lauten. Ob das die Manager dazu bewegen wird, konkretere Angaben über den Verwendungszweck zu machen, bleibt abzuwarten.
Die Belege für den Abfluss des Geldes sind der SZ nach aber so stichhaltig, dass sich Airbus bereits zu einer "begrenzten Steuernachzahlung" in Höhe von "mehreren zehn Millionen Euro" entschlossen hat. Allerdings verwahrt sich der Konzern gegen die Annahme, er habe damit ein Fehlverhalten zugegeben. Sollte sich ein Fehlverhalten trotzdem bestätigen, dann könnte das Unternehmen Schwierigkeiten mit den "Compliance"-Regeln bekommen, die es inzwischen in zahlreichen Ländern gibt: Sie sehen häufig vor, dass bei Ausschreibungen Anbieter ausgeschlossen werden, denen man bei anderen Geschäften Bestechung nachweisen konnte.
Europäisches Prestigeprojekt
Der Eurofighter wurde als europäisches Prestigeprojekt in Deutschland, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich entwickelt und sorgt auch außerhalb Österreichs und abgesehen von Bestechungs- und Betrugsvorwürfen immer wieder für Negativschlagzeilen: Die zweistrahliges Mehrzweckkampfflugzeug kosteten die deutsche Bundeswehr sehr viel mehr als anfangs versprochen, wurden erst Jahre nach den zugesagten Terminen fertig und hatten unter anderem Mängel in der Verarbeitung und bei den Schleudersitzen.
Trotzdem bestellten neben den Entwicklerländern und Österreich auch der Oman (12), Kuwait (28) und Saudi-Arabien (72) Eurofighter. Japan, Singapur, Südkorea, Indien, Brasilien, die Niederlande, Dänemark, Norwegen, Griechenland und die Schweiz winkten dagegen ab, nachdem sie sich das Angebot angesehen hatten, und entschieden sich teilweise für Modelle anderer Anbieter (vgl. Später Erfolg für einen Ladenhüter). Mit Katar, Bahrain, Malaysia, Chile, Peru, Belgien, Bulgarien und Serbien laufen derzeit Verhandlungen.
Konkurrenten des Eurofighter sind unter anderem der französische Rafale-Kampfjet (den Ägypten, Indien und Katar bestellt haben), die russische Suchoi Su-30 (die China, Venezuela und Algerien einsetzen), die amerikanische F-16 (mit der Marokko, die Türkei und Griechenland ihr Militär bestückten), die amerikanisch-britische F-35 (die von Israel, Japan und Singapur genutzt wird) und der schwedische Gripen (den Brasilien und Südafrika kauften und dessen Erwerb in der Schweiz an einer Volksabstimmung scheiterte).
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