Ostermärsche 2025: Wie Merz' GroKo rechte Politik und atomare Bewaffnung möglich macht

Christoph von Lieven
Tornado im Fliegerhorst Büchel

Tornado im Fliegerhorst Büchel. Dieser Jet würde Atombomben ins Ziel bringen. Bild: perfect-picture-hunter/ Shutterstock.com

Koalitionsvertrag von SPD und Union schockiert: Abrüstung war gestern. Nun geht es um die atomare Bewaffnung Deutschlands. Unter anderem …

Es ist eine Zäsur: Der Koalitionsvertrag 2025 zwischen SPD und CDU/CSU markiert den endgültigen Bruch mit der lange propagierten Idee einer atomwaffenfreien Welt. Kein Wort mehr über nukleare Abrüstung, kein Bekenntnis zum Nichtverbreitungsvertrag (NPT) kein Erwähnen des Atomwaffenverbotsvertrags (TPNW).

Stattdessen: ein massives Aufrüstungsprogramm, das an historische Tiefpunkte deutscher Geschichte erinnert – und die Frage aufwirft, ob Europa oder gar Deutschland selbst künftig über eigene Atomwaffen verfügen soll.

Gerade jetzt ist der Moment, aufzustehen. Der Ostermarsch ist aktueller denn je. Denn während die Parteispitzen sich dem angeblich alternativlosen Druck der Militarisierung beugen, stimmen ihre Mitglieder und Gremien über einen Koalitionsvertrag ab, der nicht nur sicherheitspolitisch gefährlich ist – sondern in vielen Punkten auch sozialpolitisch ungerecht ist.

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Das jetzt schon über die Interpretation des Vertrages, über Mindestlohn, die inhumanen Abschiebungspläne, fehlende Bezüge zu Menschenrechten und die Dominanz der Kriegsfinanzierung gestritten wird, macht deutlich wie wenig die Parteichefs wirklich verstanden haben was die Menschen hier bewegt. Die geplanten 500 Milliarden Euro Sonderschulden für Infrastruktur dienen vor allem dem Ausbau militärischer Transportwege.

Die Gelder fehlen andernorts

Ein Großteil der öffentlichen Gelder wird umgeschichtet – weg von Bildung, Klima, Gesundheit – hin zu Panzerstraßen, Cyberkriegszentren und Rüstungsindustrie. Die Debatte um eigene europäische Atomwaffen wird nicht mehr nur hinter verschlossenen Türen geführt.

Mit dem Schweigen im Koalitionsvertrag wird ein Tabu gebrochen: Die atomare Bewaffnung Deutschlands rückt in den Bereich des Denkbaren. Das wäre ein sicherheitspolitisches Desaster – vor allem angesichts der Geschichte dieses Landes.

Keine Lehre aus zwei Weltkriegen

Deutschland, das zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen hat, darf niemals Atomwaffen besitzen. Das ist keine moralische Floskel, sondern eine historische Verpflichtung. Und es ist auch kein Zufall, dass führende Unionspolitiker wie Jens Spahn oder Johann Wadephul zunehmend mit der Sprache und Logik der Rechten flirten.

Annäherung an AfD-Positionen

Die Annäherung an die AfD-Positionen – nationalistisch, militaristisch, autoritär – und die Normalisierung des Umgangs mit deren Funktionären im Bundestag ist nicht nur ein innenpolitisches Alarmsignal. Es ist richtig das der Wille von 20% der Wählerinnen und Wähler nicht ausgeschlossen werden sollte. Aber dafür muss das Parlament etwas anderes finden, als eine Normalisierung die menschenverachtende Positionen stärkt

All das zeigt, wie tief der Wunsch nach Dominanz wieder in das Zentrum der politischen Debatte vorgedrungen ist. Dabei war es genau dieser Geist, der zu Kriegen, Massakern und Völkermorden geführt hat, die uns heute entsetzen. Die Normalisierung einer Zusammenarbeit mit der extremen Rechten durch führenden Politiker der CDU, wie sie Friedrich Merz mit seiner Abstimmung im alten Bundestag schon begonnen hat, zeigt, dass es dieser Parteiführung nur um Macht und mehr Optionen dafür geht.

Die Erzählungen und Versprechen vor der Wahl - nichts wert. Genau diese zynische Vorgehensweise und diese selbstgerechte Haltung erschüttern das Vertrauen in Demokratie und treibt die WählerInnen zu den Rechten.

Kann die UNO es richten?

Wie schwer das friedliche Zusammenleben vieler Menschen und Kulturen ist, weiß jeder, der aufmerksam in die Welt blickt. Aber genau deshalb wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die UNO gegründet – um ein Rahmenwerk für Frieden, Gleichberechtigung und gemeinsames Handeln zu schaffen. Dieses System ist reformbedürftig, ohne Frage. Aber es bleibt zentral.

Und: Es war die UNO, in der 2017 der Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) von 122 Staaten beschlossen wurde – gegen den Widerstand aller NATO-Staaten und Atommächte. Warum? Weil sie das Privileg der Weltauslöschung nicht abgeben wollen.

Niemand darf alle anderen mit seinen Waffen in der Existenz bedrohen

Die Abschaffung aller Atomwaffen ist überlebenswichtig. Genauso wie der weltweite gemeinsame Kampf gegen die eskalierende Klima- und Biodiversitätskrise. Doch anstatt auf globale Kooperation zu setzen, rüsten wir national und gegeneinander auf – als könne man die Klimakrise mit Raketen stoppen oder das Artensterben mit Drohnen aufhalten.

Während in Palästina weiterhin massenhaft Menschen durch die israelische Armee getötet werden, Hamas-Terroranschläge Angst und Hass schüren, und Russland mit seinem völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine zehntausende Leben zerstört, erleben wir eine internationale Ordnung in Trümmern. Der Konflikt im Nahen Osten, in Israel und Palästina entstand nicht am 7.Oktober 23 und nicht nur einseitig, die NATO-Osterweiterung war eine fatale Dominanzstrategie der vermeintlichen Sieger des kalten Krieges – das ändert nichts an Verwerflichkeit der Kriege und des Mordens, aber es erklärt vielleicht Teile des Konflikts.

Und nur die Einbeziehung der Geschichte und die Anerkennung der allseitigen Verwundungen können eventuell eine Lösung möglich machen.

Gerade deshalb braucht es jetzt klare Stimmen für Völkerverständigung, für das humanitäre Völkerrecht, für gleiche Maßstäbe – und gegen doppelte Standards. Es braucht eine breite gesellschaftliche Bewegung, die deutlich macht: Nicht Krieg, sondern Frieden ist das Ziel. Nicht Abschreckung, sondern Abrüstung.

Der Ostermarsch 2025 ist der Ort, an dem dieser Protest sichtbar wird.

Es ist Zeit, dass wir uns als Zivilgesellschaft einmischen. Gegen neue Atomwaffen. Gegen Mittelstreckenraketen in Deutschland. Gegen sinnlose Aufrüstung. Für Abrüstung, Gerechtigkeit, Klimaschutz und Frieden. Für alle.