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Pakistan: Die unverzichtbare Armee als Mühlstein

Ehrengarde der pakistanischen Armee. Bild (2010): US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei

Geopolitik und Strategiefehler: Neben Afghanistan ist Pakistan das gesellschaftlich rückständigste Land Asiens. Die Streitkräfte definieren sich als Garant der Stabilität des Landes. Die Bilanz gibt das nicht her

Im Sommer 1947 hatte Mohammad Ali Jinnah [1], selber dem Ende nahe, "sein" Pakistan quasi im Alleingang Briten und Indern abgerungen. Ein Jahr später war er tot, ohne es auf ein festes Fundament gestellt zu haben. So wurde es von Beginn in einen Strudel hineingezogen, aus dem es sich bis heute nicht befreien konnte und der noch immer das Potential hat, es zu verschlingen.

Früh wurde offensichtlich, dass der Islam allein nicht genügte, um die verschiedenen Völker zusammenzuhalten, darunter die Bengalen [2], die in einem abgetrennten Landesteil fast 2.000 Kilometer weiter östlich hinter Indien lebten. Es war ein seltsames Konstrukt, basierend auf den Ideen des Poeten Mohammad Iqbal [3] und der singulären Tatkraft Jinnahs. Die einzige Institution, die nach 1947 einigermaßen auf die Beine kam, war wenig überraschend das Militär.

Nach Jinnahs Tod schauten die Generäle einige Jahre lang den Irrungen und Verwirrungen der Politiker zu, ihrem Unvermögen, eine Verfassung zu verabschieden und ihren sinnfreien Machtkämpfen. 1958 reichte es ihnen [4]: Mit General Ayub Khan putschte sich zum ersten Mal die Armee an die Macht.

Pakistan unter Präsident Ayub Khan

Aus heutiger Sicht sind die ersten Jahre unter Ayub Khan die gute, alte Zeit. Zweifellos gab es damals Erfolge. Pakistan wurde fest im Westen verankert, die Amerikaner zeigten sich erkenntlich, Wirtschafts- und Militärhilfe floss reichlich. Auf der ganzen Welt hatten sie mit rechten (Militär-)Diktatoren gute Erfahrungen gemacht, diese waren verlässlicher als zivile, oft linksorientierte Regimes.

Mit radikalem Islam hatte zu dieser Zeit niemand etwas im Sinn und es ist kaum mehr zu glauben, dass dem Land eine Zukunft prognostiziert wurde wie Südkorea, Taiwan und Malaysia.

Die Landwirtschaft boomte dank den Errungenschaften der Grünen Revolution, man war dem ungeliebten Nachbarn, nun Feind, Indien, der in einer scheinsozialistischen Starre verharrte [5], in fast allen Bereichen voraus. Aber die schönen Zahlen waren nicht die ganze Geschichte. Seit der Gründung - bis heute - scheitert jedes Regime, ob totalitär oder demokratisch (oder "hybrid", wie man die Kreuzung aus Militär- und Zivilverwaltung in Pakistan nennt) an der ungleichen Verteilung der Güter.

An der himmelschreienden sozialen Ungerechtigkeit änderte sich nichts, in weiten Teilen blieben Feudalismus und Tribalismus bestehen. In einem Land mit so großen ethnischen, regionalen und kulturellen Unterschieden ist das Gift. Im Vielvölkerstaat Pakistan fühlten sich praktisch alle benachteiligt. Aber ein Volk ganz besonders: die Bengalen, weit abseits hinter Indien.

Bevor die Lage in Ost-Pakistan vollends eskalierte [6], nahm ein verbrauchter Ayub Khan seinen Hut. General Yahya Khan [7] stand vor einer unlösbaren Aufgabe. Um den Tumult auf den Straßen zu beenden und einen kurzen Aufschub zu erwirken, gab er der langjährigen Forderung nach Wahlen nach - und schob sein Land über den Rand. Ost-Pakistan, wo damals mehr Menschen lebten als im Westen, stimmte geschlossen für seinen Kandidaten Mujib-ur Rehman [8].

Egal wie man es betrachtete, Mujib würde Premier von (ganz) Pakistan werden. Das war jedoch unter der Würde der Westpakistanis. Von einem Bengalen würden sich die stolzen Punjabis und Paschtunen nicht regieren lassen. Doch dieses Mal konnte die Realität nicht ignoriert werden. Das ganze Trauma von 1971, das Scheitern von Jinnahs Zwei-Nationen-Theorie, die Kriegsverbrechen an der bengalischen Zivilbevölkerung [9], die bedingungslose Kapitulation im Krieg gegen Indien und die Abspaltung Ost-Pakistans zu Bangladesch gehen auf das Konto der Armee, die vollständig von Westpakistanis dominiert war.

Im Nachhinein wurde versucht, die Verantwortung für die Kriegsverbrechen in Ost-Pakistan auf die eigenen Mitbürger - Muslime - abzuwälzen, doch die historische Wahrheit bleibt unumstößlich: Die Armee hat Jinnahs Traum einer islamischen Nation auf dem Gewissen. Nicht zivile Politiker.

Die entscheidenden Jahre: Zia-ul Haq

Es ist symptomatisch für die Geschichtsvergessenheit des Landes, dass die Armee nur sechs Jahre benötigte, um von diesem Fiasko so gut wie unversehrt zurückzukommen. Der neue starke Mann General Zia-ul Haq [10] war zunächst weniger beliebt als seine Vorgänger, doch dann kam ihm das Schicksal zur Hilfe: Die sowjetische Invasion in Afghanistan an Weihnachten 1979 (bis heute prägt diese "Ur-Krise" Afghanistan, Pakistan und selbst Indien).

Folgenreich war diese Invasion auch für die USA und heute legendär ihr Kalkül. Der Nationale Sicherheitsberater von Präsident Carter, Zbigniew Brzezinski, sagte es später offen [11] - allerdings drei Jahre VOR dem 11. September - der französischen Zeitung Le Nouvel Observateur: "What is more important in world history? The Taliban or the collapse of the Soviet empire?"

Was ist wichtiger in der Weltgeschichte? Die Taliban oder der Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums?

Zbigniew Brzezinski

Nachdem die USA 1971 ihren Alliierten in Ost-Pakistan gegen den indischen Gegner (verbündet mit der Sowjetunion) im Stich gelassen hatten - was dessen Bestreben erzeugte, in den Besitz von Atomwaffen zu kommen - war er nun wieder ganz oben auf der Liste der "most favoured nations". Zia und die Armee wurden für die Bereitschaft, das Land für einen Stellvertreterkrieg zur Verfügung zu stellen, reichlich belohnt [12]. Und Zia nutzte die Gunst der Stunde, um Land und Gesellschaft nach seinen Vorstellungen umzubauen.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern war er ein engstirniger religiöser Hardliner. Er interpretierte die allgegenwärtige innere Misere als Folge der mangelhaften Beachtung der Gebote des Islam. Nach der Widerlegung von Jinnahs Zwei-Nationen-Theorie und dem Scheitern der Demokratie (Zia hatte den demokratisch gewählten Zulfiqar Ali Bhutto gestürzt und hinrichten lassen) herrschte ein ideologisches Vakuum. Pakistan war und ist ein Konstrukt - sonst hätte es der Teilung, der Partition, nicht bedurft - und nun war umso mehr die Frage: Welcher Art?

Für Zia konnte das nur der Islam saudischer, also wahhabitischer Ausrichtung sein. Ende der 1970er Jahre war Saudi Arabien zur dominierenden arabischen Macht aufgestiegen und bestimmte mit seinen Ölmilliarden und dem Prestige als Bewahrer der Heiligen Stätten den Diskurs über den Islam - seiner Version des Islam. Zia lehnte nicht nur die meisten westlichen Einflüsse auf sein Land ab, sondern auch die traditionell praktizierte Form des Islam, die sich auf die Orden der mystischen Sufis stützt.

Wie alle Wahhabiten sah er die Schiiten kritisch [13], obwohl vermutlich ein Fünftel der Bevölkerung dieser Konfession angehört. Unter Zia wurde die Armee so fest ins staatliche Gewebe integriert, dass sie ohne schwere Komplikationen nicht mehr herausgelöst werden konnte. Aus dieser Zeit stammt der Spruch:

"Nicht das Land besitzt eine Armee, stattdessen besitzt die Armee das Land."

Pensionierte Offiziere bekamen staatliche Posten, die Armee wurde zum größten Grundbesitzer des Landes. Und natürlich erhielt sie den Löwenanteil des Staatsbudgets und fast die gesamte ausländische Hilfe aus USA und Saudi-Arabien.

Als Zia wie viele vor und nach ihm unter ungeklärten Umständen im August 1988 starb [14], waren klammheimlich alle Beteiligen froh, selbst die Amerikaner. Afghanistan war für sie erledigt, Pakistan wieder Bürde statt Stütze. Doch Gesellschaft und Land hatte Zia seinen Stempel stärker aufgedrückt als alle Vorgänger, inklusive Jinnah.

"Demokratisches" Zwischenspiel

Als mit Benazir Bhutto, der Tochter des vom Militär gehängten Zulifqar Ali Bhutto, Ende 1988 das zweite demokratische Experiment begann, stellte die Armee unter General Mirza Aslam Baig von Beginn an klar, dass sie nicht die Absicht hatte, sich unter das Diktat demokratischer Politiker zu beugen. Sicherheitspolitik, das Atomwaffenprogramm, die Aktivitäten der Nachrichtendienste würden unter der Aufsicht der Armeeführung - und dies ausschließlich - in der bisherigen Weise fortgesetzt.

Dazu kam um diese Zeit ein neues Werkzeug der Außenpolitik: der Einsatz irregulärer Verbände [15] in Afghanistan und in Kaschmir in Indien. Diese waren nach Abzug der Sowjets aus Kabul frei für neue Verwendungen. Zusätzlich verhielten sich die Amerikaner völlig verantwortungslos. Sie zogen sich aus dem Konflikt noch schneller zurück als ihr ideologischer Gegner. Anstatt sich nach deren Scheitern für die Befriedung und den Wiederaufbau der Region einzusetzen, überließen sie den rauchenden Schutthaufen den Anrainern, allesamt Länder, die Ende der 1980er Jahre zu erschöpft waren, um dem völlig zerrütteten Afghanistan auf die Beine zu helfen.

Während sich Benazir Bhutto und Nawaz Sharif im Amt des Premiers abwechselten und bei der Sanierung des Landes kaum weiterkamen, als dies während der unfruchtbaren Phase Anfang der 1950er Jahre der Fall war, verteidigte die Armee vehement ihren Einfluss. Immer stärker in Erscheinung trat dabei - obwohl das eigentlich vermieden werden sollte - der Militärgeheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) [16].

Dieser hatte schon wichtige Aufgaben im Kampf gegen die Sowjetunion übernommen und führte nun quasi in Eigenregie die "informelle Außenpolitik" in Afghanistan und Kaschmir. Und wenn nötig betrieb er auch Innenpolitik. Die notorisch zum Aufruhr neigenden Stämme packte er an deren wunder Stelle, ihrer berüchtigten Uneinigkeit, und perfektionierte die Kunst, sie gegeneinander aufzuhetzen. Nirgendwo war er dabei erfolgreicher als unter den Paschtunen in ihren Stammesgebieten.

Gleichzeitig wurden Tausende junge Paschtunen für die Ziele des ISI rekrutiert. Pakistan kann jedoch nicht grundsätzlich zur Last gelegt werden, aus Mangel an Alternativen auf eine Kraft wie die Taliban gesetzt zu haben, um Afghanistan zu stabilisieren. In Washington war der Konflikt vergessen; vor Ort litt man konkret unter dem nicht endenden Chaos.

Hätten die Taliban 1996 Osamah bin Laden nicht Asyl gewährt, wären sie vielleicht noch heute in Kabul am Steuer. Jedoch unterliefen ISI und Armee ein gewichtiger Denkfehler: Wenn man die wahhabitische Dschihadisten-Ideologie buchstäblich auslegt (was z.B. bin Laden getan hatte), sind auch Amerikaner Feinde.

So betrachtet waren Pakistans Generäle Heuchler, was sie selbst weiter nicht störte. Aber manchen Sympathisanten der Taliban.

Der vierte Militärdiktator

Unerklärlich ist bis heute, warum 1999 General Musharraf [17] seinem Mentor Nawaz Sharif in den Rücken fiel. Dieser unternahm konkrete Schritte, um die Dauerkonfrontation mit Indien zu lindern, wegen welcher die ganze Region blockiert blieb.

Aus der Gegenrichtung kamen positive Signale, ausgerechnet von einer Regierung unter der BJP [18]. Genau zu diesem Zeitpunkt befahl Musharraf eigenmächtig die Invasion von Kargil - Sharif und Vajpayee waren blamiert. War es tatsächlich so, dass sich die Armee einfach keinen Frieden mit Indien vorstellen konnte? Weil dann vielleicht die Frage laut werden könnte, warum sich ein solch sieches Land die sechstgrößte Armee der Welt leistet?

Sharif war nicht bereit, die politische Verantwortung für Harakiri-Aktionen Musharrafs zu übernehmen. Er kam knapp mit dem Leben davon [19], sein Widersacher wurde der vierte und vorerst letzten General, der die Macht - im Widerspruch zur Verfassung - direkt ausübte.

Am 12. September 2001 stellte George W. Bush General Musharraf vor die Wahl: entweder mit den USA gegen al-Qaida und die Taliban, die Pakistan seit Jahren förderte. Oder gegen die USA, mit allen Konsequenzen. Musharraf wählte "mit den USA" und das hatte verheerenden Folgen für alle. Einige Jahre ging es gut, es dauerte, bis sämtliche Beteiligte begriffen, dass den USA ihr Konflikt im Irak viel wichtiger war als jener, den sie nun "Af-Pak" nannte.

Musharraf bedient beide Seiten, die USA und die Taliban, ohne dass die Parteien murrten. Die Amerikaner zum Großteil aus Unkenntnis. Manche Diplomaten wussten jedoch, dass von Musharraf die Quadratur des Kreises verlangt [20] wurde und er sich genauso verhielt. Die Taliban verloren langsam die Lust an den Doppelspielchen des ISI.

Bei der Räumung der Roten Moschee [21] im Zentrum von Islamabad im Sommer 2007 (nicht in irgendwelchen abgelegenen Tälern), bei der Dutzende Militante getötet wurden, war es soweit. Die Taliban bissen die Hand, die sie fütterte. Sie hatten genug von der Heuchelei. Ihre Gewalt richtete sich explizit gegen den Sicherheitsapparat. Jener wurde die Geister, die er gerufen hatte, nicht mehr los. In New Delhi und Kabul (und anderswo) rieb man sich die Hände. Nun war Pakistan selbst an der Reihe.

Nach Musharraf

Der beginnende Krieg gegen die Taliban war nicht einmal der Hauptgrund, warum General Pervez Musharraf 2008 abdankte. Die Macht lag nun wieder - zum Teil wenigstens - in den Händen ziviler Politiker, die sich ans Aufräumen der verheerenden Hinterlassenschaften [22] machen durften.

Im Hintergrund behielt die Armee das Heft in der Hand. Und führte die Kamikaze-Politik weiter. Die Theorie von den "guten" Taliban in Afghanistan und den "schlechten" in Pakistan kam auf. Eine Fraktion des ISI bekämpfte die Taliban, eine andere förderte sie. Mit oft tödlichen Folgen kamen US und pakistanische Truppen miteinander ins Gehege [23]. 2008 leistete man sich die Attacke auf Mumbai [24], die ums Haar zum Krieg mit Indiens geführt hätte.

US-Diplomaten verzweifelten am Doppelspiel der Generäle, das selbst kurzfristig keinem Vorteile brachte. Erst als im Dezember 2014 das Schulmassaker in Peshawar [25] 156 Opfer forderte (zumeist Kinder von dienenden Armeeangehörigen), wurde der Armee endlich klar, was für ein Geist ihnen da entronnen war. Der Konflikt, der schon bei der Swat-Kampagne 2009 [26] völkerrechtswidrige Züge hatte, artete in einen Krieg gegen die Paschtunen [27] aus.

Nach drei Jahren war das Ziel erreicht. Wie meist war der Hauptleidtragende nicht eine fremde, aggressive Macht, sondern die Bürger des eigenen Landes.

Fragwürdige Analysen und Strategien

Das Vorgehen von Armee und ISI ruht häufig auf fragwürdigen Annahmen. Wenn im Kriegsfall mit Indien Afghanistan als Rückzugsgebiet mit "Strategic Depth" [28] dienen soll: Zieht man die Afghanen so auf seine Seite?

Afghanistan ist nicht aus Solidarität mit Indien skeptisch gegenüber Pakistan - die Afghanen waren es schon immer. Pakistan befürchtet die Umklammerung durch Indien. Doch genau die pakistanische Strategie treibt Afghanistan in dessen Arme. Warum soll eine Regierung aus Taliban (Paschtunen) in Kabul per se kooperativer sein?

Das frühere Königshaus war paschtunisch und hegte für Pakistan so wenig Sympathien wie jedes andere Regime in Kabul. Als fatalste Fehlannahme stellt sich heraus, dass Verantwortliche in Pakistan glauben in der Lage zu sein, militante muslimische Extremisten in Afghanistan und Indien einsetzen zu können, ohne selbst Opfer zu werden. Entsprechend wurden auch die eigenen Opfer als durch den "Erfolg" legitimiert gewichtet.

Auf lange Sicht wird sich vermutlich nichts so rächen wie die Strategie, im Inland Stämme, Parteien und Konfessionen aufeinander zu hetzen, um als Vermittler und Behüter der Nation aufzutreten.

Der wahre Stabilität

Die pakistanische Armee [29] hat eine stabilisierende Funktion nach innen. Sie ist so eng mit der Elite der Zivilgesellschaft verwoben, so dass sie sich, selbst wenn sie es wollte, nicht in einem absehbaren Zeitraum von einigen Jahren in die Kasernen zurückziehen und nur noch die Aufgaben normaler Verteidigungsstreitkräfte übernehmen könnte.

Langfristig wird dies schädlicher als die außenpolitischen Abenteuer. Sie zementiert einen sozialen Status Quo, den sich nicht einmal die Oberschicht auf Dauer leisten kann. Neben dem hoffnungslosen Fall Afghanistan ist Pakistan das gesellschaftlich rückständigste Land Asiens, mit besorgniserregenden Entwicklungs-Indizis (Human Development Index [30]) und einer Spaltung, die man sonst nur von Indien kennt.

Bedenklich ist das Schicksal der Frauen, die unter Umständen leben, wie sie in allen muslimischen Ländern Asiens außer Afghanistan verschwunden sind. Dadurch haben die beiden Länder weit überdurchschnittlich hohe Geburtenraten und können gleichzeitig ihren neuen Bürgern fast nichts bieten. Global kann Afghanistan ignoriert werden, nicht aber Pakistan.

Das Land steht, wenn es um Bevölkerungsreichtum geht, weltweit an sechster Stelle [31]. Seit der Unabhängigkeit hat sich die Zahl versechsfacht. Sie steuert auf 300 Millionen im Jahr 2040 und 350 Millionen im Jahr 2054 [32] zu. Für diese Menschen wird es kaum das Nötigste zum Überleben geben, geschweige denn Krankheitsvorsorge, Bildung, Arbeit und Zukunftsperspektiven.

Trotz tiefer Armut und Ungerechtigkeit gibt es keine sozialen Bewegungen; eine progressive Partei hat das Land nie erlebt. Alles lastet auf Netzwerken der sozialen Gruppen, auf den Stämmen (die teilweise bis heute extrem feudal sind) und Verwandtschaftsverflechtungen. Die Elite ist sich keines Handlungsbedarfs bewusst, obwohl die antiquierte Sozialstruktur ausgedient hat. Das bedeutet Umverteilung, das wollen weder die Elite noch die Armee.

Die Armee wird nicht die Prozesse anstoßen, die die Gesellschaft modernisieren. Eine Armee kann die Rolle des sozialen und politischen Vorreiters übernehmen. Jene Pakistans gehört zur reaktionären Sorte, die soziale Verhältnisse festigt - stabilisiert.

Sie wird auf lange Zeit der entscheidende Faktor bleiben und ihr Möglichstes tun, um unentbehrlich zu erscheinen. Für sie ist Premierminister Narendra Modi die ideale Besetzung des indischen Widerparts.

Das letzte Land, das noch einen nennenswerten positiven Einfluss auf Pakistan hat, ist China.


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Links in diesem Artikel:
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Muhammad_Ali_Jinnah
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Bangladesh_Liberation_War
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Muhammad_Iqbal
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4rputsch_in_Pakistan_1958
[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Licence_Raj
[6] https://en.wikipedia.org/wiki/Bangladesh_Liberation_War
[7] https://en.wikipedia.org/wiki/Yahya_Khan
[8] https://en.wikipedia.org/wiki/Sheikh_Mujibur_Rahman
[9] https://en.wikipedia.org/wiki/1971_Bangladesh_genocide
[10] https://en.wikipedia.org/wiki/Muhammad_Zia-ul-Haq
[11] https://dgibbs.faculty.arizona.edu/brzezinski_interview
[12] https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Cyclone
[13] https://en.wikipedia.org/wiki/Shia_Islam_in_the_Indian_subcontinent
[14] https://en.wikipedia.org/wiki/Death_and_state_funeral_of_Muhammad_Zia-ul-Haq
[15] https://en.wikipedia.org/wiki/Lashkar-e-Taiba
[16] https://en.wikipedia.org/wiki/Inter-Services_Intelligence
[17] https://en.wikipedia.org/wiki/Pervez_Musharraf
[18] https://en.wikipedia.org/wiki/Bharatiya_Janata_Party
[19] https://en.wikipedia.org/wiki/1999_Pakistani_coup_d%27%C3%A9tat
[20] https://en.wikipedia.org/wiki/Pakistan%27s_role_in_the_War_on_Terror
[21] https://en.wikipedia.org/wiki/Siege_of_Lal_Masjid
[22] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_terrorist_incidents_in_Pakistan_since_2001
[23] https://en.wikipedia.org/wiki/Pakistan%E2%80%93United_States_skirmishes
[24] https://en.wikipedia.org/wiki/2008_Mumbai_attacks
[25] https://en.wikipedia.org/wiki/2014_Peshawar_school_massacre
[26] https://en.wikipedia.org/wiki/Second_Battle_of_Swat
[27] https://en.wikipedia.org/wiki/Pashtun_Tahafuz_Movement
[28] https://en.wikipedia.org/wiki/Strategic_depth
[29] https://en.wikipedia.org/wiki/Pakistan_Army
[30] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_Human_Development_Index
[31] https://www.wiwo.de/erfolg/trends/bevoelkerungsreichste-laender-in-welchem-land-leben-2021-die-meisten-menschen-der-welt/26312834.html
[32] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_population_milestones_by_country