Personalrochaden bei den Linken: Rackete ins Nirgendwo

Jetzt auch offiziell links: Carola Rackete. Bild: Stefan Müller, CC BY 2.0

Die Neosozialisten möchten einen Neustart ohne Wagenknecht. Stattdessen sollen bei der Europawahl neue Personalien die Rettung bringen. Warum der Erfolg dieser Strategie fraglich ist.

Seit Tagen ist das Verhältnis zwischen AfD und CDU wieder das beherrschende Sommerlochthema. Darüber kann sich vor allem die AFD freuen. Für kurze Zeit hat es aber tatsächlich auch die Linkspartei in die Schlagzeilen geschafft – obwohl viele Kommentatoren sie längst abgeschrieben haben. Sie gehen davon aus, dass eine Linke ohne Sahra Wagenknecht keine Chance mehr hat, wiedergewählt zu werden.

Nun aber bäumt sich die Partei noch einmal auf und schickt Carola Rackete ins Rennen um ein EU-Mandat. Rackete ist eine langjährige Aktivistin für Flüchtlingsrechte und Klimagerechtigkeit, die mit dafür verantwortlich war, dass der damalige rechtskonservative italienische Innenminister Matteo Salvini mit seinen Plänen zur Wiederwahl scheiterte. Rackete hat in außerparlamentarischen Bewegungen einen guten Namen.

Nicht alle haben die Linkspartei abgeschrieben

Ihre Kandidatur für die "Linke" ist auch ein Zeichen dafür, dass noch nicht alle diese Partei abgeschrieben haben. Parallel riefen Aktivistinnen und Aktivisten der außerparlamentarischen Bewegung dazu auf, der Linkspartei noch eine letzte Chance zu geben.

Liza Pflaum, Alina Lyapina und Andreas Dresen nennen aber auch Bedingungen für die von ihnen angestrebte Zusammenarbeit zwischen sozialen Bewegungen und der Linkspartei.

Kürzlich hat der Parteivorstand bekräftigt, die Linke bis 2025 wieder auf Erfolgskurs bringen zu wollen. "Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht", hieß es. Diese guten Vorsätze dürfen nicht nur auf dem Papier stehen. Was es jetzt braucht, ist ein radikaler Aufbruch, der die wichtigsten offenen Fragen beantwortet und die Strukturen der Partei grundlegend erneuert.

Liza Pflaum, Alina Lyapina und Andreas Dresen, taz

Auch Carola Rackete hat im taz-Interview deutlich gemacht, dass sie nur für eine Linkspartei ohne Wagenknecht kandidieren würde.

Der Klimaaktivist Maximilian Becker, der sich seit Jahren um eine Zusammenarbeit zwischen Klimagerechtigkeitsbewegung und Linksfraktion bemüht und dabei auch Rückschläge einstecken musste, zeigt sich im Interview mit der Tageszeitung Neues Deutschland begeistert:

Dass Carola jetzt ins Europaparlament will, ist Teil von etwas Größerem. Es geht um die Frage, wie wir linke Antworten finden in einer Zeit, in der die Gesellschaft immer weiter nach rechts rückt, die Klimakrise sich zuspitzt und der Kapitalismus immer tiefer in die Krise rutscht. Eine linke Partei reicht dafür nicht aus, sondern es braucht eben auch sehr starke Bewegungsakteur*innen. Und eine bessere Verzahnung von beidem. Hier kann Caro mit ihrem Team aus erfahrenen Bewegungsakteuren im Rücken eine wichtige Rolle spielen.

Maximilian Becker, Neues Deutschland

Die Ankündigung der Kandidatur Racketes ist ein Erfolg für diejenigen, die seit Monaten an einer Zukunft der Linkspartei ohne Wagenknecht schmieden. Dennoch stellt sich die Frage, wer denn nun die Inhalte der "Linken" zu bestimmen berechtigt ist.

Zunächst könnte Racketes Kandidatur auch ein Signal an kritische Grüne sein, die ihre Partei nach den jüngsten EU-Abschottungsbeschlüssen scharf kritisieren und für die ein Wechsel zur "Linken" bislang keine Option war. Beispiele für diese Gruppe von Politikern sind Kathrin Henneberger oder auch der Europaabgeordnete Erik Marquardt.

Das könnte sich ändern, wenn es der Partei mit Rackete und ihrem Team tatsächlich gelingt, bei den Europawahlen nicht zu verlieren. Doch so weit ist es noch nicht. Erst müssen Rackete und ihr Team von den Parteigremien nominiert werden. Schon melden sich Bedenkenträger zu Wort, die monieren, dass eben diese Gremien bisher nicht gefragt wurden. Dabei dürften inhaltliche Fragen eine Rolle spielen.

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