Posse um die US-Post
Trump lehnt auch die Briefwahlalternative der Ballot Drop Box ab
Die US-Post ist eine Dienstleistung eines Staatsunternehmens, das profitabel arbeiten muss. Sie ist aber auch eine Institution und als solche Symbol für eine funktionierende Gesellschaft.
US-Präsident Trump hält wenig von der Dienstleistung, die er als "joke" bezeichnete. Trump greift aber auch die Post als Institution an, denn im Falle einer Wahlniederlage im November kann er auf Manipulationen etwa bei der Briefwahl rekurrieren.
Den Demokraten beschert er dadurch ein mühelos bestreitbares Wahlkampfthema. In einer März-Umfrage des Pew Research Center wurde die US-Post (USPS) als beliebteste Bundesbehörde eingestuft, wobei 91 Prozent der Befragten die USPS positiv bewerteten. Zwei Jahre zuvor waren es 88 Prozent. Mit dem Schutz der systemrelevanten Institution kann man entsprechend auf Stimmfang gehen. Kaum eine staatliche Behörde ist so beliebt in der Bevölkerung wie die US-Post, das wurde auch in den USA gerade während der Corona-Zeit deutlich.
Zwei neue Umfragen zeigen, dass eine überparteiliche Mehrheit der Amerikaner über den USPS besorgt ist und mehr Geld für die Ergebnisse der Behörde fordert. Die am Mittwoch veröffentlichten Umfrageergebnisse von Reuters/Ipsos zeigen, dass 78 Prozent der befragten Amerikaner, darunter 92 Prozent der Demokraten und 67 Prozent der Republikaner, der Meinung sind, dass "ein gut funktionierender Postdienst der Vereinigten Staaten wichtig für eine reibungslose und erfolgreiche Wahl während der Coronavirus-Pandemie ist".
Die Umfrage, die vom 14. bis 18. August durchgeführt wurde, ergab auch, dass fast drei Viertel der Befragten, darunter 88 Prozent der Demokraten und 60 Prozent der Republikaner, zustimmen, "dass die Finanzierung des US-Postdienstes erhöht werden sollte, um sicherzustellen, dass die Post der Amerikaner rechtzeitig zugestellt wird". Dies kommt nur wenige Tage bevor das von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus über ein Gesetz abstimmen wird, das dem USPS 25 Milliarden Dollar an Notfallfinanzierung und die Wiederherstellung des Postbetriebs vorsieht. Zuletzt hatten umstrittene Umstrukturierungsmaßnahmen des Postmaster General Louis DeJoy, der Trump nahe stehen soll, die Befürchtung aufkommen lassen, dass die Post demontiert wird.
Drop Box Hoax
In den USA gibt es je nach Bundesstaat zusätzlich zur Briefwahl die Möglichkeit die Briefwahlunterlagen in eigens dafür vorgesehene Abgabestellen sind typischerweise schwere Briefkästen oder -container aus Stahl, die an einem öffentlichen Ort aufgestellt und oft per Video überwacht werden. Sie werden nicht von der Post, sondern regelmäßig von Wahlbeamten eingesammelt. Sobald die Wahlen am Wahltag abgeschlossen sind, werden alle Stimmzettel dem Wahlleiter zur Auszählung weitergegeben. Derzeit werben die Demokraten für diese Option als eine bequeme und zuverlässige Alternative für Wähler, die ihre Stimmzettel nicht dem USPS anvertrauen wollen bzw. aus Gesundheitssorgen nicht in Person zur Wahl gehen wollen.
In Connecticut empfiehlt Außenministerin Denise Merrill den Wählern, ihre Stimmzettel nicht auf dem Postweg, sondern per ballot drop box zurückzuschicken, nachdem es Berichte gegeben hatte, dass einige Stimmzettel eine Woche vor den Nominierungswettbewerben des 11. August zu spät ankamen, um ausgezählt zu werden. Drei Viertel der Stimmzettel in dieser Vorwahl im August seien auf diesem Wege abgegeben worden, sagte Merrill, gegenüber etwa 4 Prozent in den Vorjahren. Merrill, eine Demokratin, sagte, die 200 neu installierten Briefkästen des Staates hätten sich als sichere und beliebte Option erwiesen.
Doch auch gegen diese Option läuft Trump Sturm. "Einige Staaten verwenden 'Briefkästen' für die Abholung von Stimmzetteln", tweetete Trump am Montag. "Wer wird aber die Stimmzettel 'abholen', und was könnte vor der Auszählung mit ihnen gemacht werden? Eine manipulierte Wahl?"
Trumps Wiederwahlkampagne hat etwa geklagt, um ihren Einsatz in Pennsylvania, einem der wichtigen Schwingstaaten, zu verhindern. 2016 gewann Trump in Pennsylvania mit weniger als 1 Prozentpunkt Vorsprung. Trumps Team behauptet, dass auch diese Einwurfkästen Wahlbetrug ermöglichen könnten. Republikanische Beamte in anderen Staaten versuchen ebenfalls ihren Einsatz zu verhindern.
In Missouri beschloss der republikanische Außenminister Jay Ashcroft, die 80 von ihm gekauften Briefkästen nicht zu verteilen, weil das Staatsgesetz vorschreibt, dass diese Stimmzettel per Post zurückgeschickt werden müssen. Auch Tennessee weigert sich, ballot drop boxes zur Verfügung zu stellen. Die Rückgabe der Stimmzettel soll im Namen der Sicherheit per Post erfolgen, zudem könne nicht gewährleistet werden, dass Menschen die Stimmzettel anderer einwerfen bzw. nicht einwerfen, so die Begründung der möglichen Sabotage. Die Befürworter der ballot drop boxes sagen dagegen, einen Stimmzettel in eine verschlossene Einwurfbox zu stecken, sei nicht anders als einen in einen Briefkasten der Post zu werfen.
Bei der Wahl 2016 hatten bereits ein Viertel der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme per Post abgegeben, etwa 33,6 Millionen Menschen. Diesmal dürfte die Zahl um einiges höher liegen. Um nun für einen reibungslosen Ablauf der Briefwahlen zu sorgen, wird das von den Demokraten dominierte Repräsentantenhaus am Samstag über ein Gesetz abstimmen, das der USPS 25 Milliarden Dollar bereitstellen soll. Sollten die Finanzierungsengpässe der Dienstleistung dadurch überbrückt werden, dürfte auch die Institution der Post zur Stabilisierung der amerikanischen Demokratie beitragen.
Trump, der offen zugibt, der Post den Geldhahn zuzudrehen, um die Bewältigung von Briefwahlen zu erschweren, sagte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Wisconsin: "der einzige Weg, wie wir diese Wahl verlieren werden, ist, wenn die Wahl manipuliert ist. Denken Sie daran. Das ist der einzige Weg, wie wir diese Wahl verlieren werden." Zu befürchten ist, dass selbst, wenn bei der Wahl alles mit rechten Dingen zugeht, er ihr Manipulation unterstellen wird.