Proteste gegen Weiter-so-Politik

Der Aufstand der Letzten Generation blockiert Straße am Hauptbahnhof, Berlin, 28.01.22. Bild: Stefan Müller (climate)/CC BY 2.0

"Aufstand der letzten Generation": Mit drastischen Aktionen zivilen Ungehorsams soll auf die Dringlichkeit der Klimakrise hingewiesen werden

Während die Bundesregierung nicht einmal in der Lage ist, sich auf ein zeitlich begrenztes Tempolimit zu einigen, das in einer angespannten Situation den Kraftstoffverbrauch und damit auch die Emissionen ein wenig vermindern könnte, wird ein Teil der Klimaschützerinnen und -schützer immer verzweifelter.

Und einige greifen vermehrt so Aktionen des zivilen Ungehorsams, Protestformen, die das Ziel haben, den Alltag zu stören, den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Politikerinnen und Politikern den Ernst der Lage näherzubringen.

Mitte der Woche hatten Aktivisten vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin symbolisch eine Gaspipeline verlegt. Mit Autobahn- und Brückenblockaden wird seit dem 10. April Mitglieder der Netzwerks "Aufstand der letzten Generation" in verschiedenen Städten Deutschlands und Österreichs, "weil die Bundesregierung aktiv weiter fossiles Öl, Kohle und Gas ausbaut", wie es in einer Pressemitteilung der Gruppe heißt.

Dies geschehe, obwohl damit Wohlstand und Leben der heranwachsenden Generation aktiv zerstört und die Verbrechen von Diktatoren finanziert würden. Ab kommender Woche will man die Störungen auf fossile Infrastruktur ausweiten und Pipelines abdrehen.

Über 250 Menschen wurden während der Aktionen der letzten Wochen bereits festgenommen und mussten meist viele Stunden, zum Teil sogar mehrere Tage in Haft verbringen. Neue Landespolizeigesetze haben in den letzten Jahren die Möglichkeiten zum Freiheitsentzug ohne Gerichtsurteil deutlich ausgeweitet.

Unterstützung aus der Wissenschaft

Aktive Unterstützung gab es auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Am gestrigen Freitag blockierten zehn von ihnen die Frankfurter Untermainbrücke im morgendlichen Berufsverkehr, um "zivilen Widerstand gegen das todbringende Weiter-so der Bundesregierung" zu leisten, wie es in einer anderen Pressemitteilung heißt.

Wissenschaftler:innen warnen seit Jahrzehnten vor den katastrophalen Folgen weiterer Investitionen in fossile Brennstoffe. Und was macht die Regierung?

Sie versichert neue fossile Projekte und subventioniert weiter fossile Unternehmen. Sie verheimlicht der Bevölkerung den tödlichen Ernst der Klimakrise und kriminalisiert friedlichen, lebensnotwendigen Protest. Das dürfen wir nicht länger hinnehmen! Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, unsere Verantwortung wahrzunehmen.

Wir als Wissenschaftler:innen müssen vom Warnen ins Handeln kommen und den mutigen Menschen der Letzten Generation im friedlichen Widerstand beistehen.

Nikolaus Froitzheim, Professor für Geologie an der Uni Bonn

Proteste auch in den USA

Schon Anfang April hatten Wissenschaftler in den USA zu Mitteln des zivilen Ungehorsams gegriffen, um auf das galoppierende Artensterben hinzuweisen. Er sei verhaftet worden, weil er sich an den Eingang der JP-Morgan-Chase-Niederlassung in Los Angeles gekettet habe, schreibt der Klimawissenschaftler Peter Kalmus in der britischen Zeitung Guardian.

Er sei Mitglied in dem losen Netzwerk Scientist Rebellion, in dem sich 1.200 seiner Kolleginnen und Kollegen aus 26 Ländern zusammengeschlossen hätten.

Die große Investmentbank wurde wegen ihrer Rolle bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten ausgesucht. Die globale Erwärmung bedrohe unsere Zivilisation.

"Investitionen in neue Anlagen der fossilen Energie sind moralischer und ökonomischer Wahnsinn", zitiert Kalmus UN-Generalsekretär António Guterres. Doch genau das sei es, was US-Präsident Joe Biden plane.

Und auch die deutsche Bundesregierung, kann man hinzufügen. Mit Billigung und Zutun der grünen Minister laufen die Vorbereitungen für neue Flüssiggags-Terminals auf Hochtouren und vor der niedersächsischen Küste soll nach Erdgas gebohrt werden. Ein niederländisches Unternehmen will in dortigen Grenzgewässern im Westen demnächst mit dem Segen der Landesregierung in Hannover eine Förderplattform installieren.