Putin unterschreibt hasserfülltes Gesetz
- Putin unterschreibt hasserfülltes Gesetz
- Werte-Politik in Russland und in der Ukraine
- Auf einer Seite lesen
Russland: Diskriminierung und Unterdrückung von LGBTQ-Menschen verschärfen sich. Kritiker fürchten Stigmatisierung, die sich ausweitet. Wie sieht die Situation in der Ukraine aus?
Der russische Präsident Waldimir Putin hat ein Gesetz unterzeichnet, das "die Propaganda für nicht- traditionelle sexuelle Beziehungen, für Geschlechtsumwandlung und Pädophilie vollständig verbietet", wie die Nachrichtenagentur Tass berichtet.
Das neue Gesetz, das kürzlich von beiden Häusern des Parlaments verabschiedet wurde, tritt mit der Veröffentlichung in Kraft. Ob das bereits der Fall ist, geht aus der englisch-sprachigen Tass-Nachricht nicht genau hervor. Dort ist die Rede davon, dass die Unterzeichnung durch den Präsidenten nun in der Datenbank der Staatsduma veröffentlicht wurde.
Was ist neu? Es gibt bereits seit 2013 ein Verbot der "Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen", das von Menschenrechtsgruppen scharf kritisiert wurde.
Jetzt, so fasst es Alexander Baschkin, Mitglied des Ausschusses für Verfassungsrecht des russischen Föderationsrates (Oberhaus des Parlaments), am Ende der Tass-Meldung zusammen, gelte das Verbot der "Propaganda" für Menschen jeden Alters, während die "Propaganda" bisher nur für Minderjährige verboten war. Das ist nicht die einzige Ausweitung, die der in administrativer Sprache gehaltenen Nachricht zu entnehmen ist:
Nach dem neuen Gesetz ist solche Propaganda in sozialen Netzwerken, in den Massenmedien, in Filmen und in der Werbung nun vollständig verboten.
Eine gesonderte Bestimmung verbietet die Verbreitung solcher Informationen unter Minderjährigen, während das Verbot bisher nur für Materialien über LGBT galt. Es ist geplant, einen Mechanismus einzurichten, um Minderjährigen den Zugang zu LBGT-bezogenen Informationen auf kostenpflichtigen Websites zu verwehren. Für den Zugang zu solchen Websites werden spezielle Codes oder andere Maßnahmen erforderlich sein.
Die Aufsichtsbehörde für die Massenmedien des Landes wird ermächtigt, Websites mit Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen, Pädophilie und Geschlechtsumwandlung in das Register der verbotenen Ressourcen aufzunehmen, die gesperrt werden müssen. Sie wird auch ermächtigt, das Verfahren zur Überwachung des Internets zu bestimmen, um solche Seiten aufzuspüren.
Tass
Die Frage, die sich hier unmittelbar stellt: Was ist Propaganda, was fällt darunter?
Augenscheinlich sind Aufklärungsbücher, die auch hierzulande heftigen Kulturkampf-Debatten unterworfen werden, im Fokus dieses Gesetzes. Anzunehmen ist, dass auch öffentlich zugängliche Bilder darunter fallen, die ein nicht-heterosexuelles Paar auf eine positive Art zeigen, ohne dass die Beziehung mit moralischen Vorurteilen wertend eingerahmt wird.
Dass auch Erzählungen über Liebe in nicht-heterosexuelle Beziehungen auf Webseiten, in Filmen in Kino und Fernsehen wie auch Theaterstücke darunter fallen, ist ebenfalls möglich, die entsprechende Auslegung hat aufgrund des Gesetzes großen Spielraum. Ausdrücklich genannt im Gesetz werden Werbung und Plakate, die "Propaganda" für die geächtete Liebe betreiben.
Die Diffamierung des "Nicht-Normalen"
Im Grunde, so der Eindruck, können sämtliche Darstellungen von nicht-heterosexuellen Beziehungen, die diese Liebesbeziehungen als normal zeigen, in die Zuständigkeit dieses Gesetzes geraten. Damit werden in Russland die Tore für Zensoren und Sittenwächter weit geöffnet und in der Gesellschaft, im "normalen Leben", fördert das Gesetz die Diffamierung des "Nicht-Normalen".
"Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit selbst sind in Russland zwar nicht strafbar, doch die Gesetzeslage ist ein Nährboden für Hetze und Übergriffe", heißt es dazu in einem dpa-Bericht, der auf der Webseite queer.de erscheint. Zitiert wird dort ein Filmemacher mit einem bangen Ausblick auf weitere gesellschaftliche Auswirkungen dieser Repression:
Die Stigmatisierung eines einzelnen Teils der Gesellschaft wird unweigerlich das immer weitreichendere Ausschließen derjenigen nach sich ziehen, die nicht richtig lieben, nicht richtig sprechen, nicht richtig denken.
Konstantin, Filmemacher
Von Strafen bei Verstößen gegen das "Propaganda-Gesetz" ist in der Tass-Nachricht übrigens nicht die Rede. Es gebe Geldstrafen, wird an andere Stelle berichtet. Aber das sei nicht die Hauptsache, heißt es in Kreisen von Aktivisten. Man könne mit dem Gesetz Demonstrationen und Veranstaltungen verbieten. Es sei so ein Hebel, um die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu beschränken.