Rabatt für die Wohlhabenden
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Energie- und Klimawochenschau: Christian Linders Gießkanne, Deutschlands steigende CO2-Emissionen, Chinas Sticheleien gegen den Petrodollar und die späte Liebe der Torries zur Windkraft
Das ganze Land stöhnt unter den hohen Energiepreisen, aber in der öffentlichen Wahrnehmung scheint es nur Autofahrer zu geben. Während derzeitig jährlich mehreren Hunderttausend Haushalten der Strom abgestellt wird, dominieren in der öffentlichen Wahrnehmung die Nöte des Homo automobiles.
Mit dazu beigetragen hat sicherlich der Vorstoß des FDP-Chefs und Finanzministers Christian Lindner, der äußerst medienwirksam einen "Tankrabatt" fordert.
Die Höhe ist noch unklar. Verschiedene Beträge zwischen 20 und 40 Cent pro Liter Kraftstoff sind im Gespräch. Noch diese Woche soll das Bundeskabinett ein Entlastungspaket für die Verbraucher schnüren, heißt es.
Man darf gespannt sein, ob es wirklich jenen helfen wird, die es am nötigsten haben. Instrumente wie der vorgeschlagene Tankrabatt oder auch die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe helfen jenen am meisten, die viel tanken.
Das sind jedoch nicht die Menschen mit den niedrigsten Einkommen, die oft gar kein Auto haben. Haushalte mit mehreren Pkw oder SUV-Fahrer, die einen besonders hohen spezifischen Kraftstoffverbrauch haben, werden bevorzugt.
Man könnte natürlich auch die Ticketkosten im öffentlichen Nahverkehr halbieren, wie es Neuseeland macht.
Damit wäre auch jenen geholfen, die aus den vielfältigsten Gründen kein Auto fahren können oder wollen oder auch Familien mit Kindern. Gleichzeitig wäre für Autofahrer ein Anreiz zum Umstieg geschaffen. Zugleich müsste natürlich insbesondere im ländlichen Raum das Bahn- und Busangebot erheblich verbessert werden.
Mehr Umverteilung
Die von der FDP vorgeschlagenen Maßnahmen laufen hingegen einmal mehr auf Umverteilung von unten nach oben hinaus. Eine Untersuchung des Umweltbundesamtes aus dem vergangenen Jahr zeigt, wie mit dem Einkommen auch der Konsum der Haushalte und namentlich die Fahrleistung im privaten Pkw steigt.
Oder mit anderen Worten: Je mehr eine Person verdient, desto mehr fährt sie auch mit dem eigenen Auto und desto mehr Kraftstoff verbraucht sie, zumal die teuren, besonders viel Benzin oder Diesel schluckenden Wagen in sogenannten einkommensschwachen Haushalten kaum zu finden sein werden.
Nach den Plänen des Finanzministers soll dieser Personenkreis nun besonders begünstigt werden. Und da zugleich auch noch erheblich mehr Geld für die Rüstung ausgegeben werden soll und Pandemiefolgen zu verkraften sind, aber weiter keine Steuern auf Erbschaften, Vermögen oder ähnliches erhöht werden sollen, braucht es nicht einmal die Finger einer Hand, um auszurechnen, wo demnächst der Rotstift angesetzt werden wird.
Mehr Treibhausgase
Von sozialer Ausgewogenheit also weiter keine Spur und von Klimaschutz auch nicht. Es wäre ja auch zu schön gewesen. 2020 waren infolge der Corona-Pandemie die Kohlendioxid-Emissionen zurückgegangen, und zwar nicht unerheblich. Weltweit und auch in Deutschland.
Leider war von vornherein klar, dass es nicht dabei bleiben würde, dass mit der wirtschaftlichen Erholung auch die Emissionen dieses wichtigsten durch menschliche Aktivitäten verursachten Treibhausgases steigen würden.
Genauso ist es denn auch gekommen. In Deutschland nahm 2021 der Treibhausgas-Ausstoß um 4,5 Prozent zu, woran die Energiewirtschaft den Löwenanteil hatte. Von 33 Millionen Tonnen CO2, die hierzulande im vergangenen Jahr mehr in die Luft geblasen wurden als ein Jahr zuvor, gingen 27 Millionen Tonne auf ihr Konto, was vor allem an der vermehrten Verbrennung von Kohle in den Kraftwerken lag.
Weltweit stiegen die mit dem Energie-Konsum verbundenen CO2-Emissionen auf ein bisher unerreichtes Niveau, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf die Internationale Energie Agentur IEA in Paris. 36,3 Milliarden Tonnen CO2 wurden demnach 2021 aus Verbrennungsmotoren, Kraftwerken und ähnlichem in die Luft geblasen.
Mit einem Plus von zwei Milliarden Tonnen wurde nicht nur das Minus aus dem Vorjahr mehr als wett gemacht, sondern zugleich der größte jährliche Anstieg in der Geschichte der globalen Industriegesellschaft verzeichnet, heißt es bei der IEA.
Auch im globalen Maßstab ist vor allem Kohle, daneben aber auch Erdgas die Quelle des erneuten Anstiegs der Treibhausgase. CO2-Emissionen aus dem Verkehrssektor, das heißt aus der Verbrennung von Erdölprodukten, blieb hingegen 2021 unter dem Niveau von 2019. Das Transportwesen habe sich noch nicht wieder voll von den Pandemiefolgen erholt.
Das ist insofern bemerkenswert, als dass der in den letzten Monaten erheblich gestiegene Erdölpreis offenbar nicht mit einer entsprechend anziehenden Nachfrage korrespondiert.
Das könnte inzwischen auch einigen Marktteilnehmern aufgefallen zu sein, denn seit seinem Höchststand von letzter Woche hat der Ölpreis innerhalb weniger Tage rund ein Sechstel verloren.
Man darf gespannt sein, ob Lindners "Tankrabatt" trotzdem kommt und eventuell den Handel ermuntert, sich mit der Weitergabe der sinkenden Großhandelspreise an den Verbraucher Zeit zu lassen.