Regierungsoffen statt rechtsoffen: Wie die Ampel-Spitze die Anti-AfD-Demos für sich nutzt

... meinten auch die Demonstranten in Berlin und Potsdam. Bild: stadtkindfrankfurt.de

Tausende auf Demos in Berlin und Potsdam. Anwesenheit von Bundeskanzler und Außenministerin wirft Fragen zur Transparenz auf. Ein kritischer Rückblick.

Sage mir die Quellen Deiner Zahlenangaben – und ich sage dir, wo Du stehst: In Berlin sollen am Sonntag bei der Demonstration gegen rechts am Brandenburger Tor 25.000 Menschen gewesen sein, in Potsdam zum gleichen Thema auf dem dortigen Alten Markt gut 10.000 Personen.

Organisatorische Einschätzung und Medienberichterstattung

So gaben es die Veranstalter an. In Berlin waren das "Fridays for Future", in Potsdam ein Bündnis unter Leitung des SPD-Oberbürgermeisters Mike Schubert. Und beide Male wurden die Zahlen der Organisatoren in Leitmedien prominent vermeldet.

Die deutlich niedrigeren Teilnehmerzahlen laut Polizei wurden erst später berichtet. Bemerkenswert: Bei den beiden großen Friedensdemonstrationen des vergangenen Jahres in Berlin war es genau andersherum. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

In Potsdam hallte es über den Alten Markt: "Verteidigen wir unseren Staat, unser Land, unsere Demokratie." Die Worte des Redners waren kaum zu verstehen, er war auch nicht zu sehen, weil der zentrale, aber nicht sehr große Platz die vielen Menschen kaum fasste, weil es zu wenig Lautsprecher und zu wenig freie Sicht gab.

Teilnahme von Bundeskanzler und Außenministerin

Offenbar hatten die Organisatoren den Zulauf auf Oberbürgermeister Schuberts Aufruf hin unterschätzt. "Potsdam wehrt sich" – das nahmen die Menschen offenbar ernst.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) waren demonstrativ und demonstrierend vor Ort. Der Protest im Namen des Bündnisses "Potsdam bekennt Farbe" richtete sich auch gegen ein Treffen hochrangiger Rechtsextremer, das laut Recherchen der Plattform correctiv.org Ende November in der Villa Adlon im Potsdamer Ortsteil Neu-Fahrland stattgefunden haben soll.

Kritik an der Transparenz der Veranstalter

Allein – der Protest in Potsdam bot Anlass zu Fragen.

Wären so viele Menschen gekommen, wenn vorher bekannt gewesen wäre, dass auch Kanzler und Außenministerin vor Ort sein würden? Und man sich per bloßer Teilnahme an einer Demo gegen Rechts damit automatisch, vielleicht ungewollt, zu den Regierenden und ihrer Politik bekannte? Ein Framing der Herrschenden, das gute PR-Fotos lieferte.

PR-Termin für Scholz, Schubert, Baerbock in Potsdam. Bild: Screenshot/tagesschau.de

Man könnte kritisch sagen: Ein Etikettenschwindel? Ein Kapern der Demo, die natürlich nichts "rechtsoffen" war, aber offensichtlich eben "regierungsoffen"?

Framing der Herrschenden und mögliche Absichten

Vielleicht wurde die Teilnahme der Regierenden nicht angekündigt, um keine Gegendemonstrierenden auf den Plan zu rufen? Die Umfragewerte von Scholz und Baerbock sowie ihrer Parteien sind relativ niedrig, im ersten Fall sogar noch deutlich stärker als im zweiten.

Der Zuspruch für die Regierungskoalition im Allgemeinen ist auch im Keller, weil viele Menschen hierzulande deren Politik eher als Teil der wachsenden Probleme denn als Aspekt möglicher Lösungen sehen. Das betrifft etwa Sozialabbau (Scholz) und Militarisierung der Außenpolitik (Baerbock).

Warum sind die Organisatoren nicht transparent damit umgegangen, dass zwei der wichtigsten politisch Verantwortlichen anwesend sein würden? Die beide ja in vieler Hinsicht für die angespannte Lage und Stimmung im Lande mitverantwortlich sind.

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