Rod Stewart in Leipzig: Beim Bild von Wolodymyr Selenskyj branden Buhrufe auf

Rod Stewart bei Konzert

Rod Stewart im Dezember 2023 in Leipzig. Bild: Oscar Gozales Fuentes, Shutterstock.com

Einige Besucher waren mit der Positionierung des Sängers wohl nicht einverstanden. Doch was ist die Konsequenz? Und wie politisch darf Musik sein?

Dass der schottische Superstar Rod Stewart mehr als nur ein Entertainer ist, bewies er bei seinen jüngsten Konzerten in Deutschland. In der Arena Leipzig erlebten die Zuschauer am Freitagabend eine ausverkaufte Show, die zunächst dem gewohnten Rahmen zu folgen schien.

Stewart, der seit Jahrzehnten auf der Bühne steht, wusste genau, was seine Fans hören wollten: die klassischen Hits. Ein Abend der Nostalgie.

Doch dann kippte die Stimmung. Bei seinem Klassiker "Rythm of My Heart" lies Steward über der Bühne eine ukrainische Fahne und dann das Bild des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einblenden. Zumindest in diesem Punkt schlug das Herz des Leipziger Publikums politisch anders: Nach zaghaftem Applaus, der auch anhielt, brandeten Buhrufe auf.

Dabei hatte sich der Schotte nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine öffentlich schon früher klar positioniert: Steward hat sogar einer ukrainischen Familie ein Haus in Großbritannien zur Verfügung stellte, machte auch in Leipzig keinen Hehl daraus. Seine Aussage "Fuck Putin" auf der Bühne ließ wenig Deutungsspielraum.

War es "das Publikum"?

Seither tobt in sozialen Medien eine Debatte, wie der Zwischenfall bewerten ist. War die Mehrheit des Publikums gegen die politischen Äußerungen? War es nur eine laute Minderheit? "Es war nicht 'das Publikum‘', sondern ein sehr geringer Teil, dafür sehr vernehmbar", schreibt André Böhmer, Redakteur der Leipziger Volkszeitung, der das Konzert vor Ort verfolgt hatte.

Während die Reaktionen in anderen Städten wie Berlin laut dem Boulevardblatt BZ durchweg positiv waren und Zuspruch erfuhren, nahm das Leipziger Publikum die Botschaft mit gemischten Gefühlen auf.

Politische Lage in Leipzig

Die angespannte Stimmung mit lauten Pfiffen und Buhrufen zeigte, dass die politische Botschaft des Sängers nicht bei allen ankam. Dies liegt offenbar auch an der politischen Ausrichtung der Regio: Bei der Europawahl hatte die AfD unlängst gut 18 Prozent der Stimmen erhalten, das Bündnis Sahra Wagenknecht erhielt gut zehn Prozent. Beide Parteien sind politisch unterschiedlich ausgerichtet, lehnen aber Waffenhilfe für die Ukraine ab.

Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczukist, der der Mehrheit der Menschen mit ostdeutscher Herkunft eine "präfaschistische Disposition" bescheinigt, schrieb auf X: "Ostdeutschland eben!" Die Grünen-Politikerin und Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, postete: "Fremdscham".

In einem ausführlichen Konzertbericht schildert das Portal Tag24, wie während des Auftritts mehrfach Bilder des Krieges eingeblendet wurden. Die Projektion der ukrainischen Fahne und des Bildes von Selenskyj bildete den Schlusspunkt.

Stewart kommentiert Buhrufe nicht

Trotz des offensichtlichen politischen Dissens ließ sich Stewart nicht beirren. Die Buhrufe kommentiert er nicht.

Die Ereignisse von Leipzig zeigen, wie sich die Kontroverse um den Ukraine-Krieg auf die Kultur auswirkt. Anfang vergangenen Jahres hatte eine Rede des britischen Musikers Roger Waters vor dem UN-Sicherheitsrat politisch Wellen geschlagen.

Der Mitbegründer der Band Pink Floyd war von der russischen UN-Delegation eingeladen worden, um seine Sicht auf den Ukraine-Krieg zu teilen. Während er den Einmarsch Russlands in die Ukraine als illegal verurteilte, kritisierte er zugleich die Vorgeschichte und nannte den Angriff "nicht unprovoziert". Auch auf seinen Konzerten nahm er deutlich Stellung.

In Polen wurde Waters nach seiner Aussage zur Ukraine-Politik zur Persona non grata erklärt und ein Konzert abgesagt. In Deutschland fordert Claudia Roth von den Grünen einen Boykott seiner Konzerte.