Rückenwind für Balkon-Solaranlagen

Seite 2: Konflikte im Wohnungsrecht

Doch die Regularien der Stromwirtschaft sind auch nur ein Teil der Hindernisse, vor die sich Anwenderinnen von Stecker-Solargeräten gestellt sehen können. Wer seinen Balkon mit Solarmodulen ausrüsten möchte, braucht als Mieter auch die Zustimmung des Vermieters. Wohnungseigentümer müssen die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft einholen. Bei denkmalgeschützten Gebäuden ist es notwendig, eine Genehmigung bei der zuständigen Denkmalschutz-Behörde zu beantragen.

Dass diese Fragen nicht zu unterschätzen sind, zeigen die Konflikte, die dazu öffentlich bekannt geworden sind. So soll eine Thüringer Wohnungsgesellschaft einer fünfköpfigen Familie die Wohnung gekündigt haben, weil sie ihren Balkon mit einer Mini-Solaranlage ausgerüstet hatte. Der Rechtsstreit ging drei Jahre lang durch mehrere Instanzen, derzeit läuft ein gerichtliches Verfahren zur Räumung der Wohnung.

Aus Baden-Württemberg wird ein Fall berichtet, bei dem ein Wohnungseigentümer ein Stecker-Solargerät auf seinem Balkon aufbauen wollte. Die Eigentümergemeinschaft lehnte das ab. Der Solarstrom-Pionier installierte seine Anlage trotzdem und versucht nun, auf dem Rechtsweg die Genehmigung dafür zu bekommen. Dabei soll ein Richter die Meinung vertreten haben, dass die aktuelle Gesetzeslage nicht dafür ausreicht, zugunsten des Balkonkraftwerks zu entscheiden.

Privilegierte Maßnahmen

Um solche Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen, haben sich die Justizministerinnen und Justizminister der Länder schon im November 2022 dafür ausgesprochen, den Einsatz steckerfertiger Mini-Photovoltaikanlagen für Wohnungseigentümer und Mieter zu vereinfachen. Die Errichtung der Balkonkraftwerke sollte in den Katalog der privilegierten Maßnahmen des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuches aufgenommen werden, auf deren Gestattung die Wohnungseigentümer und Mieter einen Anspruch haben. Bei ihrer Herbstkonferenz baten die Länderkolleginnen und Kollegen den Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen.

Das sind ebenfalls positive Signale, diesmal auf der politischen Ebene. Vom Bundesjustizminister ist bisher allerdings noch keine Reaktion bekannt geworden. Dafür hat das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium die Vorschläge der Länder-Justizministerinnen und des VDE aufgegriffen und in seinen Entwurf einer Fotovoltaik-Strategie eingearbeitet. Bis all dies tatsächlich zu konkreten Verbesserungen bei Gesetzen, Verordnungen und Normen führt, wird es allerdings wohl wieder einige Zeit dauern.

Petition an den Bundestag

Die Akteure der Steckersolar-Branche versuchen nun, diese allmählich absehbaren Fortschritte zu beschleunigen. Dazu haben sie schon Mitte Februar 2023 eine Petition an den Deutschen Bundestag eingereicht, mit der sie den Gesetzgeber direkt auffordern, die Installation von Balkonsolaranlagen für möglichst viele Personen zu erleichtern.

Nach einigen Schwierigkeiten wurde die Petition dann Ende März zur Mitzeichnung veröffentlicht. In den vier Wochen danach ist sie schon 101.171 Mal mitgezeichnet worden. Damit hat sie zum Ende der Mitzeichnungsfrist die doppelte Zahl der 50.000 Stimmen erreicht, die für eine weitere Behandlung notwendig ist. Nun ist es sehr wahrscheinlich, dass der Bundestag diese Petition in öffentlicher Ausschuss-Sitzung diskutieren wird.

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