Russland: Kann die Antikriegsbewegung Putin bei den Wahlen herausfordern?
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Putins einzig echter Gegenkandidat ist Nadeschdin. Er ist gegen den Ukraine-Krieg und verfolgt die Strategie von Alexej Nawalny. Was ist davon zu halten?
Es war voraussehbar, dass die Wahlkommission zu Putins kommender Wiederwahl bei den Unterschriften des einzigen Kriegsgegners unter seinen Mitbewerbern Boris Nadeschdin "Fehler" entdeckt. Die regierungsnahe Kommission ist bekannt dafür, echte Opposition notfalls mit einem Heer von Graphologen abzublocken. Wenn Nadeschdin gegen die Entscheidung nun vor ein mitnichten unabhängiges Gericht geht, sind seine Erfolgsaussichten gering.
Mit dem Aufruf zu Straßenprotesten ist nicht zu rechnen, da sie unweigerlich zu staatlichen Repressionen führen würden, bis Nadeschdin Umfeld zerschlagen ist. Und er gilt nicht als Fundamentaloppositioneller, geht anders als Nawalny nicht mit dem Kopf durch die Wand.
Nadeschdin trifft sich mit "Neuen Leuten"
Der Ex-Kandidat konzentriert sich auf einen völlig anderen Weg. Die Moskauer Zeitung Kommersant berichtete von einem Treffen Nadeschdins mit einem extremen Außenseiter unter den zugelassenen Mitbewerbern Putins aus den Reihen der handzahmen Parlamentsopposition: Wladislaw Dawankow. Er vertritt die kleinste Parlamentsfraktion "Neue Leute" als Präsidentschaftskandidat und will nun Inhalte anderer Politiker in sein Wahlprogramm aufnehmen, darunter von Boris Nadeschdin.
Von Seiten Dawankows verwundert die Kontaktaufnahme nicht. Der 40-Jährige hat nur wenige Möglichkeiten zur Steigerung seines Stimmenanteils. Seine Partei gilt vielen Russen als sogenannter "Spoiler", einem vom Kreml angestoßenen Projekt, wirklich oppositionellen liberalen Stimmen abzunehmen und in einen kremlnahen Wirtschaftsliberalismus zu lenken.
Mit diesem Image ist seine natürliche Anhängerschaft gering. Selbst bei den Moskauer Bürgermeisterwahlen im September 2023 in der eigenen Heimatstadt erreichte er mit gut fünf Prozent nur Platz vier, bei den Präsidentenwahlen traut man ihm eher Ergebnisse im Promillebereich zu. Präsidentschaftskandidat wurde er laut Quellen des Onlineportals Meduza in der Präsidialverwaltung nur, weil sein Chef und Parteivorsitzender Netschajew nicht den vorprogrammierten Verlierer gegen Putin geben wollte.
Konzentration auf das kleinste Übel
Warum will der durch seinen Antikriegskurs inzwischen recht populäre Nadeschdin sich mit diesem bisherigen Zwergkandidaten zusammen tun? Die Strategie, die dahintersteckt, ist den restriktiven politischen Zuständen in Russland geschuldet.
Schon der nun inhaftierte russische Oppositionelle Alexej Nawalny wandte diese Strategie im Zuge des Scheiterns von Straßenprotesten an: Wenn die eigenen Kandidaten von den russischen Behörden an der Wahlteilnahme gehindert werden, sollen all ihre Anhänger ihre Stimme auf einen der verbleibenden Kandidaten abseits der eigentlichen Machtpartei Putins konzentrieren.
"Smart Voting" heißt dieses Konzept und bescherte schon manchem Kandidaten in Russlands Systemopposition scheinbar überraschend gute Ergebnisse. Doch in Wahrheit weiß jeder vor Ort, dass dieses zu einem erheblichen Teil an der Unterstützung der echten Opposition lag.
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Diese Unterstützung trifft stets das "kleinste Übel" in der Systempolitik. Bei der Präsidentschaftswahl fällt die Wahl nicht schwer. Den Schrinowski-Erben Leonid Sluzki plagen nicht nur Skandale um mutmaßliche sexuelle Belästigung und Steuerhinterziehung – er weicht auch keinen Zentimeter von der Kremllinie ab.
Der greise Kommunist Nikolai Charitonow (75) wirkt wie ein farbloses Relikt aus der Breschnew-Ära und kann keine jüngeren Wähler ansprechen. So bleibt nur Wladislaw Dawankow – mehr Kandidaten sind neben Putin nicht zugelassen.