Russland entwickelt Prototyp für wiederverwendbare Rakete

Eine Rakete hebt ab vor blauem Himmel

Start einer russischen Sojus-Rakete. Bild: Vera Larina / Shutterstock.com

Wiederverwendbare Raketen bald auch aus Russland? Roskosmos reagiert mit dem Amur-Projekt auf den Erfolg von SpaceX. 2025 soll der erste Prototyp entstehen.

Wie die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtet, soll im kommenden Jahr mit dem Bau eines Experimentalfahrzeugs begonnen werden, mit dem die vertikale Landung der ersten Stufe der geplanten Amur-Rakete getestet werden soll.

Roskosmos hofft auf 2030

Das Projekt ist unter dem Spitznamen "Grasshopper" oder "Heuschrecke" bekannt und heißt damit genauso das erste Testfahrzeug für SpaceX’ Starship. Damit versucht sich – nach den USA, China und der EU – jetzt auch Russland am Konzept der wiederverwendbaren Rakete.

"Nächstes Jahr werden wir mit den Vorbereitungen für eine Experimentalstufe der Rakete beginnen, die im Volksmund 'Grashüpfer' genannt wird", sagte Igor Pshenichnikov, stellvertretender Direktor der Abteilung für Zukunftsprogramme der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos.

Pshenichnikov betonte, dass russische Experten mit Hilfe eines solchen Geräts lernen würden zentrale Probleme, wie das Neustarten des Motors während des Fluges sowie den Umgang mit verflüssigtem Erdgas als Brennstoffkomponente, zu lösen.

Die Amur-LNG-Rakete wird mit flüssigem Methan und Sauerstoff angetrieben. Ihr erster Start soll auf dem Kosmodrom Wostotschny in der gleichnamigen russischen Region stattfinden. Noch gesucht wird ein Gelände für die vorbereitenden Tests.

Roskosmos CEO Yuri Borisov kündigte an, dass die Amur-Rakete "deutlich häufiger" eingesetzt werden könne als SpaceX’ Trägerrakete Falcon 9.

Perspektivisch soll die Amur das russische "Arbeitstier" Sojus-2 ablösen. Die geplante Nutzlastkapazität für den niedrigen Erdorbit (LEO) liegt bei 10,5 Tonnen in der wiederverwendbaren Variante bzw. 12,5 Tonnen, wenn die Rakete nicht wiederverwendet wird. Die projektierten Startkosten liegen bei 22 Millionen US-Dollar.

Das Amur-Projekt ist Russlands Antwort auf die Erfolge von SpaceX und seiner teilweise wiederverwendbaren Falcon 9-Rakete. Der Prototyp soll laut TASS im kommenden Jahr gebaut werden. Ursprünglich sollte die Amur bereits 2026 erstmals fliegen, mittlerweile wird der Erststart jedoch nicht vor 2030 erwartet, berichtet das Fachportal Ars Technica.

Mehr als ein Jahrzehnt Rückstand zu SpaceX

SpaceX begann bereits 2011 mit der Entwicklung seines Grasshopper-Fahrzeugs und testete dieses ein Jahr später erstmals auf der firmeneigenen Starbase im texanischen Boca Chica.

Der erste Prototyp von SpaceX für ein wiederverwendbares Raketenstufensystem, bekannt als Grasshopper, wurde aus einer Vielzahl zusammengetragener Komponenten gebaut. Darunter befanden sich auch Avioniksysteme, die ursprünglich aus dem 2010 außer Dienst gestellten Dragon-Raumschiff stammten.

Zu Beginn waren die Flüge des Grasshopper auf wenige Sekunden begrenzt, doch im Verlauf des Testprogramms erreichte das Vehikel beeindruckende Höhen von bis zu 800 Metern.

Das Testprogramm stieß zunächst sowohl innerhalb von SpaceX als auch in der Raumfahrtgemeinde auf Skepsis. Kritiker bezweifelten, dass die ehrgeizigen Pläne einer wiederverwendbaren Rakete technisch und wirtschaftlich realisierbar wären.

Dennoch bewies der Grasshopper seinen Wert als Erprobungsplattform: Er legte die Grundlage für SpaceX’ bahnbrechende Fortschritte. Nur wenige Jahre später, im Dezember 2015, gelang es dem Unternehmen erstmals, eine Falcon-9-Erststufe sicher zu landen und damit einen Meilenstein in der Geschichte der Raumfahrt zu setzen.

Russland liegt damit beim Bau wiederverwendbarer Raketen fast eineinhalb Jahrzehnte hinter SpaceX zurück.

Auch China und Europa arbeiten an wiederverwendbaren Raketen

Auch die Europäische Weltraumorganisation ESA hat erst 2020 mit der Finanzierung eines "Hopper"-Programms begonnen, ein Tiefflugtest des Themis-Projekts hat noch nicht stattgefunden. Laut ESA-Informationen ist der Testflug für 2025 geplant.

Auch in China wird an wiederverwendbaren Systemen gearbeitet. Dem 2015 gegründeten Unternehmen LandSpace, das 2023 die weltweit erste methangetriebene Rakete ins All beförderte, gelang dieses Jahr ein Testflug in 10.000 Metern Höhe mit erfolgreicher Landung seiner Zhuque-3-Rakete.

In den USA plant das Unternehmen Blue Origin des Amazon-Gründers Jeff Bezos in den nächsten Monaten den Start seiner wesentlich größeren Orbitalrakete New Glenn. Ziel ist es, die erste Stufe gleich beim allerersten Flug auf einer Drohne landen zu lassen.

Die konkurrierenden Ansätze haben eines gemeinsam: Alle befinden sich noch in einem sehr frühen Stadium. Wer am Ende das Rennen macht, wird sich zeigen müssen. Dass SpaceX’ Vorsprung noch einzuholen ist, scheint derzeit zumindest unwahrscheinlich.

SpaceX CEO Elon Musk hat die russischen Pläne indes bereits kommentiert: "Sie ist viel zu klein. Sie müsste mindestens doppelt so groß sein", sagte er über das Design des Prototyps auf X.