Russland weist britische Diplomaten aus: Raketenstreit eskaliert
Moskau wirft Diplomaten Straftaten vor. London weist die Vorwürfe zurück. Hinter Disput stehen militärische Erwägungen und ein grundlegendes Defizit.
Wie die russische Sicherheitsbehörde FSB am Freitag bestätigte, hat die Regierung in Moskau die Ausweisung von sechs britischen Diplomaten angeordnet. Die Maßnahme ist eine direkte Reaktion auf das, was Moskau als "zahlreiche unfreundliche Schritte von London" bezeichnet. Der Vorgang verschärft die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Russland und Großbritannien.
Verdacht auf Spionage und Sabotage
Der FSB wirft den britischen Diplomaten vor, sie hätten sich in Spionage und Sabotage betätigt und die Sicherheit der Russischen Föderation bedroht. Konkret sollen die Diplomaten, die durch die britische Direktion für Osteuropa und Zentralasien nach Moskau entsandt wurden, seit der Invasion in der Ukraine mit der Aufgabe "Russland strategisch zu besiegen" betraut worden sein. Was das genau bedeutet, ließ der Geheimdienst offen.
Die britische Regierung wies die Vorwürfe des FSB zurück und bezeichnete die Anschuldigungen als grundlos. Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, unterstützte hingegen die Entscheidung des FSB. Sie betonte, dass weitere britische Diplomaten des Landes verwiesen würden, sollten sie ähnlichen Aktivitäten nachgehen.
Spannungen wegen Langstreckenraketen
Hintergrund der jüngsten diplomatischen Krise ist die Bereitschaft Großbritanniens, der Ukraine den Einsatz von "Storm Shadow" Langstreckenraketen für Angriffe tief im russischen Territorium zu erlauben.
Dies würde laut Präsident Wladimir Putin bedeuten, dass die Nato-Länder "im militärischen Konflikt mit Russland" seien und die "Eigenschaft des Konflikts" grundlegend verändern würden. Telepolis hatte darüber am Freitag berichtet und die Erklärungen der Präsidenten der Ukraine und Russlands, Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin, in deutscher Übersetzung dokumentiert.
Reaktionen und Konsequenzen
US-Präsident Joe Biden und seine westlichen Verbündeten wägen derzeit die Vor- und Nachteile eines solchen Schrittes ab. Der britische Premierminister Keir Starmer, auf seinem ersten offiziellen Besuch in Washington, steht vor der Herausforderung, eine Position in dieser delikaten Angelegenheit zu beziehen.
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Russisches Staatsfernsehen veröffentlichte Bilder der sechs Diplomaten und identifizierte sie, obwohl die Namen bisher nicht bestätigt wurden. Berichtet wird, dass die Diplomaten sich mit russischen Zivilgesellschaftsaktivisten getroffen hätten.
Die diplomatische Eskalation
Die Ausweisung der britischen Diplomaten zeigt die Zerrüttung der diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und Großbritannien auf. Es bleibt abzuwarten, wie Großbritannien auf die Ausweisungen reagieren wird und welche Konsequenzen sich daraus für den weiteren Verlauf des Konflikts in der Ukraine ergeben.
In einer eigenen Analyse wies die New York Times auf eine grundlegende Schieflage hin, die auch von Sicherheitsexperten und Politikern in Europa wiederholt beklagt wurde: Die Schritte im Ukraine-Krieg konzentrieren sich weniger auf Friedensgespräche als vielmehr auf die Beschaffung und den Einsatz von Waffen.
Sowohl die Ukraine als auch Russland setzen auf militärische Erfolge, die eine vorteilhaftere Position in möglichen späteren Verhandlungen bieten könnten. Dies wird in aktuellen Diskussionen zwischen den Kriegsparteien und ihren Verbündeten deutlich.
Ukraine fordert mehr militärische Unterstützung
In Gesprächen, die in dieser Woche in Kiew, Washington und London stattfanden, forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Aufhebung der Beschränkungen für von den USA, Großbritannien und Frankreich bereitgestellte Langstreckenraketen.
Derzeit dürfen diese nur für Angriffe auf militärische Ziele unmittelbar über der russischen Grenze eingesetzt werden. Großbritannien und Frankreich zeigten sich bereit, längere Angriffe mit ihren Waffen zu erlauben, warten aber auf die Zustimmung von Präsident Biden. Dieser zögert noch, den Einsatz amerikanischer Waffen für tiefe Schläge zu gestatten.
Strategische Erfolge als Verhandlungsgrundlage
Der Präsident der Kiewer Wirtschaftsschule, Tymofiy Mylovanov, betonte in einem Interview, dass militärische Erfolge jede Hoffnung auf eine ausgehandelte Regelung untermauern. Um Druck auf Putin auszuüben und eine Waffenruhe zu stützen, müsse die Ukraine in der Lage sein, Häfen, Flughäfen und Ölanlagen schnell zu treffen und notfalls auch mit Raketenangriffen auf Moskau zu drohen.
Russland und die Suche nach Unterstützung
Auch Russland sucht nach Wegen, seine militärischen Anforderungen zu erfüllen, und seine diplomatischen Gespräche mit Partnern drehen sich darum. So beschuldigten der US-Außenminister Antony J. Blinken und der britische Außenminister David Lammy den Iran öffentlich, ballistische Raketen an Russland geliefert zu haben. Russland bestritt die Existenz solcher Lieferungen.
Interne Kritik an Bidens Zurückhaltung
Kritiker von Bidens zögerlicher Haltung argumentieren, dass diese in letzter Konsequenz die langfristige Diplomatie untergrabe, indem sie zu Frustration und Misstrauen zwischen amerikanischen und ukrainischen Beamten führe und der Ukraine nicht die nötigen Kapazitäten gebe, um Verhandlungschips anzuhäufen, die Putin zu Gesprächen zwingen könnten.
Zukunft der Friedensgespräche
Präsident Selenskyj hat sich in letzter Zeit häufiger zur Möglichkeit einer Einigung nach mehr als zweieinhalb Jahren Krieg geäußert, jedoch nur zu Bedingungen, die er und die meisten ukrainischen Bürger akzeptieren können.
Er plant, im November an einem internationalen Friedensgipfel zu sprechen, dem zweiten in diesem Jahr. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich bei einer solchen Folgekonferenz für eine russische Beteiligung ausgesprochen.