Schattenseiten des Influencer-Booms: Erfolg wird für viele zur Herausforderung
Influencer leben den Traum vieler Jugendlicher: Mit dem Hobby Geld verdienen. Doch die Realität sieht anders aus. Warum der Erfolg für viele in weite Ferne rückt.
Influencer begeistern mit ihren Kanälen in den sozialen Medien und sind für viele Jugendliche zu Vorbildern geworden. Und in einem gewissen Alter hegen sicherlich viele Jugendliche selbst den Wunsch, ein Internetstar zu werden. Immer mit dabei: der Traum vom großen Geld, das sich mit dem Hobby leicht verdienen lässt.
Influencer als Vorbilder: Der Traum vom schnellen Geld
Das war schon in der Vergangenheit ein Trugschluss – und es dürfte auch in Zukunft nicht einfacher werden, jedenfalls für die Mehrheit. Erfolg ist hier wie dort harte Arbeit. Inhalte müssen geplant, zielgruppengerecht aufbereitet, produziert und verbreitet werden – und das über einen langen Zeitraum. Gleichzeitig muss man sich um Fans und Werbekunde kümmern. Erfolg, der sich über Nacht einstellt, gibt es hier nicht.
Doch die Bedingungen, unter denen der einzelne Influencer arbeitet, verschlechtern sich zunehmend. Die Plattformen zahlen immer weniger, immer mehr Menschen drängen auf den Markt und große politische Konflikte können das Geschäft verderben, wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet.
Immer mehr Konkurrenz auf dem Influencer-Markt
Um den Trend zu verdeutlichen: Weltweit gab es im vergangenen Jahr rund 50 Millionen Menschen, die regelmäßig Fotos und Videos veröffentlichten und damit ihr Publikum unterhielten. Bis 2028 könnte diese Zahl um bis zu 20 Prozent steigen, schätzt die Investmentbank Goldman Sachs.
Ob Unternehmen ihre Ausgaben für Werbung im Internet in gleichem Maße steigern werden, ist fraglich. Die Folge: Die Einnahmen der Influencer dürften künftig geringer ausfallen.
In Deutschland verdient ein Influencer laut karrierebibel.de durchschnittlich etwas mehr als 2.100 Euro im Monat. Je nach Erfolg und Reichweite kann das Einkommen deutlich steigen, rund 33.000 Euro pro Monat sollen möglich sein.
Die Zahlen sind mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, da nur wenige Influencer offen über ihre Einkünfte sprechen. Aber auch aus den USA ist bekannt, dass nur eine Minderheit von ihrer Internetpräsenz leben kann.
Nur wenige US-Influencer können von ihrer Tätigkeit leben
Laut WSJ liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen für Vollzeitbeschäftigte in den USA bei rund 58.000 US-Dollar. Von den Kreativen schaffen es aber 48 Prozent nicht über die Marke von 15.000 US-Dollar. Und nur 13 Prozent verdienen mehr als 100.000 US-Dollar.
Wie schwierig es ist, ein erträgliches Einkommen aus der Aktivität als Influencer zu erzielen, zeigt, dass selbst ein Millionenpublikum keine Garantie für einen Geldsegen ist.
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Das WSJ beschreibt den Fall von Yuval Ben-Hayun aus New York. Mit Sprach- und anderen Bildungsinhalten gelang es ihm Anfang 2023, mehr als 4.000 US-Dollar pro Monat zu verdienen. Ein Video auf TikTok brachte zwischen 200 und 400 US-Dollar pro Million Aufrufe.
Plattformen ändern Vergütungssysteme zum Nachteil der Kreativen
Doch dann änderte die Plattform ihr Vergütungssystem. Obwohl Yuval Ben-Hayun rund 2,9 Millionen Follower hatte, bekam er immer weniger Geld. Laut WSJ erhielt er zuletzt nur noch 120 US-Dollar für ein Video mit zehn Millionen Aufrufen.
Wie TikTok haben auch andere soziale Netzwerke Vergütungssysteme. Aber auch sie erregen zunehmend den Unmut von Kreativen, weil sie erst auf die Plattformen gelockt und dann die Vergütungsregeln verändert würden, heißt es beim WSJ.
Drohende Verbote von Plattformen gefährden Existenzen
Die Situation vieler Influencer könnte sich weiter verschlechtern. Denn US-Präsident Joe Biden hat kürzlich ein Gesetz unterzeichnet, das den Verkauf von TikTok erzwingen soll. Am Ende könnte es auf ein Verbot der Plattform hinauslaufen, denn die Muttergesellschaft ByteDance will nicht verkaufen. Ein Ende wäre für viele Kreative verheerend.
Prognosen zufolge wächst die Creator Economy trotz aller Widrigkeiten weiter. Wie das WSJ berichtet, werden Social-Media-Autoren in den USA in diesem Jahr insgesamt 13,7 Milliarden Dollar verdienen, 59 Prozent davon über Marken-Deals.
Allerdings achteten Werbetreibende inzwischen stärker auf Kennzahlen wie Engagement und Zielgruppendemografie. Marken hätten mehr Kontrolle über gesponserte Inhalte und setzten lieber auf wenige langfristige Partnerschaften als auf viele Einzeldeals.