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Schwarze Kultur: "Wir warten nicht mehr auf die Apokalypse, sie war schon da!"

Natasha A. Kelly

Wie geht es nach dem Eurozentrismus weiter? Afrofuturismus 2.0 und die Frage: Wie eine post-apokalyptische Zukunft aussehen kann? Welches Wissen wird Standard? Interview mit Natasha A. Kelly

Seit Jahren engagiert sich die Autorin und Kommunikationswissenschaftlerin Natasha A. Kelly [1] für die Etablierung der Black Studies, die Untersuchungen zu Schwarzer Geschichte in Europa zum Inhalt haben.

Sie hat sich zudem ausgiebig mit dem Phänomen Afrofuturismus auseinandergesetzt, das weiter in die Vergangenheit als die popkulturelle Strömung zurück reicht.

Eine Schwarze Zukunft denken

Afrofuturismus denkt eine Schwarze Zukunft, vor allem aus dem Wissen der bereits erfolgten Apokalypse. Welche Rolle spielt Schwarze Kultur in den heutigen Krisenzeiten und wie verändert die Ausgangslage, dass die Apokalypse bereits geschehen ist, das kulturelle und politische Potenzial des Afrofuturismus?

Frau Kelly, Sie beschäftigen sich viel mit Afrofuturimus. Worum geht es da?
Natasha A. Kelly: Es geht darum, mittels Technologie, Design, also Kunst im Allgemeinen, sich Schwarze Kultur in der Gegenwart und Zukunft vorzustellen. Es ist tatsächlich schwer, alles zusammenzufassen, aber es ist eine Bewegung, die es erlaubt, sich eine Zukunft jenseits der bestehenden eurozentrischen Machtstrukturen vorzustellen. Das als ganz kurze, erste Antwort.
Afrofuturismus hängt auch mit Science-Fiction-Literatur zusammen. Wenn man sich mit Afrofuturismus beschäftigt, ist immer auch die Frage, was als Standard gesetzt wird. In der Science Fiction wird stark der Fokus auf europäische und US-amerikanische Werte gelenkt.
Natasha A. Kelly: Ja, ich würde sagen, dass Science Fiction etwas ziemlich Eurozentrisches ist. Es handelt sich um ein eurozentrisches Genre, in dem es darum geht, dass sie auf die Apokalypse warten oder dass Aliens auf der Erde landen und die Menschheit aufgefressen wird. Ich überspitze das jetzt mal ein bisschen. Afrofuturismus geht aber auf die Black Speculative Art zurück.
Genau da würde ich auch einen Unterschied zwischen Science Fiction und Black Speculative Art machen. Black Speculative Art geht davon aus, dass die Apokalypse schon passiert ist: Versklavung, Kolonialisierung oder was wir als Maafa beschreiben. Das ist der Begriff für den Schwarzen Holocaust. Da das schon passiert ist, bewegen wir uns in einer post-apokalyptischen Zeit.
Das Genre Afrofuturismus gibt es, obwohl der Begriff erst in den Neunzigerjahren aufgekommen ist, schon sehr lange. Die ersten sogenannten Slave Narratives sind auch schon afrofuturistische Werke. Man denke an den zeitgenössischen Autor Ishmael Reed. Er ist einer der bekanntesten Slave Narratives-Autoren.
Wenn wir uns historische Autoren wie W.E.B. Du Bois anschauen, waren sie Wegbereiter für den Afrofuturismus, wo es wirklich darum ging, sich eine Zukunft ohne Rassismus vorzustellen.
Sie stellten sich insgesamt die Frage, ob es Schwarze Menschen in der Zukunft gibt. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen Science Fiction und Black Speculative Art, dass wir nicht darauf warten, dass Aliens landen. Die Schwarzen Menschen sind die Aliens, im Sinne der Alienation von Franz Fanon.

"Wir stellen uns eine post-apokalyptische Zukunft vor"

Wie schaut das konkret aus?
Natasha A. Kelly: Wir stellen uns eine post-apokalyptische Zukunft vor. Das kann durchaus utopisch sein, also durchweg positiv oder es kann auch dystopisch sein. Es gibt zum Beispiel die Afropessimist:innen, die sich eine düstere Welt vorstellen, wo es Schwarze Menschen tatsächlich nicht mehr gibt.
Es gibt auch Ansätze, bei denen "Race" als Technologie an sich verstanden wird. Unsere Identität, Race als soziale Kategorie, wäre ohne Technologie gar nicht möglich. Das ist der Ausgang vieler afrofuturistischen Werke.
Wenn wir uns einen deutschen oder europäischen Kontext anschauen, wie Schädel vermessen oder welche biologischen Messinstrumente überhaupt erst erfunden wurden, um biologische Rassen zu konstituieren, dann war das ganz eng mit Technologie verbunden.
Deshalb ist Technologie aus dem Afrofuturismus überhaupt nicht wegzudenken, sondern ist ein grundlegender Bestandteil dessen.
Verstehe ich das richtig, dass Technologien im Afrofuturismus eine eher kritische Beleuchtung erfahren?
Natasha A. Kelly: Technologie spielt aus vielen Gründen eine zentrale Rolle im Afrofuturismus. Wie eben erwähnt, wäre der wissenschaftliche Rassismus ohne Technologie nie möglich gewesen.
Darüber hinaus spiegelt sich der zeitgenössische Afrofuturismus in Gestaltung und Design wider, die ohne Technologie nicht umsetzbar sind. Digitalität spielt also eine tragende Rolle im Afrofuturismus.
Auch mit Blick auf die Musik, die sich digital spielen und speichern lässt und ein großes Datenarchiv hervorgebracht hat, aus der viele Afrofuturist:innen Material schöpfen.

Der afrozentrische Kanon

Science-Fiction-Literatur behandelt besonders im anglo-amerikanischen Raum zunehmend marginalisierte Gruppen. Sie erwähnten W.E.B. Du Bois, dessen Story "The Comet" Sie auch in Ihrem Band namens "Afrofuturismus 2.0" veröffentlicht haben. Wofür steht dieses 2.0?
Natasha A. Kelly: Afrofuturismus gab es immer schon. Solange Schwarze Menschen schreiben, haben sie eine Zukunft imaginiert. Damals war das Erlangen der Freiheit eine Zukunftsvision von versklavten Menschen. Deswegen sind die Slave Narratives auch Teil der afrofuturistischen Welt.
Der Begriff "Afrofuturismus‘" wurde aber erst 1992 von Mark Dery geprägt. Dery ist ein weißer US-amerikanischer Kulturkritiker, der diesen Begriff in einem Interview mit Samuel Delany, Greg Tate und anderen eingebracht hat, mit der Absicht, ihre Werke in einem eurozentrischen Kanon einbetten zu können.
Die 2.0-Bewegung geht aber nun weiter und will diesen Begriff reclaimen. Es geht nicht mehr darum, den Afrofuturismus in einen eurozentrischen Kanon einzubetten, sondern ihn im afrozentrischen Kanon zu lassen. Der afrozentrische Kanon wird auch breiter als nur Literatur und Musik gefasst.
Diese Genres waren damals sehr prägnant und wurden durch Sun Ra und die Jazz-Bewegung, bis hin zu Literatur von einer Octavia E. Butler und eines Samuel R. Delanys geprägt. Die 2.0-Bewegung geht aber weiter: Es umfasst auch afrofuturistische Philosophie, was ganz eng mit dem Panafrikanismus und der Dekolonialisierung von Afrika verknüpft ist.
Visionen der Freiheit und der Zukunft waren schon immer Teil von politischen Bewegungen. Es geht aber auch um Social-Justice-Movements, wie zum Beispiel Black Lives Matter. Dies ist auch eine afrofuturistische Bewegung.

Neue Wissensstandards: Über welche Zukunft sprechen wir eigentlich?

Ich verstehe Ihren Ansatz auch so, den Fokus von den europäischen Standards wegzulenken, also dass die Schwarzen Autor:innen nicht in ein vorgefertigtes Genrekonzept gezwängt werden?
Natasha A. Kelly: Genau. Es geht auch vor allem darum, nicht für Schwarze Autor:innen einen eurozentrischen Standard zu setzen, sondern selbst Wissensstandards zu entwickeln. Ein konkretes Beispiel sind die Sklavenschiffe, die von Kodwo Eshun als "Spaceships" verhandelt werden, mit denen Afrikaner:innen verschleppt wurden.
Wir sind durch die Kolonialisierung, durch die Schiffe der Europäer:innen, die nach Afrika kamen, bereits mit Raumschiffen in Kontakt gekommen. Schiffe dieser Größe, die damals in Afrika in dieser Art gar nicht gebaut wurden, kamen und entführten die Menschen. Sie hatten etwas durchaus Überirdisches in der afrikanischen Vorstellungswelt. Sie waren auch fremd für die Afrikaner:innen.
Das sind alles Dinge, die bereits passiert sind. Es ist nicht etwas, worauf wir warten. Sämtliche Metaphern existieren schon in einem afrofuturistischen 2.0-Setting. Der große Unterschied besteht in der Art und Weise, wie im Eurozentrismus Zeit gelesen wird.
Inwiefern?
Natasha A. Kelly: Zeit ist dort etwas sehr Lineares – es gibt einen Anfang und ein Ende von etwas. Dann beginnt etwas Neues, das geht dann wieder zu Ende und so weiter und so fort. Auf diese Weise ist dieses Zeitverständnis sehr messbar, durch eine Uhr, die zur Stunde schlägt.
Im Afrofuturismus ist Zeit zirkulär. Es gibt keinen Anfang und kein Ende von etwas. Wenn wir also von Zukunft sprechen, müssen wir uns die Frage stellen, wann Zukunft geschieht: Ist es etwas, das tatsächlich noch geschieht? Also, was noch in tausend, fünfhundert oder auch in fünfzig Jahren kommt, wie wir das im eurozentrischen Denken haben? Ja, das ist möglich.
Aber Zukunft kann auch vergangen sein, es kann vergangene Zukünfte geben. Wir können auch in die Vergangenheit zurückschauen und uns dort Visionen von Zukunft anschauen, die in einem zirkulären Zeitablauf genauso relevant sind.
Da gibt es keinen Anfang und kein Ende. Alles bedingt sich gegenseitig. Wir müssen in die Vergangenheit zurückgehen, die Vergangenheit in die Gegenwart holen, um in der Gegenwart Zukunft zu gestalten. Wir befinden uns ständig in einem Kreislauf.
Wenn wir wieder das Bild der Uhr nehmen: Es gibt keine Uhr, die zur Stunde schlägt. Das ist nicht die wirkliche afrikanische Art, Zeit zu lesen. Sie orientiert sich stattdessen am Tageslauf: Die Sonne geht auf, die Sonne geht unter, die Sonne geht auf und die Sonne geht unter.
Du befindest dich in einem ständigen Kreislauf: Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt, dann war zu dieser Zeit etwas, das passieren musste. Und nicht unbedingt: Es ist jetzt fünf vor zwölf, ich komme zu spät!
Ich finde es daher ganz wichtig, dass Afrofuturismus in einem Schwarzen Kontext bleibt, und durch eine afrozentrische Linse gelesen wird. Dass wir uns immer die Frage stellen müssen: Über welche Zukunft sprechen wir eigentlich? Dieses Genre gab es aus diesem Grund schon immer. Das ist nicht etwas, das erst in den Neunzigern mit Mark Dery entstanden ist.

Jenseits bestehender Ordnung und jenseits eurozentrischer Interessen

Gibt es verschiedene historische Formen dieses Phänomens?
Natasha A. Kelly: Ja. Die Afrofuturismus-2.0-Bewegung setzte 2008 ein, als das System in der Banken- und Wirtschaftskrise zusammengebrochen ist – immer dann, wenn das eurozentrische System zusammenbricht, gibt es Raum für Schwarze Ideen und Schwarze Visionen.
Dasselbe trifft auch auf Black Lives Matter zu: Die Welt bricht 2020 unter Corona zusammen und Black Lives Matter erlebt seinen Höhepunkt.
Ein historisches Beispiel wäre 1920, als Du Bois' Text The Comet entstanden ist. Das war kurz nach dem 1. Weltkrieg. Damals trat die sogenannte Spanische Grippe auf, die Welt brach zusammen, es folgte einen Sommer des rassistischen Terrors und eine Schwarze Bewegung, die daraus hervorgegangen ist.
Gibt es verborgene Rhythmen?
Natasha A. Kelly: Immer, wenn das weiße rassistische eurozentrische System zusammenbricht, aus welchen Gründen auch immer, lässt es Raum für Schwarze Ideen, die aus diesen Ritzen hervorgehen und wachsen kann. Das ist etwas, was den Afrofuturismus sehr stark kennzeichnet. Das ist jenseits bestehender Ordnung und jenseits eurozentrischer Interessen.
Diese Schwarze Geschichte bleibt in Europa häufig unsichtbar. Mit der neuen Publikation Mapping Black Europe, die Sie bei transcript herausgegeben haben, machen Sie auf diese verschütteten Geschichten aufmerksam. Was fehlt hier noch?
Natasha A. Kelly: Ich kann diese Frage sehr gut mit dem Buch-Artwork erklären. Das Cover des Buches ist von Sonia E. Barrett. Sie ist eine britisch-deutsche Künstlerin mit jamaikanischen Wurzeln, lebte eine Zeitlang hier in Deutschland, lebte eine Zeitlang in England, war in verschiedenen Ländern der Welt unterwegs.
Dieses Bild hatte sie im Kontext des Royal Mapping Rooms in London erstellt. Das ist ein Museum, wo die ganzen Landkarten der Welt, der europäischen Eroberer und alles andere ausgestellt wird. Sie ist mit ihrem Kollektiv in dieses Museum gegangen und sie haben diese Maps geschreddert, bis sie einzelne Streifen hatten. Diese flochten sie dann zusammen und bauten neue Landkarten daraus.
Dieser symbolische Prozess verdeutlicht sehr gut unser Verständnis von Schwarzer Geschichte oder Schwarzer Kultur in Europa. Es ist ein Teil der vielen Schichten von Europa. Europa würde ohne Afrika überhaupt nicht existieren. Das ist eine Tatsache, und diese wird auf eine solche visuelle Art auf dem Buchcover sichtbar gemacht.

Schwarze europäische Geschichte: "Wir kehren den Blick um"

Wo konkret finden wir diese Leerstellen?
Natasha A. Kelly: Es gibt diese Leerstellen vor allem in der Wissenschaft. Mit der Gründung des Black European Academic Network (Bean) 2010 wollten wir aufzeigen, dass es Schwarze Geschichte, Schwarze Kunst und Schwarze Kultur schon immer im europäischen Raum gegeben hat.
Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter: Ohne all diese Aspekte hätte es Europa in dieser Form gar nicht geben können. Immer dann, wenn sich etwas als Schwarz zeigt, dann wird es weißgewaschen.
Wir sehen es beispielsweise ganz klar bei der Musik: Als Sun Ra ungefähr in den Sechzigern bekannt wurde und seine Musik in den achtziger und Neunzigerjahren nach Deutschland schwappte, da wurde die eigentliche politische Botschaft überhaupt nicht mittransportiert.
Es wurde als coole und funky Musik gesehen und die Wenigsten haben wirklich verstanden, dass es sich um eine Gesellschaftskritik handelt. Wenn Sun Ra sagt, dass wir Schwarze Menschen nur auf dem Saturn leben können, dann deshalb, weil die Erde für uns nicht mehr bewohnbar ist.
Wenn wir uns die Hip-Hop-Bewegung angucken, bemerken wir auch eine seltsame kulturelle Transformation. Als diese nach Deutschland kam, entwickelte sich ein Phänomen wie Deutsch Rap. Da frage ich: Wo ist der Schwarze kulturelle Aspekt geblieben? Das wird komplett politisch entleert.
Techno ist eine Schwarze Bewegung, die im Arbeitermilieu von Detroit entstanden ist. Durch Technomusik wollten sie ihre gesellschaftlichen Nachteile – im Sinne eines Deep Prejudices – zum Ausdruck bringen. Gerade in Berlin zeigen sich die Veränderungen im Techno-Genre; da hast du so eine Veranstaltung wie die Love Parade, die ihrer politischen Kraft komplett entleert wird.
Das kritisieren wir auch in unserem Buch. Wir kehren den Blick um: Ja, wir können uns angucken, was auf gut Deutsch scheiße läuft. Wir können aber auch Schwarze europäische Geschichte anschauen und diese sichtbar machen. Das war eine Verschiebung, die uns wichtig war. Nicht zu sagen: "Alles ist scheiße!", sondern: "Vieles ist scheiße, aber es gibt halt zwischendurch auch Gutes, mit dem wir vor allem unsere Communities empowern können".
Unser nächster Schritt ist, daraus eine Digital Platform zu machen. Wir haben gerade die Förderung erhalten und sind in Europa unterwegs, um die Inhalte zu digitalisieren.
Sie sprachen auch über strukturellen Rassismus im akademischen und schulischen Bereich und wie man gegen ein solches Unbewusstsein angehen kann.
Natasha A. Kelly: Ich finde es wichtig, dass in der Amerikanistik auch Schwarze Literatur gelesen wird, aber das ist eben Schwarze Literatur aus den USA. Das Schwarzsein wird aber in einem deutschen Kontext immer nur im Kontext der USA gelesen. Als wäre das Schwarzsein ein Importprodukt gewesen. Als ob Schwarze Geschichte in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg beginnt. Das kritisiere ich, weil Schwarze deutsche Geschichte sehr viel weiter zurückgeht.
Mein neues Buch, das im August erscheint, heißt "Schwarz. Deutsch. Weiblich". Darin bin ich Schwarzen deutschen Frauen auf die Spur gegangen und verwebe ihre Geschichten mit autobiographischen Erzählungen.
Die älteste Frau, die ich gefunden habe, lebte 1685: Juliana Rosina. Sie lebte am Hof in Wolfenbüttel, am selben Hof wie Anton Wilhelm Amo. Amo dürfte inzwischen mehreren Leuten bekannt sein. Er durfte als Schwarzer Versklavter lesen und schreiben lernen, was allerdings ein Experiment war.
Der Fürst von Wolfenbüttel wollte sehen, ob Schwarze überhaupt lesen und schreiben können. Deswegen wurde er zur Schule zugelassen. Er hat später philosophische Bücher geschrieben und wurde der erste Schwarze Professor an einer deutschen Universität.
Von Juliana Rosina wissen wir gar nicht so viel, weil es bislang keinen Raum für Forschung zu ihr gab. Ich wollte also mit meinem neuen Buch zeigen, dass es auch eine lange Geschichte von Schwarzen Frauen in Deutschland gibt. Anhand verschiedener Biographien, die durchweg seit dem 17. Jahrhundert bis heute rekonstruierbar sind, entsteht eine etwas andere deutsche Erzählung.
Ich möchte damit zeigen, dass die Black Studies und auch der Schwarze Feminismus in einem deutschen Kontext eine Eigenständigkeit haben können. Es geht nicht nur darum, zu erforschen, was in den USA oder in einem anderen Teil der Welt passiert, sondern explizit, wie sich das Schwarzsein in Deutschland ausgeprägt hat.
Wollen Sie das auch in einen institutionellen Rahmen überführen?
Natasha A. Kelly: Ja. Das tue ich bereits. In verschiedenen Kontexten. In Düsseldorf beispielsweise unterhält unser Verein, Black German Arts and Culture e.V., eine Studiobühne. Durch praktische Arbeit und durch Performances wird dort ab Herbst Schwarze Ästhetik im deutschen Kontext überhaupt definiert werden. Es gab bisher nie Räume, nie Ressourcen, nie Einrichtungen, um überhaupt Schwarze Geschichte, Schwarze Ästhetik und Schwarze Kultur in einem deutschen Kontext aufzuspüren. Das wollen wir nun ändern.
Besten Dank für dieses interessante Telefonat.
Natasha A. Kelly: Gerne.

Hinweis: Das Adjektiv "Schwarz" wird großgeschrieben, weil es sich um eine politische Selbstbezeichnung handelt, die rassistische Fremdzuschreibungen ablöst.


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