Selenskyj-Berater: "Ihr werdet um die Ukraine weinen und Konzerte geben"
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Ukraine am Abgrund: Kampf um Souveränität fraglich. Britischer Ukraine-Korrespondent mit ernüchterndem Bericht aus Kiew. Hier seine Einschätzung.
Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Beginns des Angriffskrieges der russischen Armee gegen die Ukraine werde es für Kiew "immer schwieriger, seine Souveränität auf dem Schlachtfeld durchzusetzen", schreibt der Korrespondent der britischen Tageszeitung Times, Marc Bennetts. Die Hoffnung auf einen schnellen Sieg schwinde. Es gehe nur noch darum, weitere Gebietsverluste zu verhindern.
Von Kapitulation ist nicht die Rede, aber Präsident Selenskyj, seine militärischen Befehlshaber und die Bewohner der zerbombten Dörfer stehen vor der beunruhigenden Ungewissheit, wie viele Jahre Krieg die Ukraine noch ertragen muss, bis Russland von ihrem Territorium vertrieben und die Bombardierung ihrer Städte beendet ist.
Marc Bennetts
Experten wie Oberst Roman Kostenko warnten vor der Illusion eines militärischen Sieges. "Im Moment ist ein Sieg auf dem Schlachtfeld sehr unwahrscheinlich. Dieser Krieg kann Jahre dauern. Russland hat die Ressourcen dafür und sein Volk wird ihn durchhalten", sagte Kostenko der Times.
Die Stimmung in der Ukraine sei eher von "grimmiger Akzeptanz als von Defätismus" geprägt. Eine Kapitulation stehe nicht zur Debatte, aber die Hoffnung auf einen schnellen Sieg, die es im vergangenen Jahr noch gegeben habe, sei kaum noch vorhanden.
Moskau hat die Rüstungsproduktion hochgefahren, die Fabriken arbeiten rund um die Uhr. Dem Kreml ist es auch gelungen, seine Streitkräfte durch Mobilisierung und eine militärische Rekrutierungskampagne aufzustocken, obwohl er massive Verluste erlitten hat, die auf 90 Prozent der Größe der Armee geschätzt werden, die letztes Jahr in die Ukraine einmarschiert ist.
Ukrainische Generäle berichteten diese Woche von einer russischen Offensive im Osten. Die ukrainischen Truppen müssten die Militäroperationen wegen Artilleriemangels reduzieren.
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Das Ausmaß der ukrainischen Verluste wird geheim gehalten, aber es wird nicht mehr versucht zu verbergen, dass die Opferzahl enorm ist. "Ich gebe den Neuen nicht einmal mehr eigene Kampfnamen. Die meisten halten ohnehin nicht lange durch", sagt ein ukrainischer Soldat in der Region Charkiw, der namentlich nicht genannt wurde.
Mychajlo Podoljak, einer der wichtigsten Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, beklagte gegenüber der Times, der Westen habe Kiew nicht rechtzeitig die nötige militärische Unterstützung gewährt. Er warnte vor einer "Demütigung" der USA, sollte der Kreml in der Ukraine siegen. "Putin hat das Blut der Demokratie gekostet, nicht nur in der Ukraine, sondern weltweit. Solange sie nicht zerstört ist, wird er weitermachen", zitiert die britische Zeitung Podoljak.
Der Präsidentenberater zeigte sich enttäuscht darüber, dass sich die Bewilligung neuer Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar in Washington wegen Einwänden der Republikanischen Partei verzögert.
Sarkasmus aus Kiew
Auch die Zukunft der Militärhilfe der Europäischen Union steht infrage, nachdem Ungarn sein Veto gegen ein 50-Milliarden-Euro-Paket eingelegt hat. Podoljak reagierte mit Sarkasmus:
Das ganze Land wird vor ihren Augen zerrissen werden, wenn keine Lösung erreicht wird – und ihr werdet alle weinen und sagen: "Die Ukrainer tun mir so leid, die jetzt keinen eigenen Staat haben, weil sie in Scharen massakriert wurden. Lasst uns ein Konzert für sie veranstalten." Das ist ein normaler Ansatz, wenn Sie das mögen, sind wir nicht dagegen. Sehr humanitär.
Noch glaube der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow, dass Washington Kiew nicht im Stich lassen werde, schreibt Bennets.
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