Signal an Erdogan: USA kippen Waffenembargo für Zypern

Soldaten der Republik Zypern. Bild: Leonid Mamchenkov, CC BY 2.0
Waffenlieferungen waren 1987 eingestellt worden. Rüstungswettlauf mit türkisch besetztem Norden befürchtet. Der Ukraine-Krieg schafft auch hier neue Fakten.
Die USA haben ein bisher bestehendes Waffenembargo gegenüber der Republik Zypern vollständig aufgehoben. Bereits im Jahr 2020 waren diese Sanktionen unter der damaligen Regierung von Donald Trump für nicht letale Waffensysteme zurückgenommen worden [1].
Die Insel ist seit einer türkischen Invasion im Juli und August 1974 gespalten. Während im Süden die Republik Zypern weiterbesteht, hält die Türkei seit der Invasion die von der UNO nicht anerkannten "Türkische Republik Nordzypern".
Das Embargo hatte seit 1987 Bestand. Es war verhängt worden, um einen Rüstungswettlauf auf der geteilten Insel zu verhindern. Allerdings hatte die Republik Zypern statt US-amerikanischer Waffen zunächst sowjetische und dann russische Militärtechnik eingekauft.
Jährliche Überprüfung der Bündnistreue
Ab dem 1. Oktober kann Zypern nun Waffen in den USA einkaufen [2]. In der entsprechenden Erklärung des Außenministeriums in Washington wird betont, dass die Aufhebung des Embargos jährlich überprüft wird und an Bedingungen geknüpft ist.
So muss die Regierung Zyperns weiterhin "mit der Regierung der Vereinigten Staaten zusammenarbeiten, um Reformen der Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzaufsicht umzusetzen". Ferner soll sie, wie bereits jetzt, russischen Militärschiffen den Zugang zu Häfen zum Auftanken und zur Wartung verweigern.
Die Türkei verurteilte die Aufhebung des Rüstungsembargos durch die USA und sieht darin den Beginn eines neuen Rüstungswettlaufs [3]. Das türkische Außenministerium betonte:
In jedem Fall wird die Türkei als Garantieland im Einklang mit seiner rechtlichen und historischen Verantwortung weiterhin mit allen Mitteln die notwendigen Schritte zur Wahrung von Existenz, Sicherheit und Frieden der türkischen Zyprioten unternehmen.
Die Republik Zypern ist nicht Mitglied der Nato. Sie ist mit dem westlichen Verteidigungsbündnis allerdings auf verschiedene Weise verbunden. So sind in der Republik Truppen des Nato-Mitgliedsstaates Griechenland stationiert. Das Vereinigte Königreich unterhält exterritoriale Militärstützpunkte auf der Insel.
Auf Initiative des US-Senators Bob Menendez wurde die Inselrepublik mit dem East Med Security and Energy Partnership Act im Jahr 2019 [4] zum geopolitischen Verbündeten der USA. Auch beim Kampf gegen den Islamischen Staat kooperierte Zypern mit den USA.
Schließlich ist die Entscheidung der USA zur Beendigung des Embargos auch ein Signal in Richtung Türkei, deren Bündnistreue vor dem Hintergrund des Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine angezweifelt wird. Der Türkei wurden für den Fall einer weiteren Vertiefung der Zusammenarbeit mit Russland weitere Sanktionen angedroht [5].
Bereits jetzt sind wegen des Einkaufs von russischen S-400 Raketensystemen die Waffenexporte der USA in die Türkei ausgesetzt [6].
Zypern, die Nato und Ankara: Historisch komplexe Situation
Die Insel Zypern ist seit einem von den griechischen Diktatoren am 15. Juli 1974 initiierten Militärputsch und dem anschließenden militärischen Eingreifen der Türkei (19. Juli 1974) geteilt. Die Türkei, neben Griechenland und dem Vereinigten Königreich Garantiemacht der Inselrepublik, hält seit 1974 rund 38 Prozent der Insel besetzt.
Der türkisch besetzte Nordteil bildet die international nicht anerkannte "Türkische Republik Nordzypern [7]. Das Gebiet gehört de jure zur Europäischen Union. Die angestammten Bürger haben ein Anrecht auf Pässe der Republik Zypern und damit Zugang zur EU.
Indes betrachtet die Türkei den besetzten Norden der Insel als Teil des eigenen Staatsgebietes [8]. Seit 1974 sind alle Versuche zur Wiedervereinigung der Insel gescheitert. Ein Inselweites Referendum zu einem Einigungsplan der UNO unter beiden Bevölkerungsgruppen scheiterte 2004.
Die griechischsprachige Bevölkerungsgruppe sah sich durch den sogenannten Annan-Plan benachteiligt (http://ikee.lib.auth.gr/record/132689). Die türkische Seite, auf der dem Plan mehrheitlich zugestimmt wurde, wurde durch die Ablehnung der anderen Seite nicht überrascht (https://www.deutschlandfunk.de/ausgang-des-zypern-referendums-nicht-ueberraschend-100.html).
Die Griechen sehen die USA im Konflikt in einer besonderen Verantwortung. Schließlich werden sie für den Auslöser der Teilung – die Obristendiktatur in Athen (1967-1974) – unmittelbar verantwortlich gemacht [9].
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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.kathimerini.gr/politics/1094206/arsi-empargko-oplon-apo-ipa-gia-tin-kypro/
[2] https://www.state.gov/lifting-of-defense-trade-restrictions-on-the-republic-of-cyprus-for-fiscal-year-2023/
[3] https://www.mfa.gov.tr/no_-288_-abd-nin-gkry-ye-yonelik-silah-ambargosunu-kaldirma-karari-hk.en.mfa
[4] https://trackbill.com/bill/us-congress-senate-bill-1102-eastern-mediterranean-security-and-energy-partnership-act-of-2019/1739837/
[5] https://www.euractiv.com/section/global-europe/news/turkey-plays-down-us-sanctions-threat-over-russia-ties/
[6] https://gr.usembassy.gov/the-united-states-sanctions-turkey-under-caatsa-231/
[7] https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/zypern-node/zypernsicherheit/210258
[8] https://www.rnd.de/politik/tuerkei-bezeichnet-nordzypern-als-inland-tourismus-als-argument-ZCM4GV5AXJGZXMBF47ZLN3QBHA.html
[9] https://taz.de/!1867340/
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