Skandal-Bericht über Nord-Stream-Anschläge: Mediale Grabenkämpfe
Seite 2: Wie Telepolis mit dem Bericht von Seymour Hersh über die Nord-Stream-Anschläge umgeht
- Skandal-Bericht über Nord-Stream-Anschläge: Mediale Grabenkämpfe
- Wie Telepolis mit dem Bericht von Seymour Hersh über die Nord-Stream-Anschläge umgeht
- Journalismus: Eine Quelle ist eine Quelle ist eine Quelle
- Auf einer Seite lesen
Es war der Aufreger der Woche: Der US-Enthüllungsjournalist Seymour Hersh veröffentlichte am Mittwoch auf der US-amerikanischen Onlineplattform Substack, die sich in den USA in den vergangenen Jahren zu einer verlagsunabhängigen Publikationsmöglichkeit entwickelt hat, einen ausführlichen Artikel mit einer aufsehenerregenden These: Die USA seien für den Anschlag auf die Nordstream-Pipelines im vergangenen Jahr verantwortlich.
Die Reaktionen waren polarisiert: In Deutschland griffen alternative Medien Hershs Artikel sofort auf, darunter das konservative Portal Tichys Einblick. Die linken Nachdenkseiten veröffentlichten den Text in voller Länge. Mit leichter Verzögerung folgte dann eine Reaktionswelle der etablierten Medien, des Mainstreams. Von dieser Seite wurde der Artikel weitgehend ablehnend behandelt, teilweise diskreditiert, wie Telepolis-Autor Sebastian Köhler und unser Redakteur Thomas Pany berichten.
Auch bei Telepolis haben wir umgehend über den Umgang mit dem Artikel von Hersh, einem der renommiertesten investigativen Journalisten der USA, diskutiert. Am Mittwoch haben wir uns zunächst dagegen entschieden, den Artikel zu übernehmen oder gar zu übersetzen, da die Authentizität unklar war: Der Artikel war als erster und einziger Text auf Hershs Substack-Seite erschienen. Es hätte eine Fälschung sein können. Eine kurzfristige Kontaktaufnahme mit dem Autor über unsere Partnerredaktionen in den USA führte zu keinem Erfolg.
Nachdem US-amerikanische und britische Medien die Echtheit des Artikels dann aber bestätigten und die Berichterstattung dort in Gang gekommen war, griffen auch wir das Thema auf. Eine Übersetzung und Veröffentlichung des gesamten Artikels wäre für Telepolis aber auch zu diesem Zeitpunkt nur nach Rücksprache mit dem Autor in Frage gekommen.
Denn in einem Absatz über den amtierenden Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg heißt es, dieser habe "seit dem Vietnamkrieg" für die CIA gearbeitet. Solche Vorwürfe gegen Personen müssen konkret belegt und gegebenenfalls nachgeprüft werden.
Fragwürdig erscheint die Aussage auch deshalb, weil Stoltenberg 1959 geboren wurde und der Vietnamkrieg spätestens 1975 endete. Die Frage ist also, auf welchen Zeitraum sich die Aussage bezieht und auf welche Informationen sich Hersh bezieht – all das hätte geklärt werden müssen.
Doch der Passus, den die linksliberale tageszeitung als Begründung anführte, warum sie den Artikel nicht veröffentlicht hätten, wenn sie ihn angeboten bekommen hätte (was aber nicht der Fall war), dient unserer Meinung zugleich nicht dafür, die zentrale Thesen des Berichts als unseriös zu bewerten.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.