Solarparks auf Ackerland: Wenn Klimaschutz zum nachhaltigen Problem wird

Die Energiewende setzt auf Wind- und Sonnenenergie. Doch Solarparks benötigen FlĂ€chen, die vorher landwirtschaftlich genutzt wurden. Warum das Dilemma gröĂer wird.
Solaranlagen sind ein zentraler Baustein der Energiewende. Um sie zu fördern, hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr das Solarpaket 1 auf den Weg gebracht, das nun auch den Bundesrat passiert hat.
Bundesregierung fördert Solarenergie mit ehrgeizigen Zielen
Die Ziele sind [1] ehrgeizig: In diesem Jahr sollen 13 Gigawatt (GW) Solarleistung neu installiert werden. Im Jahr 2025 sollen es bereits 18 GW und ab 2026 22 GW sein. Die HÀlfte des Zubaus soll auf FreiflÀchen, die andere HÀlfte auf DÀchern erfolgen.
Problematisch beim Ausbau der Solarenergie ist primÀr, dass immer mehr AckerflÀchen verbraucht werden, was auch die Pachtpreise in die Höhe treibt. Die Bundesregierung will den Ausbau jedoch ohne zusÀtzlichen Verbrauch landwirtschaftlicher FlÀchen erreichen, z. B. durch Agri-PV-Anlagen [2], die eine Doppelnutzung der FlÀchen gewÀhrleisten.
Nachhaltigkeitsfrage: Solaranlagen auf FreiflÀchen
Dennoch bleibt die Frage nach der Nachhaltigkeit von Solaranlagen auf FreiflÀchen, wie ein Bericht von Reuters zeigt. Die Nachrichtenagentur beschreibt den FlÀchenfraà in den USA, wo hochwertige Böden mit Solarparks bebaut werden.
Angelockt von gĂŒnstigen GrundstĂŒckspreisen, der Anbindung an wichtige Stromleitungen und einer FĂŒlle von wirtschaftlichen Anreizen erobert die Solarindustrie den Mittleren Westen der USA. Und sie schĂ€digt die Böden, wie Wissenschaftler, Landwirte und Behörden warnen.
Fallbeispiel: Massive Erosion durch Solarpark in Indiana
Grund sind die dort ĂŒblichen Praktiken beim Bau von Solarparks: GroĂe FlĂ€chen werden planiert und zum Teil mit feinem Sand bedeckt. Die US-Umweltschutzbehörde warnte deshalb vor einer starken Erosion, bei der fruchtbarer Boden weggespĂŒlt wird.
So geschehen in dem Fall, ĂŒber den Reuters ausfĂŒhrlich berichtete [3]. Ein Landwirt in Indiana verpachtete rund 445 Hektar seines Landes an einen Solarparkbetreiber, eine Tochterfirma des NextEra-Konzerns.
Prognose: Zunehmende Solarprojekte auf fruchtbarem Ackerland
Dieser ebnete die Felder ein, was zu massiver Erosion fĂŒhrte. Der fruchtbare Mutterboden wurde schlieĂlich von gelbbraunem Sand bedeckt, auf dem keine Pflanzen mehr wachsen. AbhilfemaĂnahmen will das Unternehmen erst prĂŒfen, wenn der Vertrag auslĂ€uft â im Jahr 2073.
Die meisten neuen Solarprojekte in den USA entstehen auf Acker- und Weideland. Das prognostizieren laut Reuters Forscher des American Farmland Trust, einer gemeinnĂŒtzigen Organisation zum Schutz von Ackerland. Fast die HĂ€lfte davon werde auf "dem besten Land der Nation fĂŒr die Produktion von Nahrungsmitteln, Fasern und anderen FeldfrĂŒchten" liegen.
Deutschland und das Dilemma der FlÀchenkonkurrenz
Deutschland steht vor einem Ă€hnlichen Dilemma: Aus KlimaschutzgrĂŒnden werden FlĂ€chen fĂŒr Solarparks benötigt, aber auch hierzulande geht dafĂŒr Ackerland verloren. Im Jahr 2021 waren bereits rund 32.000 Hektar mit Solaranlagen bebaut. Um die Ausbauziele bis 2030 zu erreichen, werden weitere 63.000 Hektar benötigt.
FĂŒr die Landwirte ist diese Entwicklung nicht von Vorteil. Das gilt fĂŒr die USA ebenso wie fĂŒr Deutschland. In der Bundesrepublik werden durchschnittlich 274 Euro Pacht pro Hektar und Jahr gezahlt. Pachtangebote fĂŒr Solarparks [4] liegen dagegen bei ĂŒber 2.500 Euro pro Hektar und Jahr.
In den fruchtbaren Gegenden der USA zahlen Landwirte den Landbesitzern durchschnittlich 251 US-Dollar Pacht pro Acre (0,4 Hektar) und Jahr. Die Pacht fĂŒr Solarparks liegt dagegen zwischen 900 und 1.500 US-Dollar pro Acre und Jahr â mit jĂ€hrlichen Steigerungen.
Ausblick: FlÀchenkonkurrenz und landwirtschaftliche Produktion
Die FlĂ€chenkonkurrenz dĂŒrfte sich daher in Zukunft weiter verschĂ€rfen. Sollen die Ausbauziele fĂŒr Solarenergie in den USA bis 2050 erreicht werden, werden etwa fĂŒnf Prozent der GesamtflĂ€che benötigt. Es kommt also darauf an, welche FlĂ€chen in Zukunft genutzt werden. Sind es die fruchtbaren Böden, dĂŒrfte die landwirtschaftliche Produktion des Landes deutlich zurĂŒckgehen.
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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/solarpaket-photovoltaik-balkonkraftwerke-2213726
[2] https://www.telepolis.de/features/Robert-Habeck-wuenscht-sich-Pflanzenbau-und-Tierzucht-unter-Solardaechern-9226652.html
[3] https://www.reuters.com/world/us/solar-capacity-grows-some-americas-most-productive-farmland-is-risk-2024-04-27/
[4] https://www.agrarheute.com/management/finanzen/solaranlagen-ackerland-flaechenfrass-exorbitante-pachtpreise-600993
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