Steigende Energiekosten: Habeck lehnt Preisdeckel für Erdgas ab

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Eine Kostenexplosion für Verbraucher scheint kaum noch abzuwenden sein. Der Bund will mit einem Gesetz gegensteuern, doch Gas bleibt knapp. Auch weil Habecks LNG-Pläne zu scheitern drohen.

Erdgas ist einer der wichtigsten Energieträger in der Bundesrepublik und sein Preis stieg zuletzt immer weiter an. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht davon aus, dass er noch deutlich steigen wird.

Verbraucher müssen sich deshalb darauf einstellen, dass sie künftig tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Bundesregierung wird vermutlich nicht zu Hilfe eilen. Der Staat könne die steigenden Preise nicht vollständig auffangen, sagte Habeck am Mittwoch am Rande der Münchner Handwerksmesse.

Die Preissteigerungen seien ein "externer Schock" und das Land werde Folgen "in der einen oder anderen Form tragen müssen", betonte er.

Zuvor war die Idee aufgekommen, der Staat könnte für Verbraucher einen Preisdeckel einführen. Doch dieser Idee gab Habeck eine Abfuhr, denn sie sende das falsche Signal: "Eine Deckelung der Preise wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, haut raus, was ihr wollt", so Habeck.

Dass es sich bei den steigenden Preisen um einen "externen Schock" handeln solle, ist in dieser Form nicht ganz korrekt. Die westlichen Sanktionen haben ebenfalls dazu beigetragen, dass der Gasfluss aus Russland gedrosselt werden musste.

Gazprom hatte den Schritt mit einer fehlenden Gasturbine in der Kompressorstation Portovaya in der Nähe von St. Petersburg. Siemens Energy hatte sie in Kanada gewartet, doch nun hängt sie dort wegen der westlichen Sanktionen fest. Ob sich damit eine Drosselung auf 40 Prozent der vereinbarten Gasmenge begründen lässt, sei dahingestellt.

Bund will Pleite deutscher Gasimporteure abwenden

Für die deutschen Gasimporteure ist dadurch eine brenzlige Lage entstanden: Die fehlenden Gasmengen müssen sie seitdem teuer auf dem Gasmarkt kaufen, können aber nicht gleichzeitig die hohen Kosten auf die Verbraucher abwälzen. Allein Uniper, Deutschlands größter Gashändler, verliert dadurch rund 900 Millionen im Monat, schätzten Experten. Und von Uniper sind hunderte Stadtwerke, Energieversorger und Firmen abhängig.

Angesichts dessen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag gewarnt, bei den Versorgern könnte ein Zusammenbruch im Stil der Großbank Lehmann Brothers bevorstehen könnte. Dem will die Bundesregierung jetzt mit einer Reform des Energiesicherheitsgesetzes begegnen. Der soziale Sprengstoff der Preissteigerungen bleibt dennoch.

Mit dem Gesetz will der Bund die Versorger stärken, ohne dass diese gleich die Mehrkosten an die Verbraucher weiterreichen können. Mit einigen Maßnahmen soll es dem Bund erleichtert werden, sich direkt an den Unternehmen zu beteiligen.

So soll der Bund zum Beispiel von der Pflicht freigestellt werden, hieß es im Handelsblatt, ein Übernahmeangebot an alle Aktionäre abzugeben, sobald er die Kontrolle erlangt. Stille Einlagen würden auch möglich, ohne dass die Hauptversammlung zustimmen muss. Außerdem könnte die Hauptversammlung beschließen, dass der Bund neue Aktien mit Sonderkonditionen unterhalb des Aktienkurses beziehen kann.

Diese Maßnahmen würden natürlich nur helfen, wenn der Gasfluss aus Russland nicht versiegt; alles andere würde den Bund an seine Grenzen bringen. Dann wäre es wohl unumgänglich für die Versorger, dass sie ihre Mehrkosten an die Verbraucher weiterreichen.

Das ist bereits jetzt möglich, wenn vom Bundeswirtschaftsministerium die Alarmstufe oder Notfallstufe ausgerufen und zusätzlich von der Bundesnetzagentur "eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland" festgestellt wurde. Nach welchen Kriterien die Bundesnetzagentur urteilt, wollte sie auf Anfrage nicht erklären. Ein Sprecher sagte lediglich: "Maßgeblich ist hier eine Gesamtbewertung der Importmengen".

In der Praxis würde das dazu führen, dass manche Verbraucher stärker belastet würden als andere, da die Kostensteigerung davon abhängt, wie viel Erdgas teuer am Markt eingekauft werden muss. Mit der Reform sollen die Verbraucher "geschützt" werden, indem sämtliche Verbraucher "solidarisch" an den Mehrkosten beteiligt werden.

Über ein Umlageverfahren sollen sämtliche Mehrkosten aller Importeure gleichmäßig aufgeteilt und auf sämtliche Kunden verteilt werden. Erst wenn das nicht zum gewünschten Ziel führt, soll es den Unternehmen möglich sein, ihre Mehrkosten direkt auf ihre Kunden abzuwälzen, wie es bislang im Gesetz festgehalten ist.

Habeck LNG-Pläne sind wohl nicht realistisch

Die Deutschen müssen sich auf das schlimmste Szenario gefasst machen: Habecks Pläne, die Bundesrepublik mit Lieferungen von verflüssigtem Erdgas (LNG) zu versorgen, entpuppen sich zunehmend als Luftschloss.

Dreizehn Milliarden Kubikmeter Erdgas sollen im ersten Halbjahr 2023 per Tanker nach Deutschland geliefert werden – doch es fehlen die Tanker.

"In der deutschen Handelsflotte gibt es keine Gastanker, die LNG über Langstrecken transportieren können", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Reeder, Martin Kröger, der Bild-Zeitung vom Mittwoch. "Weltweit stehen insgesamt knapp 500 LNG-Tanker zur Verfügung, allerdings ist die Nachfrage aus anderen Regionen der Welt hoch."