"Straßenblockaden bekommen unter allen Aktionsformen am meisten Aufmerksamkeit"
Seite 2: "Thema Umweltschutz erfährt gesellschaftlichen Aufschwung"
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- "Thema Umweltschutz erfährt gesellschaftlichen Aufschwung"
- Klimagerechtigkeit geht nicht ohne soziale Gerechtigkeit
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Bei den Grünen ist ja aber gerade ein Riss durch die Partei festzustellen. Teile der Klimabewegung wenden sich ab nach der AKW-Entscheidung, die auf dem Parteitag nur sehr knapp durchkam, und dem Lützerath-Streit. Gibt es nicht gerade eine unübersehbare Spaltung in der Umweltbewegung?
Lina Johnsen: Medial sehen wir, dass das Thema Umweltschutz gerade wieder einen gesellschaftlichen Aufschwung erfährt. Auch wenn es Bedenken gibt, dass Leute sich abwenden würden: So schafft der Widerstand einen Diskurs in der Gesellschaft, in dem Leute sich positionieren müssen. Und egal, ob sie gegen oder für die Aktionsformen sind, so sind die meisten für die Forderungen und noch viele mehr für das Leben.
Eine Positionierung zu der Notwendigkeit der Aktionen, die den Schutz unserer Lebensgrundlagen einfordern, ist besser als Resignation und Ignoranz des drohenden Kollapses.
Somit sehe ich weniger einer Spaltung als einem Zusammenschluss entgegen, denn genau darum geht es – eigentlich wollen wir alle in dieselbe Richtung, nur verlieren wir uns im Streit darüber, wie wir den Berg erklimmen und ob wir alle dabei lächeln sollten, anstatt anzufangen, ihn zu besteigen. Und das haben wir jetzt schon viel zu lange gemacht: Das Zeitfenster, in dem wir noch loslaufen können, bevor die Lawine uns überrollt, schließt sich mit jedem Jahr, jedem Monat, jedem Tag.
Sie fordern auch weiterhin ein Tempolimit. Ist das in Deutschland besonders nicht eine heilige Kuh und ist das wirklich notwendig?
Lina Johnsen: Ja, wir fordern ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde. Es ist absolut absurd, dass Deutschland das einzige Land ist, dass lieber an dieser heiligen Kuh festhält. Steht das als Zeichen unserer verschwenderischen und rücksichtslosen Mentalität?
Die Klimakatastrophe, die wir mit Vollgas befeuern, hat zur Folge, dass Menschen auf Inselstaaten ertrinken, Menschen in Dürren verhungern und verdursten. Ein Tempolimit kostet nichts und weniger Menschenleben, kann über Nacht eingeführt werden und spart zudem CO2 ein. Bei einem Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde würden wir nach Angaben des Umweltbundesamtes 4,3 Millionen Tonnen pro Jahr einsparen.
Ihre Aktionen fokussierten sich zuletzt vor allem auf die Autoindustrie und einzelne Luxus-Autogeschäfte, ausgehend von der Forderung nach einem Tempolimit. Stehen Sie der Wirtschaft und dem Warenverkehr destruktiv gegenüber?
Lina Johnsen: Dass unsere Wirtschaft nur mit fossilen Energieträgern funktionieren kann, ist ein Trugschluss. Das sehen wir zum Beispiel an den vielen freien Arbeitsplätzen in der Solarindustriebranche.
Gerade Energieökonom:innnen wie Claudia Kempfert sagen, dass ein riesiges Potenzial in der Transformation auf erneuerbare Energien liegt. Sie ist ja auch viel billiger. Wie kann es also sein, dass wir weiterhin in fossile Energien, die uns in die Klimakatastrophe führen, investieren?
Ferner ist unsere Vision, dass wir uns als Gesellschaft grundlegend anders aufstellen – ein guter Buchtipp, welcher eine wissenschaftliche Möglichkeitsbetrachtung beinhaltet, ist "Earth for All".
Das alte System ist todbringend und das wissen wir, auch wenn wir es gerne verdrängen. Es ist höchste Zeit, dass wir als Gesellschaft zusammenkommen und uns die Frage stellen: Wollen wir mit diesem unfairen System in die Vernichtung menschlicher Zivilisation gehen? Oder wollen wir gemeinsam alles daran legen, etwas Neues aufbauen, bei dem unser aller Wohlergehen im Vordergrund steht und nicht der Profit einiger weniger?
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