Streit um ukrainisches Getreide eskaliert – und gefährdet Solidarität mit Kiew
Seite 2: Wahl in Polen entscheidet auch über weitere Ukraine-Hilfen
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- Wahl in Polen entscheidet auch über weitere Ukraine-Hilfen
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Es ist ein offenes Geheimnis, dass Polens harte Haltung auch durch innenpolitische Erwägungen begründet ist. Am 15. Oktober wird dort gewählt und die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) könnte es schwierig haben, eine Mehrheit für eine dritte Amtszeit zu erhalten. Und die polnischen Landwirte gehören in erheblichem Maße zur PiS-Basis.
Dass sie ihre Proteste lautstark auf die Straße tragen können, haben die Bauern in der Vergangenheit schon gezeigt. In Bulgarien, einem weiteren Anrainerstaat zur Ukraine, blockierten die Landwirte jetzt erst Straßen mit ihren Traktoren und auch Grenzkontrollstellen. Sie fordern von der Regierung in Sofia, das Importverbot für Getreide, Sonnenblumenöl, Trockenmilch und Tiefkühlfrüchte aus der Ukraine zu verlängern.
Die Regierung in Polen hätte im Falle eines Nachgebens nicht nur mit solchen Protesten zu tun, sondern auch mit einem nachhaltigen Rechtstrend. Dort hat die rechtsextreme Partei "Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit" gute Chancen, an Stimmen zuzulegen. Und das könnte zu einer noch größeren Belastungsprobe für das Verhältnis Polens zur EU und zur Ukraine werden.
Auf die Ankündigung Kiews, Polen verklagen zu wollen, schlug der Vorsitzende der Konföderation, Slawomir Mentzen, laut Reuters sarkastisch vor, Warschau werde jetzt wahrscheinlich das Kindergeld der Ukrainer erhöhen und "kostenlose Kredite für den Kauf von Wohnungen in Polen anbieten".
Dass Kiew gegenüber Polen nicht zu weit gehen sollte, zeigt auch der Stimmungsumschwung in der Bevölkerung. Gegenüber ukrainischen Flüchtlingen sei man in Polen bislang insgesamt positiv eingestellt gewesen, heißt es bei Reuters. Man habe auch die Kriegsanstrengungen Kiews fast einhellig unterstützt. Doch Untersuchungen zeigten nun, dass sich kritische Ansichten immer mehr durchsetzten.
Umfragen hätten aber auch gezeigt, dass die PiS nach den Wahlen wohl stärkste Kraft im Parlament bleiben wird. Sollte sie aber Stimmen an die Konföderation verlieren, deren Wähler ähnliche Werte teilen wie die PiS-Wähler, dann könnte es aber nicht für eine Mehrheit reichen. Ihr gegenüber stünde dann ein Block aus EU-freundlichen und liberalen Parteien. Als Option für eine Regierungsbildung bliebe der PiS dann wohl nur noch, die rechtsextreme Konföderation einzubinden.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Unterstützung der Ukraine durch Polen von einem erfolgreichen Wahlkampf der PiS abhängen dürfte.
"Der Ton der Kommunikation im Regierungslager hat sich geändert, aber die Hauptbotschaft bleibt unverändert: Wir unterstützen die Ukraine", sagte ein Beamter gegenüber Reuters, der anonym bleiben wollte. Er sagte weiter:
So seltsam es auch klingen mag, die Änderung des Tons zielt darauf ab, die Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten, und ist notwendig, weil eine gewisse Ermüdung und bestimmte Kosten in der Gesellschaft zu spüren sind, und eine einseitige Botschaft würde diesen Stimmungsumschwung unterstützen, so dass ein Ausgleich nötig ist, um etwas Dampf abzulassen.
Und jetzt stehen Brüssel, Berlin und Kiew vor der Wahl: Versucht man weiterhin mit dem Kopf durch die Wand zu kommen, fördert man Rechtsextremisten und schwächt die Solidarität mit der Ukraine. Oder zeigt man sich kompromissbereit und nimmt man kurzfristig Einbußen in Kauf, um das Bündnis auf längere Sicht zu stärken.
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