Strompreise könnten sich "im Idealfall nur verdoppeln"

Eine grundlegende Reform des Strommarktes lässt auf sich warten. Die Bundesregierung will mit Entlastungspaket gegensteuern – aber Netzbetreiber schlagen kräftig Gebühren auf.

Die Strompreise in Deutschland kennen im Moment nur eine Konstante: Sie steigen. Das liegt auch daran, dass sich der Börsenpreis noch immer an der teuersten Produktionsart ausrichtet. Wegen der steigenden Gaspreise ist es aktuell die Verstromung von Erdgas.

Für die Verbraucher könnte das im kommenden Jahr teuer werden – wenn der Strommarkt bis dahin nicht reformiert worden sein sollte. Die Stromkosten könnten sich "für Privatkunden im Idealfall nur verdoppeln", heißt es nun beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Dann würde die Kilowattstunde (kWh) Strom etwa 60 Cent kosten – es seien aber auch höhere Preise möglich.

Wann der Strommarkt reformiert wird, ist bislang noch klar. Die Bundesregierung blickt in dieser Frage zur EU-Kommission, die eine europäische Lösung erarbeiten soll. Aber sie lässt sich Zeit.

Am Mittwoch hatte die Behörde von Ursula von der Leyen einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, mit dem das Abschöpfen von Übergewinnen der Energiekonzerne möglich werden soll. Rund 140 Milliarden Euro versucht man auf diese Weise einzunehmen und an die Verbraucher weiterzugeben.

Der Chef des EU-Rats, Charles Michel, ist damit allerdings noch nicht zufrieden. Die Vorschläge der EU-Kommission seien ein guter Anfang, sagte er am Freitag; aber es benötige mehr, um eine Wirkung im Sinne der Bürger zu entfalten.

Das Problem sei, so Michel, dass der Strompreis an den Gaspreis gekoppelt sei. Über dieses Problem habe man schon vor einem Jahr gesprochen. Und vor dem Sommer sei die EU-Kommission damit beauftragt worden, konkrete Vorschläge für die Reform vorzulegen.

Wann das geschehen wird, wusste Michel auch nicht. "Aber ich hoffe, dass so bald wie möglich etwas zu dieser Frage kommt", sagte der Belgier. Es sei aber auf jeden Fall gut, dass die Kommission angekündigt habe, daran zu arbeiten.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Strompreise weiterhin steigen werden.

Im September hätten die Verbraucher im Schnitt 43,9 Cent je kWh zahlen müssen, hieß es am Montag beim Vergleichsportal Check24. Das sei ein Plus von rund 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Im Oktober gehen die Preise demnach für rund 2,2 Millionen Haushalte nach oben. Grundversorger hätten in 119 Fällen Preiserhöhungen angekündigt, heißt es bei Check24 weiter. Im Schnitt würden die Preise um 22,4 Prozent nach oben schnellen.

Vor diesem Hintergrund ist das neue Entlastungspaket der Bundesregierung ein Lichtblick. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte auf Twitter angekündigt, dass der Strompreis für einen Basisverbrauch (Single: 1.400 kWh / Familie: 3.100 kWh) bei 30 Cent je kWh gedeckelt werden solle. Außerdem sollen die Netzentgelte um zwei Cent je Kilowattstunde gesenkt werden.

Eine Familie mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 5.000 kWh würde dadurch um rund 469 Euro entlastet, heißt es bei Check24. Die Rechnung basiert auf den Durchschnittspreisen vom September.

Die Ersparnis bleibt aber nicht erhalten. Denn zum Jahreswechsel sollen die Netzentgelte angehoben werden, berichtete die Bild-Zeitung am Samstag. Um sechs Cent je kWh sollen sie steigen; aktuell liegen sie bei etwa drei Cent je kWh. Für die Musterfamilie wäre das eine Mehrbelastung von 300 Euro.

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