Studie: Ölkonzerne geben Tankrabatt wohl doch weiter
Kommt er nun beim Verbraucher an oder nicht? Das Münchner ifo-Institut sagt jetzt: Ja. Doch mit Kritik spart es auch nicht.
Die Diskussion um den Tankrabatt geht weiter. Zuletzt war noch gesagt worden, er komme beim Bürger nicht an, und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) drohte den Mineralölkonzernen. Nun meldete sich das Münchner ifo- Institut zu Wort und stellte sich schützend vor die Unternehmen: Die Ölkonzerne hätten den Tankrabatt doch zu 85 bis 100 Prozent weitergegeben.
"Beim Diesel haben die Tankstellen ihn zu 100 Prozent weitergegeben, also 17 Cent Steuersenkung je Liter. Beim Super Benzin waren es 29 bis 30 Cent von den 35 Cent Steuersenkung, also 85 Prozent", sagte Florian Neumeier vom ifo-Institut, der die Berechnungen zusammen mit Daniel Stöhlker und dem Präsidenten des Instituts, Clemens Fuest, erstellt hat.
In ihrer Studie verglichen die Wissenschaftler die Entwicklung der Spritpreise in Frankreich vor und nach dem 1. Juni. Sie gingen dabei davon aus, dass sich die Benzinpreise in Deutschland ohne Tankrabatt demselben Trend gefolgt wären wie die französischen Preise. Dort stiegen sie ebenfalls, nur dass dort die Steuern nicht zum 1. Juni verändert wurden.
Als nächsten Schritt schauten die ifo-Ökonomen darauf, wie sich die Preise in Deutschland entwickelt hätten, wenn der Trend aus Frankreich auf Deutschland übertragen würde; also wie sie sich dann ohne Tankrabatt hätten entwickeln müssen. Im Ergebnis hätten die Spritpreise in Deutschland aktuell deutlich höher sein müssen. Da sie es nicht sind, so folgern sie, muss der Steuerrabatt weitergegeben worden sein.
Im Handelsblatt (15.06.2022) wird an diesem Ansatz Kritik geübt. Denn er funktioniert nur, wenn beide Länder vergleichbar sind. Hätte man statt Frankreich Österreich als Vergleich gewählt, dann läge der Effekt des Tankrabatts in Deutschland nur bei etwa zehn statt bei 17 Cent. Das Handelsblatt beruft sich dabei auf den Wiener Ökonomen Harald Oberhofer.
Zu einem anderen Ergebnis als das ifo-Institut war der Wirtschaftswissenschaftler Johannis Schwanitz von der Fachhochschule Münster gekommen. Käme der Tankrabatt bei den Verbrauchern an, hatte er in Welt am Sonntag (WamS) gesagt, dann müsste der Liter Superbenzin E5 um 35,2 Cent billiger sein. Allerdings würden nur zehn Cent beim Verbraucher ankommen und der Rest lande als Übergewinn bei den Ölkonzernen.
Auch das Bundeskartellamt war stutzig geworden. Es hatte festgestellt, dass die Preise vom Rohöl, bei den Raffinerien, im Großhandel und an den Tankstellen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine auseinandergehen. Kurz vor Beginn des Tankrabatts sei der Abstand auf etwa 60 Cent angestiegen. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass die Kosten sinken, die Preise an den Tankstellen aber ansteigen. Der Verdacht eines abgekarteten Spiels lag damit in der Luft.
Die Wissenschaftler vom ifo-Institut halten den Tankrabatt nicht für sinnvoll, obwohl er ihrer Meinung nach an die Konsumenten weitergegeben wird. Fuest begründete das damit, dass er vor allem "Menschen mit höherem Einkommen und höheren Spritausgaben" zugutekomme und nicht den ärmeren Menschen.
Außerdem setze der Tankrabatt seiner Meinung nach falsche Anreize. "Er hält nicht dazu an, weniger Benzin und Diesel zu verbrauchen", so Fuest. Aus ökologischen Gründen wäre das genaue Gegenteil notwendig.