Syrien: Niederlande beendet Unterstützung der Weißhelme und der bewaffneten Opposition
Unterstützt wurde auch eine Gruppe, deren Mitglieder in den Niederlanden als Dschihadisten verfolgt werden, als intransparent werden die Weißhelme bezeichnet
Wie es so geht, wenn Regierungen in einer komplizierten Lage auf eine Schwarz-Weiß-Logik verfallen und den Feind des Feindes zum Freund oder Verbündeten machen, zeigt die niederländische Regierung. Sie hat in Syrien, weil man in der EU, in der Nato und in den USA die Assad-Regierung, die von Russland und Iran unterstützt werden, bekämpft, auf Gruppen der bewaffneten Opposition gesetzt und deren Kampf mit Millionen Euro unterstützt. Natürlich, so wurde vorgegeben, half man nur "gemäßigten" Oppositionsgruppen, die es aber seit Jahren kaum mehr gibt.
Seit Beginn im Jahr 2015, so die Regierung in einem am letzten Freitag veröffentlichten Bericht an das Parlament, flossen "in Absprache mit internationalen Partnern" in das "Stabilisierungs"-Programm der "nicht-letalen Unterstützung" 70 Millionen Euro. Unterstützt wurden 22 Gruppen der bewaffneten Opposition und, man hätte es sich denken können, die Weißhelme, die nur dort tätig sind, wo islamistische Gruppen, allen voran der al-Qaida-Ableger HTS, Gebiete kontrollieren. Gelder wurden als Bargeld, aber auch mit dem Hawala-System an die militanten Gruppen und die Weißhelme transferiert.
Unter den Gruppen war auch die 2014 gegründete Jabbat al-Shamiya oder Levante Front, zu der sich 2014 in Aleppo verschiedene islamistische Milizen zusammengeschlossen hatten. Wie die niederländische Nachrichtensendung Nieuwsuur berichtete, ist das deswegen besonders kurios, weil das Justizministerium selbst sie als "islamistische und dschihadistische" Terrorgruppe bezeichnet, die ein Kalifat errichten will.
So wird ein Niederländer, der Mitglied dieser Gruppe ist, beschuldigt, Mitglied dieser "kriminellen Vereinigung mit terroristischen Absichten" zu sein, die der Staat aber 2017 in Syrien mit Ausrüstung versorgte. Die Aufdeckung, dass der Staat diese Gruppe mit Millionen Euro unterstützte, dürfte der Verteidigung des Angeklagten gerade recht kommen.
Die niederländische Regierung hatte - wie vermutlich auch andere europäische Länder - ein geheimes Programm, "Rebellengruppen" in Syrien gegen Assad zu unterstützen. Da war man sich mit den USA, der Türkei, Saudi-Arabien und anderen einig, die allesamt "gemäßigte" Rebellen unterstützten, um den Vormarsch der syrischen Truppen zu blockieren und Einfluss zu gewinnen. Die Unterstützung der dschihadistischen Islamistengruppe, der man u.a. Kampfanzüge und Fahrzeuge lieferte, bestätigt den Vorwurf Syriens und Russlands, dass auch europäische Länder islamistische Terroristen unterstützen.
Das niederländische Außenministerium schrieb an das Parlament, dass man das Unterstützungsprogramm beendet habe. Seit Ende 2017 seien sie und die Lage in Syrien von der IOB-Abteilung geprüft worden, die im August einen vorläufigen Bericht vorgelegt hat.
Die Gründe dafür sind auch deswegen interessant, weil sich die USA, Frankreich und Großbritannien - CDU/CSU würden sich gerne anschließen -, auf einen erneuten Angriff auf syrische Stellungen vorbereiten, der in Reaktion auf einen Giftgasangriff kommen soll. Dabei wird gar nicht erst gefragt, ob dieser nicht, wie von Russland behauptet, von islamistischen Kämpfern in Idlib inszeniert wird; es geht dabei auch weniger um die Ahnung des möglichen Einsatzes von Chemiewaffen, sondern darum Damaskus daran zu hindern, Idlib wieder unter Kontrolle zu bekommen, wo drei Millionen Menschen leben und sich bis zu 100.000 Kämpfer verschanzt haben sollen.
Die Türkei war daran gescheitert, die verschiedenen Gruppen zur Nationalen Befreiungsfront (NLF) zu vereinen, da sich die stärkste Gruppe, die al-Qaida-Fraktion, die sich jetzt Hay'at Tahrir al-Sham nennt, weigerte, mit der Türkei zu kooperieren. Auch die von den USA mit Waffen ausgerüstete Jaish al-Izzeh hat sich der NFL nicht angeschlossen.
Das niederländische Außenministerium schrieb als Lageeinschätzung und Begründung für die Einstellung des Programms, dass sieben Jahre nach Beginn des Konflikts Syrien in Trümmern liege und Millionen Menschen auf der Flucht seien. Der militärische Sieg Assads stehe bevor, ein Frieden sei weiter weg als je zuvor, ein Ende des Konflikts sei ohne politische Lösung und Veränderung der Ursachen nicht möglich. Der Einsatz habe nicht die gewünschten Wirkungen gehabt, die Opposition am Leben zu erhalten, der Einfluss dschihadistischer Gruppen habe zugenommen.
Vor diesem Hintergrund habe man die Unterstützung der Gruppen und auch der "Freien Syrischen Polizei" eingestellt. Bei letzterer - es handelt sich offenbar um 4.000 Polizisten - sei unklar, inwieweit sie unter Einfluss der Dschihadisten oder des IS stehen oder mit diesen zusammenarbeiten. Die letzten Lieferungen an die bewaffneten Gruppen wurden im Frühjahr gemacht, nur die Weißhelme werden noch bis Dezember unterstützt.
Der "niederländische Beitrag", zu dem die Beiträge anderer Staaten wie Deutschland kommen, von fast 190.000 Euro für Aktivitäten 2017 werde noch gezahlt, eine Abschlusszahlung von 57.000 Euro werde noch geprüft. Insgesamt haben die Weißhelme alleine von der niederländischen Regierung um die 10 Millionen Euro erhalten.
Der IOB-Bericht rügt, dass praktisch keine Kontrolle der Gelder bei den Weißhelmen stattfand, es fehle durchgängig "organisatorische Transparenz", die Verflechtung mit Mayday Rescue Foundation, über die die Gelder fließen, sei ebenfalls undurchsichtig. Alle Informationen über die Aktivitäten kommen von den Weißhelmen selbst, so konstatiert der IOB-Bericht, was bedeutet, die Geldgeber wissen nicht wirklich, was die Weißhelme machen und wofür die Gelder verwendet werden. Man kann daraus schließen, dass die Weißhelme gut vernetzt sind und großes Interesse - wahrscheinlich vornehmlich in Großbritannien - besteht, die undurchsichtige Organisation mit Milionen zu finanzieren.