Transatlantischer Streit: Chef des EU-Handelsausschusses will Klage gegen die USA
Europäische Politiker sehen in US-Subventionspaket Diskriminierung. Rufe nach eigenen Beihilfen werden laut, was den Konflikt mit den USA weiter verschärfen könnte. Doch in den USA bleibt man stur.
Der Streit zwischen der Europäischer Union und der USA wird vermutlich nicht mit Verhandlungen gelöst. Der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag), dass er nicht mehr von einer Verhandlungslösung ausgeht.
Der Disput entbrannte um den "U.S. Inflation Reduction Act" (IRA). Mit dem Gesetz stellt die US-Regierung Herstellern umweltfreundlicher Technologien rund 369 Milliarden US-Dollar an Subventionen und Steuererleichterungen in Aussicht.
Ein Streitpunkt dabei ist: Wollen Unternehmen in den Genuss der staatlichen Gelder kommen, dann müssen sie auch in den USA produzieren. Die europäische Seite fürchtet nun, dass Unternehmen kaum noch in Europa investieren, oder dass europäische Unternehmen auf dem US-Markt nicht mehr mithalten können. Politiker sprachen unlängst auch von einer möglichen Deindustrialisierung Europas.
Bislang zeigten sich die Amerikaner wenig kompromissbereit. Als der französische Präsident Emmanuel Macron kürzlich in Washington weilte, versuchte er den US-Präsidenten Joe Biden zum Einlenken zu bewegen. Er bezeichnete das Gesetz als "Entscheidung, die den Westen zersplittern lassen wird". Eine Kehrtwende stellte Biden jedoch nicht in Aussicht, sondern versprach lediglich "Optimierungen".
Karine Jean-Pierre, eine Sprecherin des Weißen Hauses, betonte laut Spiegel Online: "Wir haben nicht vor, den Kongress um Gesetzesänderungen zu bitten".
Am Montag tagt ein Ministertreffen des Handels- und Technologierates EU-USA an der Universität von Maryland. Erwartet wird, dass das US-Gesetz bei dem Treffen ein heißes Thema sein wird. Dass grundsätzliche Änderungen verhandelt werden könnten, daran glaubt allerdings niemand.
"Ich glaube nicht, dass sich inhaltlich viel ändern wird, denn das Gesetz ist bereits verabschiedet", erklärte Bernd Lange. Die Grundstruktur werde bleiben. Deshalb müsse die Europäische Union in den nächsten Monaten bei der Welthandelsorganisation WTO eine Klage anstrengen. "Damit werden wir Klarheit bekommen, dass das Vorgehen der USA eindeutig nicht kompatibel mit den WTO-Vorschriften ist".
Mit dem Gesetz könnte es zu einem Subventionswettlauf zwischen den USA und Europa kommen. Der tschechische Industrie- und Handelsminister, Josef Síkela, erklärte kürzlich, dass er einen solchen Wettlauf für "ein gefährliches Spiel" halte.
Andere Politiker drängen dagegen auf ein Handeln der Europäischen Union. Emmanuel Macron hat die EU-Kommission aufgefordert, eigene Maßnahmen gegen die Subventionen zu ergreifen. Auch die irische Regierung zeigte sich offen für die Möglichkeit, die europäischen Subventionen zu erhöhen.
"Niemand möchte sich auf ein Geplänkel oder einen Subventionswettlauf einlassen, aber was die USA getan haben, ist wirklich nicht mit den Grundsätzen des freien Handels und des fairen Wettbewerbs vereinbar", sagte der irische Handelsminister Leo Varadkar letzte Woche.
Am Sonntag hatte auch die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, erklärt: Die EU sollte ihre Regeln für staatliche Beihilfen verbessern und mehr Mittel für den ökologischen Wandel in Erwägung ziehen. Damit sollen mögliche Verzerrung den IRA ausgleichen.
"Wir müssen unsere Hausaufgaben in Europa machen und gleichzeitig mit den USA zusammenarbeiten, um Wettbewerbsnachteile abzumildern", sagte sie in einer Rede am Europakolleg in Brügge. Das US-Gesetz könne zu unlauterem Wettbewerb führen, könnte Märkte schließen und kritische Infrastrukturen fragmentieren.
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