Trommeln für Toleranz und Völkerverständigung
Expo2000 lässt mit einer Aktion Fremde zu Freunden werden
Wenn es die Expo nicht schon geben würde, man müsste sie sofort erfinden: Schließlich produzieren die Verantwortlichen dieser ersten Weltausstellung auf deutschem Boden in schönster Regelmäßigkeit Ideen und Fakten, die so unfreiwillig komisch oder saupeinlich sind, dass man nicht weiß, ob man darüber lachen oder weinen soll.
Heute beispielsweise hauen um exakt 21.15 Uhr Expo-Chefin Birgit Breuel und der Expo-Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Werner auf die "größte Trommel der Welt" (dpa), um damit auf dem Ost-Gelände der Weltausstellung eine Trommel- und Lichterkette für Toleranz und Völkerverständigung "anzutrommeln" (dpa). Und schon seit heute morgen wird im Stundentakt auf allen Expo-Bühnen getrommelt, Motto: "Fremde werden Freunde".
Eine Aktion, die, politisch gesehen, Ausdruck diffus-hilflosen Antifaschismus, also ein ziemlich Quark ist. Aber zum Glück keinem weh tun wird, weil heutzutage ja stets für alles und jedes heftigst (PR) getrommelt wird. Und was den Kampf gegen Rechts angeht, könnte die Aktion bestenfalls dazu führen, dass bei einem auf dem Expo-Gelände zufällig wandelnden Faschisten vor Schreck das Trommelfell platzt. Doch auch taube Nazi-Glatzen können ja noch ganz schön beißen. Schlimmer jedoch ist die Vorstellung des Bildes vom Trommelduo Breuel/Werner. Allein schon rein ästhetisch, und wir werden es garantiert auf allen TV-Kanälen und in allen Zeitungen zu sehen bekommen. Und ob die Aktion im Osten unseres Landes, wo ja die meisten Glatzen wohnen sollen, positiv ankommen wird, da bestehen doch arge Zweifel.
So sollen heute noch viele Ossis völlig taub sein vom Getrommel der ehemaligen Treuhandchefin Breuel, damals allerdings nicht für Toleranz und Völkerverständigung, sondern für Kapital und Profit. Was, wenn man es ganz genau nimmt, heutzutage ja schon fast wieder dasselbe ist. Schließlich werden auch die Schwierigkeiten, die unsere Gesellschaft mit den gar nicht so neuen Neonazis haben, gern und ausgiebig als drohendes Standortproblem für unsere Wirtschaft diskutiert.