TurkStream: Russische Gasexporte in die EU steigen trotz Abkopplung wieder an
Russlands Gasexporte in die EU nehmen wieder zu. Vor allem über die TurkStream-Pipeline fließt mehr Gas. Läuft Europas Abkopplung von Putin ins Leere?
Die Staaten der Europäischen Union tun sich schwer mit der Abkehr von russischem Erdgas. Nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine wollten die EU-Staaten die Importe aus Russland so schnell wie möglich stoppen. Inzwischen ist dieser Ehrgeiz jedoch deutlich erlahmt.
Kürzlich gab es Anzeichen dafür, dass Russland zum Hauptlieferanten von verflüssigtem Erdgas (LNG) für die EU-Staaten werden könnte. Dies hing vor allem damit zusammen, dass die USA ihre Exporte nach Europa deutlich reduziert und stattdessen andere Märkte beliefert haben.
TurkStream-Pipeline erreicht Rekordhöhen bei Gaslieferungen
Inzwischen zeigt sich auch, dass die russischen Gaslieferungen über Pipelines wieder zunehmen. Die über die TurkStream-Pipeline nach Südosteuropa gelieferten Mengen erreichten im Juli einen neuen Höchststand.
Laut einer Analyse von S&P Global Commodity Insights beliefen sich die Lieferungen auf insgesamt 1,41 Milliarden Kubikmeter, was einem Tagesdurchschnitt von 45,5 Millionen Kubikmetern entspricht. Dies ist das zweithöchste Monatsvolumen seit Inbetriebnahme der Pipeline im Jahr 2020.
So erreichten die gesamten russischen Pipelinelieferungen nach Europa (ohne Moldawien) im Juli mit 2,52 Milliarden Kubikmetern den höchsten Stand seit Jahresbeginn. Dies entspricht einer Steigerung von 15 Prozent gegenüber Juni und elf Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Ungarn und Serbien: Hauptabnehmer von russischem Gas
Ungarn und Serbien sind die Hauptabnehmer von TurkStream-Gas. Ungarn, eines der wenigen EU-Länder, das noch nennenswerte Mengen russischen Pipelinegases importiert, hat mit Gazprom im September 2021 einen 15-Jahresvertrag über die Lieferung von 4,5 Milliarden Kubikmetern pro Jahr abgeschlossen. Mit zusätzlichen Mengen überschritten die russischen Gasexporte nach Ungarn im Jahr 2023 insgesamt 5,5 Milliarden Kubikmeter.
Auch Rumänien, Griechenland, Nordmazedonien sowie Bosnien und Herzegowina können über TurkStream russisches Gas beziehen. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung hat Griechenland kürzlich seine Importe von russischem Pipelinegas erhöht und Pläne für zusätzliche LNG-Terminals auf Eis gelegt.
Diese Entwicklung steht im Widerspruch zu den Bemühungen der EU, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Der Anteil von russischem Pipelinegas an den Gasimporten der EU sank von 40 Prozent im Jahr 2021 auf acht Prozent im Jahr 2023. Ein Grund für den erneuten Anstieg der russischen Gaslieferungen ist der Rückgang der Nachfrage nach teurem Flüssigerdgas (LNG) in der EU.
Ukraine-Transit: Unsichere Zukunft für Gaslieferungen nach 2024
Neben TurkStream exportiert Russland weiterhin Gas über die Ukraine nach Europa. Die Lieferungen blieben bisher stabil bei rund 42 Millionen Kubikmetern pro Tag, einschließlich der Lieferungen an die Republik Moldau.
Der fünfjährige Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine läuft jedoch Ende 2024 aus. Die ukrainische Führung hat immer wieder betont, nicht über eine Verlängerung des Transitvertrags verhandeln zu wollen.
Diese Entscheidung betrifft mehrere Länder der Europäischen Union, die weiterhin russisches Gas über die Ukraine importieren. Am stärksten betroffen wären Österreich und die Slowakei.
Die österreichische OMV hat erklärt, keinen neuen Transitvertrag für russische Gaslieferungen abschließen zu wollen. OMV-Vorstandsvorsitzender Alfred Stern betonte laut S&P Global, dass der Vertrag des Unternehmens mit Gazprom die slowakisch-österreichische Grenze als Lieferort vorsehe und man auf diesem vertraglich vereinbarten Lieferort bestehen werde.
Europäisches Konsortium als mögliche Lösung für Gastransit
Die slowakische SPP hält die Bildung eines europäischen Konsortiums zur Übernahme der Gaslieferungen an der russisch-ukrainischen Grenze für "machbar", um die weitere Versorgung mit russischem Gas über die Ukraine nach 2024 sicherzustellen.
Die russischen Gaslieferungen über die Ukraine nach Europa beliefen sich 2023 auf insgesamt 14,65 Milliarden Kubikmeter, was einem Rückgang von 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 65 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum 2021 entspricht.