zurück zum Artikel

US-Geheimdienste: Russland wollte Trumps Wahlsieg bewirken

Wahlkampfplakat der CDU aus dem Jahr 1953. Wir scheinen uns den Zeiten wieder zu nähern. Bild: Archiv für Christlich-Demokratische Politik (KAS/ACDP)/CC-BY-SA-3.0

Die Spirale über die russischen Cyberaktivitäten zur Beeinflussung der US-Wahl dreht sich weiter, aber es gibt in den USA vor allem zwischen Demokraten und dem Trump-Lager unterschiedliche politische Interessen

Die Washington Post scheint sich an die Spitze der amerikanischen Medien gesetzt zu haben, die zu beweisen suchen, dass die russische Regierung versucht hat, die Wahlen in den USA zu beeinflussen (Propagandakrieg in den USA gegen Russland [1]). Wie andere Medien auch hatte die Washington Post einen dezidierten Anti-Trump-Kurs gefahren, also versucht, den Wahlausgang zu beeinflussen.

Trump hatte während des Wahlkampfs die ansonsten beschworene "russische Gefahr" heruntergespielt [2], während das Clinton-Lager nach dem Hack in die Computer des Democratic National Committee (DNC) und die Veröffentlichung von Emails durch WikiLeaks die russische Regierung beschuldigte, durch die Hacks und die Verbreitung von Fakenews Stimmung gegen Clinton und für Trump gemacht zu haben. Trump wird schon lange von transatlantischen und Nato-Kreisen verdächtigt, den politischen und militärischen Kurs gegenüber Russland ändern zu wollen oder gar pro-russisch zu sein. Mitunter wurde er schon im Frühjahr als "Kandidat des Kreml" [3] bezeichnet.

Gestern hatte der Sprecher des Weißen Hauses erklärt, dass Präsident Obama den Geheimdiensten den Auftrag gegeben hat, noch vor dem Ende seiner Präsidentschaft einen Bericht über die "bösartigen Cyberaktivitäten" vorzulegen, mit denen Russland auf höchster Ebene die Wahl beeinflussen wollte. Zuvor war nach einem Artikel in der Washington Post über die russische Propaganda und Websites, die diese verbreiten sollen, von republikanischen und demokratischen Abgeordneten im Senat und im Repräsentantenhaus eine solche Untersuchung gefordert worden.

Bislang konnten angeblich die Spuren der Hacker zu russischen Hackergruppen zurückgeführt werden, die angeblich für die russische Regierung arbeiten. Vizepräsident Biden hatte schon gedroht, dass die USA mit einem Cyberangriff auf die angeblich russischen Aktivitäten, die vom Kreml abgestritten wurden, antworten könnten. Das hat man dann aber doch lieber nicht gemacht, um keinen Anlass für einen Cyber-Schlagabtausch zu liefern, der womöglich in einen ernsten Konflikt ausufern könnte.

Jetzt legt die Washington Post wieder nach und verweist [4] auf einen geheimen CIA-Bericht, der zum Schluss käme, dass Russland nicht nur das Vertrauen in das amerikanische Wahlsystem untergraben, sondern direkt Trump helfen wollte, die Wahl zu gewinnen.

Die US-Geheimdienste hätten Personen mit Verbindungen zur russischen Regierung, die den Geheimdiensten bekannt seien, ausgemacht, die WikiLeaks mit den gehackten Emails des DNC und von anderen Organisationen versorgt hätten. Das will die Washington Post von den üblichen anonym bleibenden "Offiziellen" erfahren haben, so dass man auch davon ausgehen kann, dass solche Aussagen an die Öffentlichkeit durch die Medien durchgesteckt werden könnten.

Die New York Times meldete [5], dass nach den Geheimdiensten auch die Computer des Republican National Committee (RNC) gehackt worden seien. Aber es seien keine Dokumente an WikiLeaks weitergegeben worden. Der RNC streitet ab, dass es Einbrüche gegeben habe, es seien nur Accounts von einzelnen republikanischen Politikern kompromittiert worden. Dass keine Dokumente des RNC geleakt wurden, gilt wiederum als Beleg dafür, dass man Trump unterstützte.

Beweise für die Verwicklung des Kreml scheint es nicht zu geben

Einer der Offiziellen, der bei einer Präsentation der Geheimdiensterkenntnisse für Senatoren in der letzten Woche anwesend gewesen sein will, erklärte, es bestehe ein Konsens bei den Geheimdiensten, dass es Russlands Ziel war, Trump zu unterstützen. Man muss sich allerdings fragen, warum Senatoren erst diese Woche weitere Aufklärung von Präsident Obama und den Geheimdiensten forderten, wenn die Dinge so klar sind und jetzt nicht nur Stimmung mit angeblichen Beweisen gemacht werden soll. Die Washington Post merkt auch an, dass der Konsens so deutlich wohl nicht gewesen ist. Es gebe "kleinere Differenzen", sagte ein anderer Informant. So gebe es keine Belege dafür, dass Mitarbeiter des Kreml direkt den Personen Anweisungen gegeben haben, die Emails an WikiLeaks weiterzureichen. Die vom Geheimdienst identifizierten Personen seien keine Regierungsmitarbeiter.

Trumps Übergangsteam wies die bislang nicht belegten Behauptungen zurück. Das seien dieselben Menschen aus den Geheimdiensten, "die sagten, Saddam Hussein habe Massenvernichtungswaffen. Die Wahl endete vor einiger Zeit in einem der größten Siege im Wahlmännerkollegium in der Geschichte. Jetzt ist es Zeit weiterzugehen und Amerika wieder groß zu machen." Auch Trump bleibt beim Herunterspielen, was die Anti-Trump-Seite zu dramatisieren sucht. Er glaube nicht, dass die russische Regierung in den Wahlkampf eingegriffen habe, sagte er der Time, die ihn zum "Mann des Jahres 2016" gekürt hat. "Es könnte Russland sein. Und es könnte China sein. Und es könnte irgendein Menschen in seinem Haus in New Jersey sein."

Auch unter Republikanern gibt es Zurückhaltung. So sagt der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, Devin Nunes, er sei der erste, der auf Russland zeigen würde, "wenn es klare Beweise gebe, aber es gibt keine klaren Beweise - auch jetzt noch nicht". Es gebe nur Vermutungen, was auch hieße, dass es hier auch um einen politischen Streit geht und Politiker und Medien Propaganda für ihre Haltung oder Interessen machen. Dabei ist Nunes keineswegs ein Moskau-Freund. Nachdem Obama einen Bericht von den Geheimdiensten forderte, kommentierte [6] er dies, dass das Weiße Haus "plötzlich auf die Bedrohung aufmerksam" geworden sei, obwohl russische Cyberangriffe keine Überraschung für den Geheimdienstausschuss seien, "der Russlands Aggressivität seit Jahren genau beobachtet hat". Die Geheimdienste seien wiederholt daran gescheitert, die "feindlichen Aktionen von Putin vorherzusagen".

Die Washington Post berichtet, Politiker der Demokraten und Mitglieder des Clinton-Wahlkampfteams seien verärgert über die Zurückhaltung des Weißen Hauses gewesen. Im Weißen Haus habe es Bedenken vor dem Zurückschlagen gegeben, weil die USA durch Cyberangriffe mit seiner digitalen Infrastruktur gefährdeter sei als Russland. Ab September wollte man dann Schritte einleiten, machte dies aber abhängig von der Unterstützung beider Parteien im Kongress. Abgeordnete wurden über die Ergebnisse der Geheimdienstuntersuchungen über die Hacks unterrichtet. Während die Demokraten einmütig für ein entschiedenes Auftreten gegenüber Russland waren, seien die Republikaner gespalten gewesen. Sie hatten Zweifel über die Qualität der von den Geheimdiensten gesammelten Erkenntnisse und wollten auch nicht in der Endphase des Wahlkampfs damit in die Öffentlichkeit, weil damit die Bevölkerung verunsichert werde.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3567989

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/-3567921.html
[2] http://europe.newsweek.com/donald-trump-vladimir-putin-russia-hillary-clinton-united-states-europe-516895?rm=eu
[3] http://www.politico.com/magazine/story/2016/04/donald-trump-2016-russia-today-rt-kremlin-media-vladimir-putin-213833
[4] https://www.washingtonpost.com/world/national-security/obama-orders-review-of-russian-hacking-during-presidential-campaign/2016/12/09/31d6b300-be2a-11e6-94ac-3d324840106c_story.html
[5] http://www.nytimes.com/2016/12/09/us/obama-russia-election-hack.html
[6] http://www.politico.com/story/2016/12/devin-nunes-russia-cyberattacks-obama-232433