US-Militärpolitik erhöht Risiko eines Atomkriegs mit Nordkorea

Seite 2: Atomare Drohgebärden

Das US-Verteidigungsministerium erklärte, die Simulation stärke "den Ansatz der Allianz zur kooperativen Entscheidungsfindung in Bezug auf die nukleare Abschreckung und die Planung für potenzielle nukleare Eventualitäten auf der koreanischen Halbinsel". Man betonte dabei, dass die nukleare Schutzverpflichtung der Vereinigten Staaten unerschütterlich sei.

Das nordkoreanische Außenministerium erklärte daraufhin, dass es ernsthaft besorgt sei, weil die "feindlichen Kräfte" USA und Südkorea offen versuchten, einen Atomangriff auf einen souveränen Staat zu unternehmen. Das würde die Möglichkeit eines nuklearen Zusammenstoßes erhöhen, hieß es. In einer Mitteilung erklärte das Ministerium weiter:

Die nukleare Bedrohung und Erpressung durch die USA wird durch die perfektionierten und fortgeschrittenen nuklearen Fähigkeiten der DVRK [Demokratischen Volksrepublik Korea] zur Selbstverteidigung gründlich abgeschreckt werden.

Nordkorea werde die Sicherheitslage auf der koreanischen Halbinsel "streng kontrollieren und managen" und weiterhin praktische Maßnahmen ergreifen, um mit einer "langfristigen nuklearen Konfrontation" mit den USA fertig zu werden, warnte das nordkoreanische Außenministerium.

Die Rolle der USA

Bei der Frage nach den Gründen für die Eskalation in den letzten Jahren wird im Westen, in den USA und Europa, immer wieder auf die Feindseligkeiten und die Rhetorik, die aus Pjöngjang kommen, verwiesen. Sicherlich sind die wiederholten Atom- und Raketentests Nordkoreas zu verurteilen, die gegen die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verstoßen.

Doch dabei wird ausgelassen, wie diverse US-Regierungen durch ihre aggressive Militärpolitik den Konflikt provoziert und immer weiter angeheizt haben. Denn die Situation auf der koreanischen Halbinsel war nicht immer derart angespannt wie im Moment.

In den 2000er-Jahren kam es zu Fortschritten und Annäherungen zwischen Nord- und Südkorea. Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea wurden gelockert, woraufhin Nordkorea seine Verpflichtung zur Einstellung der Raketentests bekräftigte.

Im Jahr 2002 hielt US-Präsident George W. Bush dann seine berühmt-berüchtigte Rede, in der er Nordkorea, den Irak und den Iran als "Achse des Bösen" bezeichnete, weil sie weiterhin "Massenvernichtungswaffen" bauten. Die Verhandlungen zwischen Washington und Pjöngjang brachen daraufhin zusammen. Es führte letztlich zum Austritt Nordkoreas aus dem Atomwaffensperrvertrag.

Was will Nordkorea?

Nordkorea bekräftigte danach immer wieder, dass sein Atomprogramm eine Reaktion auf die feindselige Politik der USA sei und die Denuklearisierung von einer Sicherheitsgarantie der USA abhänge. Nach seinem fünften Test im September 2016 stimmte Nordkorea für die Aufnahme von UN-Verhandlungen über einen internationalen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen.

Die USA kommen derweil ihren Abrüstungsverpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag und ihrem Programm zur Modernisierung der Atomwaffen nicht nach. Das und anderes wiederum bestärkt die Führung in Pjöngjang darin, eine nukleare Verteidigung aufzubauen, die sie nicht zuletzt angesichts der westlichen Kriege gegen den Irak und Libyen als Garantie gegen einen Angriff der USA ansieht.

Nachdem der damalige US-Präsident Donald Trump 2017 gedroht hatte, "Feuer und Flamme" auf die Halbinsel loszulassen, näherten sich Nord- und Südkorea wieder an, unterzeichneten 2018 zwei Abkommen, um Frieden und die friedliche Wiedervereinigung voranzutreiben.

Der nordkoreanische Präsident Kim Jong-un gab Trump sogar das Versprechen, weitere Atomwaffentests auszusetzen, was er bis heute nicht gebrochen hat. Doch bei einem Gipfeltreffen zwischen den USA und Nordkorea 2019 wurde der vielversprechende Annäherungsversuch abrupt beendet.

Die Biden-Yoon-Eskalation

Die US-Führung verlangte von Nordkorea eine einseitige Abrüstung ohne weitere Zugeständnisse und wies die Forderung nach einer teilweisen Reduzierung der Sanktionen ab.

Unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden (ab 2021) und dem konservativen Präsidenten Yoon Suk-yeol in Südkorea (ab 2022) verschlechterte sich das Verhältnis weiter. Yoon sprach von möglichen Präventivschlägen gegen Nordkorea, erklärte das Land zum "Hauptfeind" und kündigte das interkoreanische Militärabkommen von 2018 auf.

Seoul hat zusammen mit den USA wieder mit Schießübungen und Propagandasendungen an der entmilitarisierten Zone nahe der Grenze begonnen, während kaum verhüllt Pläne für einen Regimewechsel in Nordkorea geäußert werden.

Besonders provokativ für Nordkorea sind die gemeinsamen Militärmanöver der USA und Südkoreas, die von Jahr zu Jahr umfangreicher und ausgefeilter werden (im letzten Jahr fanden sie an insgesamt 200 Tagen statt). Gleichzeitig werden US-amerikanische nuklearfähige Bomber immer häufiger eingesetzt, manchmal direkt an der nordkoreanischen Grenze.

Trump, Harris und die Alternative

Währenddessen schmieden die USA im Pazifikraum an diversen Allianzen (Quad, Jakus Aukus), was manchmal als Aufbau einer "asiatischen Nato" bezeichnet wird, in die auch Südkorea zunehmend eingegliedert wird. Vor allem Japans Militär wächst im Zuge des Bündnisaufbaus stark, was Nordkorea als Bedrohung ansieht.

Als im Präsidentschaftswahlkampf Trump und seine Herausforderin von den Demokraten, Kamala Harris, über Nordkorea und Kim Jong-un stritten, wobei Trump behauptet hatte, Kim unterstütze ihn, stellte die staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas klar:

Egal, welche Regierung in den USA ihr Amt antritt, das politische Klima, das durch die internen Machtkämpfe der beiden Parteien durcheinander gebracht wird, ändert sich nicht, und dementsprechend ist uns das auch egal.

Eine Alternative zu immer weiterer Eskalation, inklusive atomaren Drohungen, wäre es, wenn sich die USA dazu entschließen würden, sich von der koreanischen Halbinsel mit ihren Streitkräften und ihren Interventionen zurückzuziehen, um einer internen, diplomatischen Lösung nicht weiter im Weg zu stehen.

Eine Region ohne Atomwaffen

Diese Forderungen wird schon seit Langem von Koreaner:innen in beiden Ländern erhoben. Auch in den USA gibt es eine Kampagne der koreanischen Community mit dem Namen "US Out of Korea", die sich dafür einsetzt.

Denn überall dort, wo sich die Vereinigten Staaten militärisch und geopolitisch stark einmischen und ihre Interessen robust verfolgen, vom Nahen Osten über die Ukraine bis hin zum Pazifik rund um China und die koreanische Halbinsel, steigt zusehends die Gefahr eines möglichen Atomkriegs. Das sollte zu denken geben.

Um eine langfristige Stabilität in der Region zu erreichen, müssten die Gespräche einen Friedensvertrag zur Beendigung des Koreakriegs, die Formalisierung gegenseitiger Erklärungen, keine feindlichen Absichten zu hegen, und die Einrichtung einer nordostasiatischen atomwaffenfreien Zone umfassen, die die nordkoreanischen Atomprogramme eliminieren und gleichzeitig Südkorea und Japan verpflichten würde, ebenfalls atomwaffenfrei zu bleiben.