USA marschieren durch Skandinavien: "Imminent Response 2024" als Machtdemonstration

Seite 2: USA mit freiem Zugang zu 44 Militäranlagen im Norden

Sowohl Schweden als auch Finnland haben im Rahmen des Nato "Status of Forces Agreement" (Sofa) inzwischen Verteidigungsabkommen (Defence Cooperation Agreements, DCA) mit den USA unterzeichnet.

Dieses gestattet den USA die Nutzung mehrerer nationaler Militärbasen und räumt den US-Streitkräften dort weitreichende Rechte ein. In Schweden betrifft dies 17 Standorte, darunter die Raketentestbasis in Vidsel, in Finnland 15 Militäranlagen. Die Abkommen regeln außerdem Ausnahmen in Fragen der Gerichtsbarkeit, Visafreiheit, Zollprozeduren und Steuerpflicht.

Der schwedische Autor Jan Guillou kommentiert das Abkommen so: "Es sieht aus, als habe Schweden im Krieg mit den USA gelegen und verloren. Jedenfalls wenn man das jüngste Verteidigungsabkommen zwischen unserer Regierung und den USA liest." Für ihn ist es "die totale Unterwerfung".

"Die totale Unterwerfung"

In Schweden war die Begeisterung für den Nato-Beitritt nie so groß wie in Finnland, und das Werben um die Zustimmung der Türkei und Ungarns hat diese Begeisterung nicht gefördert: 55 Prozent sagten bei einer Umfrage im Februar, Schweden habe zu viel für die Nato-Mitgliedschaft geopfert. Nach dieser Untersuchung glauben aber immerhin 77 Prozent, dass die Nato-Mitgliedschaft Schwedens Sicherheit stärke.

Bei einer anderen Umfrage im Januar fanden 63 Prozent, dass Schweden der Nato beitreten sollte. Nachdem der Beitritt nicht mehr zu verhindern ist, wollen die schwedischen Nato-Gegner im Parlament – die Linkspartei und die grüne Miljöpartiet - nun zumindest gegen das von Guillou als "Unterwerfung" bezeichnete Abkommen mobil machen. Denn das muss auch im Parlament noch beschlossen werden. Die beiden Fraktionen haben aber zusammen nur 42 von 349 Stimmen.

Auch in Finnland steht die Zustimmung des Parlaments zum Verteidigungsabkommen noch aus. Dort werden Unterschriften für eine Petition gegen das Abkommen gesammelt mit einigen prominenten Namen wie den Filmemacher-Brüdern Kaurismäki und der Schriftstellerin Rosa Liksom. Zu den Unterstützern gehört auch die Friedensforscherin Tarja Cronberg, die den Mangel an Diskussion über den Nato-Beitritt Finnlands beklagt: "Finnland gibt im Prinzip einen Teil seiner Souveränität auf".

Parlamente müssen noch zustimmen

Norwegen hat das Abkommen mit den USA von 2021 inzwischen ebenfalls aktualisiert: Nun erhalten US-Streitkräfte Zugang zu acht weiteren Basen, also insgesamt zu 12 Einrichtungen. Diskussionen um eine Abkehr von den früheren selbstauferlegten Begrenzungen flammen regelmäßig auf. Mit den jetzigen Abkommen können die USA bereits an 44 Orten auf der skandinavischen Halbinsel und Finnland Waffen, Fahrzeuge und Material lagern oder Leute unterbringen.

Atomwaffen werden in den Sofa-Abkommen mit Schweden und Finnland Abkommen nicht gesondert erwähnt. Der schwedische Verteidigungsminister sagt, man habe die ablehnende Haltung Stockholms gegenüber den Partnern deutlich gemacht.

Atomwaffen im Präsidentschaftswahlkampf

In Finnland sind Atomwaffen derzeit verboten. Trotzdem brachte es die Atomwaffen-Frage zu einem Mini-Thema im jüngsten Präsidentenwahlkampf, denn das war einer der wenigen Punkte, wo die Kandidaten der Stichwahl sich etwas unterschieden. So schloss Pekka Haavisto die Stationierung von Atomwaffen auf finnischem Boden klar aus, während der neue Amtsinhaber Alexander Stubb dies nicht tun wollte und auf ihre Abschreckungswirkung verwies. Auch seien Transporte nicht dasselbe wie eine Stationierung.

Haavisto sprach sich zudem klar gegen eine zukünftige Stationierung von Soldaten auf der autonomen und demilitarisierten finnischen Inselgruppe Åland aus, während Stubb auch in dieser Frage vage blieb.

Keine 180-Grad Wende

Die Hinwendung Finnlands und Schwedens zur Nato ist keine 180-Grad-Wende: Beide haben schon länger immer enger mit der Nato kooperiert. Schweden tat das bereits zu Zeiten von Olof Palme, was aber nicht herauskommen durfte, wie der Journalist Mikael Holmström aufgedeckt hat.

Verschiedene Nato-Länder haben auch schon vorher Schwedens Raketentestplatz in Vidsel genutzt. Trotzdem ist es für beide Länder ein einschneidender Schritt, wenn sie künftig ganz offiziell auf einen Teil ihrer Souveränität verzichten.

Dennoch bleibt diese Tatsache in der öffentlichen Diskussion sowohl in Schweden wie in Finnland ein Randthema. Man will es vielleicht auch einfach nicht so genau wissen. Hauptsache, man hat das Recht, Beistand nach Artikel 5 des Nato-Vertrages zu bekommen. Das bedeutet, dass um das neue Bündnisgebiet im Zweifelsfall bis zum letzten Mittel gekämpft wird, also auch mit atomaren Waffen.

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