Ukraine: Der Globale Süden und der ohnmächtige US-Hegemon

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Die USA sind an sich viel mächtiger als ihre Gegner. Doch beim Ukraine-Krieg zeigen sich Grenzen und Risse. Warum immer mehr Länder eine Welt ohne US-Vorherrschaft wollen.

Im Jahr 2022 beliefen sich die Militärausgaben der Vereinigten Staaten auf 877 Milliarden Dollar, mehr als die 849 Milliarden, die von den nächsten zehn Ländern zusammen ausgegeben wurden. Das Verteidigungsbudget der USA ist dreimal so hoch wie das Chinas mit 292 Milliarden Dollar und mehr als zehnmal so hoch wie die Ausgaben Russlands.

William Minter ist der Herausgeber des AfricaFocus Bulletin.

Ferner sind die US-Streitkräfte auf mehr als 750 Stützpunkten in 80 Ländern der Welt stationiert. Weder China noch Russland haben mehr als eine Handvoll Stützpunkte außerhalb ihrer Grenzen.

Wenn es ein Land gibt, das globale Hegemonie für sich beanspruchen kann, dann sind es die Vereinigten Staaten.

Doch wenn weltweite Dominanz die Fähigkeit bedeutet, andere Länder dazu zu bringen, die eigenen Forderungen zu erfüllen, sind die USA weit davon entfernt, ein Hegemon zu sein. In einer langen Reihe von Kriegen, von Korea und Vietnam in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis zum Irak und Afghanistan im 21. Jahrhundert, haben die Vereinigten Staaten ihre Fähigkeit zu massiver Zerstörung unter Beweis gestellt, aber nur Pyrrhussiege errungen.

Die Kosten für die Vereinigten Staaten bedeuteten nicht nur der Verlust von Menschenleben, sondern auch die Erosion des Vertrauens im In- und Ausland.

Was ist also vom Krieg in der Ukraine zu halten?

In den USA und in Großbritannien betrachten ihn viele als einen gerechten Krieg, mit Vorstellungen, die an den Zweiten Weltkrieg erinnern. Intellektuelle wie Timothy Snyder von der Universität Yale und Timothy Garton Ash von der Universität Oxford preisen den Kampfgeist der Ukrainer mit Anspielungen auf die Verteidigung der Demokratie durch die Athener und den griechischen Krieger Achilles.

US-amerikanische Mainstreammedien wie die Washington Post und die New York Times widmen dem Krieg in der Ukraine immer noch weit mehr Aufmerksamkeit als jedem anderen Konflikt in der Welt.

Meinungsumfragen in den USA zeigen, dass die öffentliche Unterstützung für den Krieg in der Ukraine in diesem Jahr etwas zurückgegangen ist. Einige Republikaner im Kongress verweisen auf die Kosten des Krieges und stellen sie infrage. Doch die meisten US-Politiker halten eine Unterstützung für Verhandlungen immer noch für unangemessen.

Nachdem progressive Demokraten im letzten Herbst einen Aufruf zur Diplomatie schnell wieder zurückgezogen hatten, sind sie bis heute nicht gewillt, ihre Zweifel öffentlich zu äußern. Stattdessen kommen die öffentlichen Diplomatie-Aufrufe vom Militär, einschließlich des derzeitigen Vorsitzenden des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte, General Mark Milley, und seines Vorgängers, Admiral Mike Mullen.

Außenminister Antony Blinken lehnte in einer Rede am zweiten Juni in Helsinki, in der er Finnland in der Nato willkommen hieß, die Option eines Waffenstillstands in der Ukraine entschieden zurück. US-Präsident Biden und der britische Premierminister Rishi Sunak versprachen bei ihrem Treffen am 8. Juni im Weißen Haus, dass man die Ukraine so lange unterstützen werde, wie es nötig sei.

Die Russlandexpertin Fiona Hill, die jetzt am Brookings Institut in Washington D.C. arbeitet, ist eine scharfe Kritikerin der russischen Invasion in der Ukraine und des Ziels Wladimir Putins, die Hegemonie über die unmittelbaren Nachbarn Russlands wiederzuerlangen. Auf einer Konferenz in Tallinn, Estland, im Mai hatte Hill jedoch auch eine wichtige Botschaft für die Vereinigten Staaten.

Der Krieg in der Ukraine ist vielleicht das Ereignis, das das Ende der Pax Americana für alle sichtbar macht. ... [Andere Länder] wollen entscheiden und nicht gesagt bekommen, was in ihrem Interesse ist. Kurz gesagt, im Jahr 2023 hören wir ein schallendes Nein zur US-Vorherrschaft und sehen einen deutlichen Appetit auf eine Welt ohne Hegemon.

Sie fuhr fort:

Der Widerstand der Länder des Globalen Südens gegen die Solidaritätsappelle der USA und Europas zur Ukraine ist eine offene Rebellion. Es ist eine Meuterei gegen das, was sie als den kollektiven Westen ansehen, der den internationalen Diskurs dominiert und seine Probleme allen anderen aufzwingt, während er ihre Forderungen hinsichtlich der Kompensationen für den Klimawandel, der wirtschaftlichen Entwicklung und des Schuldenerlasses beiseiteschiebt. ... Die Bewegung der Blockfreien aus der Zeit des Kalten Krieges ist wieder auferstanden, wenn sie überhaupt jemals verschwunden war. Gegenwärtig handelt es sich weniger um eine geschlossene Bewegung als um den Wunsch nach Abgrenzung, um sich von dem europäischen Schlamassel rund um die Ukraine zu distanzieren. Aber es ist auch eine sehr deutliche negative Reaktion auf die Neigung der USA, die globale Ordnung zu definieren und Länder zu zwingen, Partei zu ergreifen.