Ukraine: Drei Jahre Krieg für das "Potenzial für eine gute Zukunft"
Steht daneben: Selenskyj. Bild: Gints Ivuskans/ Shutterstock.com
Joe Biden geht, die Kritiker kommen. Trotz Militärhilfen in Milliardenhöhe steht die Ukraine nicht gut da. Und nun kommt auch noch Donald Trump.
Noch-Staatschef Joe Biden sitzt auf gepackten Koffern im Weißen Haus, während bereits Zehntausende Anhänger des neuen Präsidenten Donald Trump nach Washington strömen. Wenige Stunden vor dem Regierungswechsel äußern sich plötzlich immer mehr westliche Medien kritisch über die Amtsführung des Demokraten Biden.
Von erheblichen Spannungen zwischen Biden und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj berichtet etwa das Nachrichtenmagazin Times. Bidens mehrfach öffentlich erklärte Ziele – die Verteidigung der ukrainischen Souveränität, die Einheit des Westens und die Vermeidung eines direkten Konflikts zwischen Russland und der Nato – seien zwar erreicht. Die Ukraine aber sei enttäuscht worden, so Simon Shuster in der Times.
Was die Biden-Regierung nie vorhatte
In der Times sind dazu einige spannende Details zu lesen: Laut Eric Green, einem ehemaligen Mitarbeiter in Bidens Nationalem Sicherheitsrat, habe die US-Regierung etwa bewusst keine Zusagen gemacht, der Ukraine bei der vollständigen Rückeroberung der seit 2014 von Russland besetzten Gebiete zu helfen. Dies sei für unrealistisch befunden worden. Priorität habe vielmehr der Erhalt der Ukraine als souveräner, demokratischer Staat gehabt.
Präsident Selenskyj warf den USA hingegen vor, nicht genügend Sanktionen gegen Russland verhängt und seinem Land zu wenige Waffen geliefert zu haben. Trotz Militärhilfe in Höhe von 66 Milliarden US-Dollar seit Kriegsbeginn im Februar 2022 halte er Bidens Unterstützung für zu zögerlich. Insbesondere bei der angestrebten Nato-Mitgliedschaft seines Landes habe sich Biden unnachgiebig gezeigt.
Das "Potenzial"-Zitat
Kurz vor Ende seiner Amtszeit sei Biden der Ukraine in einigen Punkten entgegengekommen, etwa bei den Raketenangriffen auf russisches Territorium und den Sanktionen gegen den russischen Energiesektor. In seiner letzten außenpolitischen Rede habe er jedoch erneut seine roten Linien verdeutlicht: Zwar sei es Putin bisher nicht gelungen, die Ukraine zu unterwerfen. Dennoch sprach Biden nur vom "Potenzial für eine gute Zukunft" des Landes. Aus der Sicht vieler Ukrainer reichlich wenig nach drei Jahren Krieg.
Der Wahlsieg von Donald Trump bei den jüngsten US-Präsidentschaftswahlen dürfte die Debatte um die weitere Unterstützung der Ukraine neu entfachen. Beobachter sehen die Gefahr, dass sich die USA unter Trump stärker zurückziehen könnten. Kiew hofft jedoch weiterhin auf eine Eindämmung der russischen Aggression und auf langfristige Sicherheitsgarantien des Westens.
Die Diskrepanz zwischen ukrainischen Erwartungen und amerikanischer Zurückhaltung bleibt ein Spannungsfeld. Eine signifikante Diskrepanz zwischen der zu erwartenden Ukraine-Politik von Donald Trump und der seines Vorgängers scheint jedoch nicht in dem Maße zu bestehen, wie oft behauptet wird.