Ukraine: Frauen an die Front – notfalls auch unfreiwillig?

Ukrainische Soldatinnen

Bisher sind ukrainische Frauen nur freiwillig im Fronteinsatz. Symbolbild: Bumble Dee / Shutterstock.com

Vorstoß von Armeeberaterin nötigte Kiewer Behörden zum Dementi. Aktuell sei keine Zwangsrekrutierung von Frauen geplant. Bleibt es dabei?

Dass Frauen in den Streitkräften der Ukraine kämpfen, ist kein neues Phänomen. Nach Angaben des Kiewer Verteidigungsministeriums vom Herbst 2023 taten zu diesem Zeitpunkt bereits 42.000 Frauen in der ukrainischen Armee als Soldatinnen Dienst, davon etwa 5.000 an der Front.

Zahl der Soldatinnen seit 2014 verdreifacht

Schon seit Beginn des russisch-ukrainischen Konflikts 2014 sind Frauen in den Truppen im Osten des Landes im Einsatz, doch ihre Präsenz hat dort seitdem erheblich zugenommen.

Ukrainische Medien sprechen von einer Verdreifachung der Anzahl der Soldatinnen in der eigenen Armee im letzten Jahrzehnt.

Bisher nur Ukrainerinnen aus Medizinberufen registriert

Das bedeutet aber nicht, dass sie in der osteuropäischen Männergesellschaft als gleichberechtigte und gleichwertige Soldatinnen allgemein akzeptiert sind, obwohl in der Armee kämpfende Frauen dort aus Sowjetzeiten eine längere Tradition haben als etwa in Mitteleuropa.

Im Zweiten Weltkrieg waren Frauen in nahezu allen Arten von Kampfeinheiten vertreten. Eine aktuell häufige Aufgabe von Soldatinnen speziell bei den ukrainischen Truppen, die es damals noch nicht in dieser Form gab, ist neben dem Sanitätsdienst die Steuerung von Drohnen und die allgemeine Anti-Drohnen-Luftaufklärung.

Frauen bisher nur als Freiwillige im Fronteinsatz

Während Männer für den Ukraine-Krieg zwangsmobilisiert werden, wogegen es auch zunehmend Widerwillen gibt, kämpfen Frauen bisher nur, wenn sie sich freiwillig für die Armee melden. Darum wird aktiv geworben, etwa in Polizeieinheiten werden auch Listen potenzieller Interessentinnen erstellt.

Verbindlich gibt es seit Oktober 2023 eine Registrierung von Frauen für den Militärdienst, wenn sie zwischen 18 und 60 Jahren alt sind und eine medizinische oder pharmazeutische Ausbildung besitzen. Diese Registrierung bedeutet quasi ein Vormerken für einen möglichen späteren Einsatz, aber bisher keinen belegten Dienstantritt gegen den eigenen Willen. Das könnte sich allerdings bei entsprechender militärischer Lage ändern, da alle Registrierten zwangsweise einberufen werden können.

Der Vorstoß der Armeeberaterin

Hier gibt es nun Überlegungen, die Einberufung allgemein auf Frauen auszuweiten. Oxana Grigoriewa, Beraterin des ukrainischen Generalstabs, wagte kürzlich in einem Interview mit der Zeitung The Times einen Vorstoß: Angesichts des Soldatenmangels in der Ukraine könnten auch die Frauen für den Fronteinsatz mobilisiert werden, so Grigoriewa.

Hierbei ist klar: Eine solche Mobilmachung würde bedeuten, dass es nicht mehr darauf ankäme, ob die betroffenen Frauen wirklich an der Front kämpfen wollen, sondern dies auch gegen ihren Willen müssten. Die aktuell angespannte militärische Lage für die Kiewer Truppen und der Mangel an Rekruten spiegelt sich in diesem Vorstoß.

Grigoriewa geht noch weiter: Man müsse auch Mädchen "von Kindheit an" auf den Dienst in der Armee vorbereiten. Als Vorbild hierfür nennt sie Israel – wobei ihre Ideen zur aktiven Werbung für den militärischen Kampf von Kindesbeinen an eher an die Praktiken der gegnerischen Kriegspartei in Russland erinnern.

Nationaler Sicherheitsrat dementiert konkrete Pläne

Grigoriewas Vorstoß entfachte eine breite Diskussion über die Zwangsmobilisierung von Ukrainerinnen, die den Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat des Landes schließlich zu der Klarstellung nötigten, dass Überlegungen zur Zwangsmobilisierung von Frauen derzeit nicht relevant seien.

Frauen könnten nur freiwillig an der Front kämpfen, weitere Planungen gäbe es nicht. Ein Ausschluss dieser Option für alle Ewigkeit ist das natürlich nicht. Eher ein aktuelles Dementi, dessen Ursache auch war, dass regierungsnahe Presse beim Kriegsgegner Russland Grigoriewas Ideen umfassend ausschlachteten.

Russinnen können durch Kriegsdienst Haftstrafen reduzieren

Auch auf russischer Seite werden Frauen an der Front "auf freiwilliger Basis" eingesetzt, wobei es sich aber teilweise um ehemalige Strafgefangene handelt, die diesen Dienst gegen die Aussicht auf eine Amnestie leisten. Ähnlich wie in der ukrainischen Armee ist die Bedienung von Drohnen ein wichtiges Einsatzgebiet für Soldatinnen.

Aber auch als Scharfschützinnen werden sie eingesetzt. In der Armee dienen dabei laut offiziellen russischen Angaben an der Front nur 1.100 Soldatinnen, wobei nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes darüber hinaus auch Frauen in der russischen Militärfirma Redoubt beschäftigt sind, die aktiv weibliche Freiwillige rekrutiert.

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