Ukraine-Krieg: 70 Prozent der Ukrainer vom Sieg überzeugt

U-Bahnstation in Kiew, 25. Februar 2022. Bild: kmr.gov.ua./CC BY 4.0

Umfragen: Die Zustimmungswerte zum ukrainischen Präsidenten Selenskij sind mit dem Krieg in die Höhe geschnellt. In Russland unterstützen 68 Prozent die offiziell so genannte militärische Sonderoperation

Nach einer Umfrage von Rating, die am 26. und 27. Februar durchgeführt wurde, sind 70 Prozent der Ukrainer vom Sieg über die russischen Truppen überzeugt. Das höchste Vertrauen besteht bei den Menschen im Westen und in der Mitte mit 75 bis 78 Prozent. Im Süden und Osten ist auch eine Mehrheit, wenn auch mit 64 bis 66 Prozent eine geringere, vom Sieg überzeugt. Die Umfrage sei repräsentativ, so Rating, befragt wurden 2.000 Ukrainer in allen Oblasten mit Ausnahme der Krim und der "Volksrepubliken".

Der ukrainische Präsident Selenskij, der vor dem Krieg nicht mehr sonderlich populär war, ist im Ansehen stark gestiegen. Er zeigt sich mittlerweile im T-Shirt, versichert, er bleibe in Kiew, zeigt sich in Videos auch auf der Straße und hat es geschafft, nicht nur in der Ukraine, sondern auch im Ausland zu einem bewunderten Politiker zu werden.

91 Prozent der Befragten stehen hinter dem, was Selenskij macht, auch im Osten und Süden sind es 80 Prozent. Wenn die Umfrage aussagekräftig sein sollte, dann haben sich Putin und seine Berater verschätzt, die zumindest im Osten und Süden auf offene Arme und Sympathie der Bewohner gehofft haben dürften. Bei einer Rating-Umfrage Mitte Februar vertrauten Selenskij nur 41 Prozent der Befragten, 57 Prozent vertrauen ihm nicht.

In einer anderen, vom 5. bis 13. Februar durchgeführten Umfrage über die Bereitschaft, bei einer militärischen Intervention durch Russland Widerstand zu leisten, bejahten dies 57 Prozent. Im Dezember 2021 waren es noch 50 Prozent. 37 Prozent zeigten sich bereit, bewaffneten Widerstand zu leisten, 25 Prozent wollten zivilen Ungehorsam leisten. 7,5 Prozent wollten ins Ausland fliehen und 12,4 Prozent in eine sicherere Region.

Unterschied zwischen Westen und Osten

Der Unterschied zwischen Westen und Osten war allerdings groß. Wollten im Westen 72 Prozent Widerstand leisten, waren es im Osten nur 30 Prozent, im Westen sagten 45 Prozent, bewaffneten Widerstand leisten zu wollen, im Osten waren es 18 Prozent. Im Verhältnis zu Russland sagten zu dieser Zeit noch 30 Prozent, sie hätten eine gute Einstellung zu Russland und 4 Prozent eine sehr gute. Nur im Osten war eine Mehrheit von 53 Prozent dieser Meinung, im Süden waren es 45 Prozent, in der Mitte 31 Prozent und im Westen 21 Prozent.

Das wird sich mit Beginn des Krieges weiter verschlechtert haben. Bis 2013 hatten noch über 80 Prozent, mitunter auch über 90 Prozent eine gute oder sehr gute Meinung von Russland. Das fiel ab 2014 auf unter 40 Prozent ab, ab 2017 stiegen die Werte wieder. Jetzt dürfte der Kreml auch die meisten Menschen im Osten und Süden gegen Russland aufgebracht haben.

Über 90 Prozent Zustimmung zu Selenskij in Kriegszeiten erinnert an George W. Bush, dessen Zustimmungswerte im Laufe des Jahres 2001 zwischen 50 und 60 Prozent schwankten - und er von vielen als unfähig eingestuft wurde -, während seine Werte nach 9/11 auf 90 Prozent hochschnellten. Danach ging es aber fast stetig nach unten, am Ende seiner Amtszeit lag die Zustimmung bei um die 30 Prozent.

Joe Biden kann hingegen durch den Konflikt mit Russland, wo er versucht, hart aufzutreten, keine entscheidenden Dialogangebote zu machen und Russland ökonomisch in die Knie zu zwingen, kaum eine höhere Zustimmung erzielen. Seine Zustimmung hat mittlerweile Trump-Niveau erreicht und liegt laut FiveThirtyEight vom 01. März durchschnittlich um die 41 Prozent.

Angeblich 68 Prozent der Russen hinter der Kriegs-Entscheidung

Nach einer Umfrage des Allrussischen Zentrums für öffentliche Meinungsforschung (VTsIOM oder auch WZIOM; das Institut gehört dem Staat, Anm. d. Red.), die am 28. Februar auf der Website der Organisation veröffentlicht wurde, stehen noch 68 Prozent der Russen hinter der Entscheidung, eine "militärische Sonderoperation" in der Ukraine durchzuführen, wie der Angriffskrieg offiziell genannt wird.

Da mit dem Beginn auch ein Maulkorb für die russischen Medien verhängt wurde, Journalisten sich bei Bezugnahme auf den Krieg - die angebliche "Sonderoperation" - nur an die Informationen der offiziellen Medien zu halten haben, wären kritische Äußerungen auch gar nicht mehr zugelassen.

Mittlerweile wurden weitere Medien wie der Fernsehsender Doschd und der Radiosender Echo Moskau wegen kritischer Berichterstattung, die als Desinformation gilt, verboten.

Ob also die 68 Prozent Befürworter wirklich stimmen sollten, ist ungewiss, allerdings kann man davon ausgehen, dass Wladimir Putin weiterhin große Unterstützung bei vielen Russen findet, die auch seine Politik mittragen. 22 Prozent immerhin lehnten in der Umfrage die Intervention ab, zehn Prozent hatten dazu keine Meinung.

Der Artikel erschien zuerst bei unserer Partnerseite Krass & Konkret.