Ukraine-Krieg: China sendet über 500 leichte Geländewagen nach Russland

Schlammzeit: russischer Panzer, Charkiw, Ukraine, März 2022. Bild: armyinform.com.ua / Ministry of Defense of Ukraine / CC BY 4.0 Deed

Waffenlieferungen: Warum die Desertcross-Fahrzeuge wichtig sind und die zentrale Rolle, die China im Drohnenkrieg spielt.

Alles begann mit 5000 Stahlhelmen. Die deutschen Waffenlieferungen fingen ganz harmlos an. Bis Deutschland die Waffenschleusen öffnete und selbst Kampfpanzer Leopard 2 in der relativ modernen Variante A6 lieferte. Deutschland ist der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine.

Auch andere Nato-Staaten – allen voran die USA – leeren ihre Arsenale und senden Waffen in die Ukraine. Denn ohne die Unterstützung der Nato-Staaten hätte die Ukraine den Krieg sehr wahrscheinlich längst verloren.

Der Waffenlieferant China

Russland dagegen konnte und kann den Krieg weitestgehend durch eine eigene Rüstungsproduktion bestreiten. Dennoch kommt eine nicht unbeträchtliche Waffenhilfe aus dem Iran und Nordkorea, hier vor allem Drohnen (Iran) und Munition (Nordkorea).

Doch relativ unbemerkt von der öffentlichen Wahrnehmung kann sich Russland auf einen dritten Waffenlieferanten verlassen – auf China.

Auch China brachte, wie einst Deutschland, zuerst Schutzausrüstung auf den Weg: Schutzwesten, Militärbekleidung und Helme. Doch jetzt heben Russland und China die militärische Zusammenarbeit auf eine neue Stufe.

China sendet über 2.000 leichte Geländewagen nach Russland, über 500 befinden sich schon bei den russischen Streitkräften.

Die Rede ist vom "Desertcross 1000-3", einem Fahrzeug, ähnlich einem Buggy oder einem Golfcart, welches nur 1.050 Kilogramm wiegt und eine Zuladung von 550 Kilogramm aufweist. Es kann Lasten bis zu 300 Kilogramm ziehen.

Ungepanzertes Fahrzeug: Nachteile und Vorzüge

Es ist gänzlich ungeschützt, es handelt sich also um ein offenes Pritschenfahrzeug mit einem rudimentären Regenschutz. Es soll zwischen 14.000 und 23.000 Dollar kosten. Die Reichweite beträgt 250 Kilometer bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h. Das Fahrzeug bietet Sitze für drei Personen.

Das Fahrzeug ist also weder ein Kampfpanzer noch ein gepanzertes Fahrzeug oder ein Schützenpanzer. Und doch kann die russische Armee den leichten Geländewagen in verschiedenen Funktionen einsetzen.

Es kann zur Aufklärung verwendet werden oder zu Patrouillenfahrten. Darüber hinaus wird es eine wichtige Rolle bei der Evakuierung verletzter oder kranker Soldaten in schwierigem Gelände spielen.

Seine Hauptaufgabe wird aber sein, Soldaten an die Front zu bringen.

Einer der Vorteile des leichten Wagens ist es, dass er recht schnell und wendig ist. Und klein. So ist er, anders als vergleichsweise große Schützenpanzer oder andere gepanzerte Fahrzeuge, nicht so schnell zu entdecken.

Das könnte den Nachteil einer fehlenden Panzerung auf dem durch Aufklärungsdrohnen gläsernen Gefechtsfeld wettmachen, zumindest in der Theorie.

Die schlammige Jahreszeit

Besonders wichtig können die Desertcross-Fahrzeuge in den schlammigen Jahreszeiten in der Ukraine sein: Die Rasputiza verwandelt die Böden im Frühling und im Herbst jeweils rund einen Monat lang in eine nahezu unbefahrbare Schlammhölle. Hier kann das leichte Fahrzeug punkten und Soldaten und Personal transportieren – unverzichtbar für die Militärlogistik.

Die ukrainische Armee hat dagegen aufgrund der ausbleibenden Waffenlieferungen große Probleme, ihre Soldaten in das Kampfgebiet zu bekommen. Zudem sind die westlichen Fahrzeuge schwerer als Fahrzeuge sowjetischer oder russischer Bauart.

So behelfen sich die Soldaten mit Schubkarren oder Pferdewagen. Ein anstrengendes und kräftezehrendes Unterfangen, das die Kampfkraft der Soldaten zusätzlich herabsetzt.

Die Hilfe Chinas

Doch China hat auch bisher nicht nur Helme, Schutzwesten, Bekleidung oder jetzt leichte Geländefahrzeuge geliefert. Bereits im Juni lieferte China das gepanzerte Fahrzeug "Tiger" an die tschetschenische Spezialeinheit Akhmat.

Und ebenfalls vom Juni dieses Jahres stammt der Hinweis, dass auch China wahrscheinlich 152 Millimeter-Granaten an Russland geliefert hat. Im Juli wurde klar, dass China in großem Umfang unter anderem Wärmebild-Geräte liefert. Russische FPV-Drohnen können so auch des Nachts operieren.

Doch die wichtigsten Hilfen Chinas für die russische Armee stellen neben Mikrochips die Drohnenlieferungen dar.

China und der Drohnenkrieg in der Ukraine

FPV-Drohnen, also Drohnen, die aus der Ich-Perspektive gesteuert werden, zumeist zur Aufklärung oder als Kamikaze-Drohnen, weniger als Mini-Bomber eingesetzt, bestimmen zu Hunderten und Tausenden die Schlachtfelder in der Ukraine.

Hier liefert China wichtige Komponenten oder gleich ganze Systeme – trotz einer seit dem 1. September geltenden Exportbeschränkung für Drohnen, die mehr als vier Kilogramm wiegen. Dabei sind die am häufigsten eingesetzten Kamikaze-Drohnen eigentlich leichte, als Spielzeuge konstruierte Geräte, sodass hier die Exportbeschränkung nicht greift.

Auch die Ukraine importiert in großem Umfang Drohnen und Drohnenkomponenten aus China.

Für Russland gilt theoretisch ebenfalls die oben genannte Exportbeschränkung für größere Drohnen über vier Kilogramm Gewicht. Doch anders als die Ukraine, die weitestgehend der Möglichkeit beraubt ist, Rüstungsgüter im industriellen Maßstab zu produzieren, fertigt Russland selber Drohnen und Drohnenkomponenten und möchte diesen Industriezweig stark ausbauen.

In der Ukraine dagegen werden Drohnen oft von weniger als 20 Menschen in kleinen Werkstätten zusammengeschraubt.

Zudem hat Russland vielfältige Wege aufgetan, seine Lieferketten stabil zu halten, und das trotz der chinesischen Export-Beschränkung, wie die Eurasian Times in ihrem jüngsten Bericht aufzeigt.

Russland soll deswegen eine Überlegenheit beim Einsatz dieser kriegsentscheidenden Drohnen in einem Verhältnis von sieben zu eins gegenüber der Ukraine erlangt haben.

Ausblick

China hat sich als Lieferant von militärischen Gütern an Russland etabliert. Die Ausrüstung der russischen Armee mit Tausenden leichten Geländefahrzeugen kann als eine neue Stufe der militärischen Zusammenarbeit angesehen werden.

Hier sendet China ein klares Signal an den US-dominierten Westen: China wird die russische Armee mit Militärgütern beliefern, sollte das notwendig sein. Bereits Iran und Nordkorea können als äußerst potente Waffenlieferanten angesehen werden. China spielt als Waffenhersteller und als Lieferant für Hochtechnologie-Ausrüstung hingegen in einer ganz anderen Liga.

Wenn es tatsächlich die Strategie der USA ist, beziehungsweise war, der Ukraine immer nur genau so viel Waffen zu liefern, wie es braucht, um ein Gleichgewicht der Kräfte herzustellen, dann wird China das mit Sicherheit auch tun.

Russland könnte folglich auf einen nahezu unbegrenzten Materialstrom zugreifen, sollte das Kriegsgeschehen in der Ukraine dies erfordern. Den Produktionskrieg kann der US-Westen auf absehbare Zeit gegen Russland und seine Verbündete nicht gewinnen. Auch wenn die Waffenlieferungen an die Ukraine weitergehen würden.