Ukraine-Krieg: Russland und Nordkorea bestätigen Truppeneinsatz

Lars Lange
Soldatenschulter mit nordkoreanischen Abzeichen auf der Uniform, im Hintergrund die Farben der ukrainischen Flagge

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Nordkoreanische Truppen kämpfen im Ukraine-Krieg. Kim Jong-un ordnete die Entsendung persönlich an. Die Zahl der Soldaten übersteigt alle Erwartungen.

Nach monatelangen Spekulationen haben sowohl Russland als auch Nordkorea offiziell bestätigt, dass nordkoreanische Truppen an der Seite russischer Streitkräfte im Ukraine-Krieg kämpfen. Wie Reuters berichtet, erklärte die nordkoreanische Staatsagentur KCNA , dass Staatschef Kim Jong-un die Entsendung von Truppen angeordnet habe.

Zwei Tage zuvor hatte bereits der russische Generalstabschef Valery Gerasimov den Einsatz nordkoreanischer Soldaten bestätigt. Laut der Times of India erklärte Gerasimov in einem Bericht an Präsident Putin:

"Ich möchte die Beteiligung von Militärpersonal der Demokratischen Volksrepublik Korea gesondert erwähnen."

Grundlage: Der strategische Partnerschaftsvertrag

Die rechtliche Grundlage für den Truppeneinsatz bildet der im Juni 2024 unterzeichnete strategische Partnerschaftsvertrag zwischen Russland und Nordkorea, der im November 2024 von Pjöngjang ratifiziert wurde.

Wie die südkoreanische Tageszeitung Hankyoreh erläutert, sieht Artikel 4 dieses Vertrags vor, dass "falls eine der beiden Seiten durch eine bewaffnete Invasion in einen Kriegszustand versetzt wird, die andere Seite unverzüglich militärische und andere Hilfe mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln leisten soll".

Nach Angaben des proukrainischen X-Kanals Noelreports hat Kim Jong-un nun offiziell den Eintritt Nordkoreas in den Konflikt unter Berufung auf diesen Artikel 4 verkündet und Moskau entsprechend benachrichtigt.

Diese Bestätigung kam, nachdem Putin den "vollständigen Sieg" über ukrainische Kräfte in der Grenzregion Kursk verkündet hatte.

Monatelange Dementis

Beide Bestätigungen erfolgten, nachdem sowohl Moskau als auch Pjöngjang monatelang Berichte über die Anwesenheit nordkoreanischer Truppen entweder dementiert oder ignoriert hatten.

Wie der Guardian anmerkt, hatten beide Länder zuvor bestritten, dass "Tausende nordkoreanischer Truppen im vergangenen Herbst in die westliche Kursk-Region Russlands entsandt wurden", und behaupteten, "es habe keine Waffentransfers gegeben, die gegen UN-Sanktionen verstoßen würden".

Beträchtlicher Truppeneinsatz

Der Umfang des nordkoreanischen Truppeneinsatzes scheint beträchtlich. Nach Angaben von Reuters hat Nordkorea schätzungsweise insgesamt 14.000 Soldaten entsandt. Diese Zahlen werden auch von südkoreanischen Medien bestätigt, die laut Times of India von mehr als 11.000 nordkoreanischen Soldaten im Einsatz in der russischen Region Kursk berichten.

Die Haupteinsatzgebiete der nordkoreanischen Truppen konzentrieren sich nach vorliegenden Informationen auf die russische Grenzregion Kursk, wo sie bei der Abwehr und Zurückdrängung ukrainischer Streitkräfte eine wesentliche Rolle spielten.

Verluste auf nordkoreanischer Seite

Die Verluste auf nordkoreanischer Seite waren offenbar erheblich. Laut Times of India gaben südkoreanische Beamte im März an, dass etwa 4.000 nordkoreanische Soldaten "vermutlich getötet oder verletzt wurden", hauptsächlich aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung mit Drohnenkriegsführung.

Reuters bestätigt diese Angaben und weist darauf hin, dass die nordkoreanischen Truppen anfangs schwere Verluste erlitten, da sie keine gepanzerten Fahrzeuge besaßen und keine Erfahrung im Drohnenkrieg hatten, sich jedoch schnell anpassten.

Nach Angaben von The Guardian wurden etwa 4.000 nordkoreanische Soldaten getötet oder verletzt, und einige wurden gefangen genommen. Die hohen Verluste führten laut ukrainischen Beamten offenbar zu ihrem Rückzug von der Front im Januar.

Dennoch scheint Nordkorea Anfang dieses Jahres mindestens 3.000 zusätzliche Soldaten entsandt zu haben, wie südkoreanische Militärs laut Guardian im letzten Monat mitteilten.

Umfangreiche Waffenhilfe an Russland

Sicher war bisher nur die umfangreiche Waffenhilfe an Russland: Nach Informationen von Eurasian Times hat Nordkorea zwischen August 2023 und März 2025 mindestens 15.809 Container nach Russland verschifft, was einer geschätzten Menge von 4,2 bis 5,8 Millionen Artilleriegeschossen entspricht. Diese Lieferungen umfassen hauptsächlich 122mm und 152mm Geschosse und Raketen.

Der monatliche Umfang dieser Lieferungen beträgt laut Eurasian Times etwa 750 Container, was einer Menge von 200.000 bis 261.000 Munitionseinheiten pro Monat oder 600.000 bis 783.000 pro Quartal entspricht. Zum Vergleich: Großbritannien und Deutschland haben seit 2022 zusammen weniger als eine Million Geschosse an die Ukraine geliefert.

Die nordkoreanische Munition macht einen beträchtlichen Anteil der von Russland eingesetzten Artilleriegeschosse aus. Laut Eurasian Times, die sich auf Reuters und ukrainische Geheimdienstquellen beruft, stammten Anfang 2024 etwa 50 Prozent aller von Russland abgefeuerten Artilleriegeschosse aus nordkoreanischer Produktion.

Lieferung ballistischer Raketen

Neben der Artilleriemunition hat Nordkorea auch ballistische Raketen an Russland geliefert. Nach Angaben von The Guardian, die sich auf Berichte des ukrainischen Militärgeheimdienstes stützen, hatte Nordkorea bis Anfang dieses Jahres 148 ballistische Raketen der Typen KN-23 und KN-24 an Russland geliefert.

Die KN-23-Raketen sind laut Guardian mit Sprengköpfen von bis zu einer Tonne bestückt, was sie leistungsfähiger machen als vergleichbare russische Raketen.

Laut Eurasian Times werden die Lieferungen hauptsächlich mit russischen Frachtschiffen wie Angara, Lady R, Maria und Maia-1 vom nordkoreanischen Hafen Rason nach Dunay und Vostochny im russischen Fernen Osten transportiert und anschließend über das Schienennetz zu Depots an der Front gebracht.

Der M1991 Mehrfachraketenwerfer

Ein kürzlich aufgetauchtes Video liefert den ersten visuellen Beweis für ein weiteres, besonders schlagkräftiges Element nordkoreanischer Militärhilfe: den M1991 Mehrfachraketenwerfer. Nach Angaben von Army Recognition wurde die Präsenz dieses Waffensystems erstmals eindeutig durch ein Video bestätigt.

Der Chef des ukrainischen Verteidigungsgeheimdienstes, Kyrylo Budanov, gab laut Army Recognition an, dass Russland bis Januar 2025 etwa 120 M1991-Einheiten aus Nordkorea erhalten hatte. Eine weitere Lieferung in ähnlicher Größenordnung wird in naher Zukunft erwartet.

Nach Informationen von Army Recognition kann das System 22 Raketen in etwa 45 Sekunden abfeuern. Die Geschosse haben ein Gewicht von etwa 497 Kilogramm, einschließlich eines 90-Kilogramm-Sprengkopfs, und erreichen eine Reichweite zwischen 40 und 60 Kilometern. Bei neueren Varianten wird eine Reichweite von bis zu 120 Kilometern vermutet.

Das Waffensystem ist auf einem straßenmobilen 6x6-LKW-Chassis montiert, darunter rumänische Roman-Modelle und lizenzierte chinesische Varianten wie Shacman Steyr 6x6 und Hongyang 6x6.

Diese Plattformen ermöglichen eine schnelle Verlegung, mit einer angegebenen Bereitschaftszeit von zwei Minuten, einem Feuerzyklus von unter einer Minute und einer Rückzugszeit von sechs Minuten. Der M1991-Werfer ist dem russischen BM-27 Uragan ähnlich und verwendet Raketen mit dem gleichen 240-mm-Durchmesser.

Nordkoreanischer Beitrag "strategisch lebenswichtig"

Für Russland ist die nordkoreanische Unterstützung zu einem entscheidenden Faktor im Ukraine-Krieg geworden. Nach Einschätzung von Hugh Griffiths, der von 2014 bis 2019 Koordinator eines UN-Expertengremiums zur Überwachung von Sanktionen gegen Nordkorea war, ist der nordkoreanische Beitrag "strategisch lebenswichtig", wie der Guardian berichtet.

Ohne die Unterstützung von Kim Jong-un wäre Präsident Putin demnach kaum in der Lage, seinen Krieg in der Ukraine fortzuführen.

Die Bereitstellung von Soldaten, Munition und Waffen durch Nordkorea hat es Russland laut des prorussischen Blogs Simplicius76 ermöglicht, den Druck an anderen Frontabschnitten aufrechtzuerhalten und die Offensive im Donbass fortzusetzen.

Nordkorea als "Scharnierakteur"

Die geopolitischen Folgen dieser Zusammenarbeit reichen weit über den unmittelbaren Konflikt hinaus. Eurasian Times bezeichnet Nordkorea, das einst als "Eremiten-Königreich" bezeichnet wurde, nun als "Scharnierakteur" in einem großen europäischen Krieg. Die industrielle Kapazität Nordkoreas, lange unterschätzt, erweist sich nun als wichtiger Faktor für den Kriegsverlauf.

Sollte der Krieg weiter eskalieren, so könnte Nordkorea seine Waffenlieferungen noch steigern, so die Publikation 38North, Teil der US-Denkfabrik Stimpson Center. Der Bericht erwähnt ausdrücklich Nordkoreas umfangreiche Panzerbestände.

So stellt sich das russische Vermögen, verlorenes Kriegsmaterial zu ersetzen, als nahezu unerschöpflich dar: Im Gegensatz zur massiven Militärhilfe Nordkoreas hält sich China bislang auffallend zurück. Trotz seines gewaltigen Waffenarsenals taucht es kaum als direkter Unterstützer Russlands auf.

Nur vereinzelt finden sich Hinweise – etwa auf das nahe Toretsk erbeutete chinesische Sturmgewehr Typ 56-1, von dem der X-Kanal WarTranslated berichtet – die auf kleinere, begrenzte Lieferungen hindeuten könnten.

Sollte sich der Konflikt jedoch weiter verschärfen oder die westliche Unterstützung für die Ukraine zunehmen, bleibt die Frage offen, ob Peking seine bislang zurückhaltende Position überdenken und sein beträchtliches militärisches Potenzial stärker in die Waagschale werfen könnte.