Ukraine-Krieg: Warum westliche Kampfpanzer keine Game-Changer sind
Frankreich zögert, die USA liefern erst in Monaten, andere Länder übergeben der Ukraine nur eine kleine Anzahl von Panzern. Die verschiedenen Typen werden für Versorgung und Wartung zum Problem.
Der Streit um die Lieferung von Panzern an die Ukraine hat für Frust innerhalb der Nato gesorgt. Am Ende hat Deutschland nachgegeben und liefert eine Kompanie. Doch damit sind die Probleme keineswegs gelöst. Und die "Spende" könnte am Ende alles andere als der erhoffte Game-Changer sein.
Nach eigenen Angaben benötigt die Ukraine mindestens 300 Panzer für eine groß angelegte Frühjahrsoffensive. Die Zahl der Leopard-Panzer, die bis dahin geliefert werden können, ist allerdings deutlich kleiner. Experten bezweifeln inzwischen ihren Nutzen.
"Kein einzelnes Waffensystem oder eine einzelne Plattform kann das Blatt wenden", sagte Franz-Stefan Gady, Senior Fellow am Internationalen Institut für Strategische Studien in London, der Washington Post. Er sagte, dass die Auswirkungen der "begrenzten Anzahl" von Panzern, die im März eintreffen, von der Ausbildung abhängen und davon, wie gut die neuen Formationen an der Frontlinie integriert werden.
Auch weil Deutschland so lange mit der Entscheidung über die Entsendung von Panzern gewartet habe, sei es "unwahrscheinlich, dass der Leopard 2 bei einer Frühjahrsoffensive eine bedeutende Rolle spielen wird", sagte er weiter.
Während die Regierung in den USA zugesagt hat, 31 Abrams-Panzern in einigen Monaten zu schicken, ist es wahrscheinlich, dass die Ukraine keinen der versprochenen Kampfpanzer vom Typ Leclerc erhalten wird.
Nach Ansicht des französischen Generalstabs hat das Land zu wenige Leclercs, um einige davon an die Ukraine abzugeben. Verfügte die Armee Anfang der 2000er-Jahre noch über rund 800 von diesen Kampfpanzern, so ist die Flotte inzwischen auf 226 geschrumpft, berichtete Le Monde. Davon seien aber auch nur 60 Prozent für eine Mobilisierung verfügbar – der Rest werde für die Ausbildung genutzt.
Erschwerend komme hinzu, heißt es in dem Bericht, dass der Konzern Nexter seit 2008 keine Leclercs mehr herstellt. Das heißt: Wird ein Panzer in die Ukraine geliefert, wird er nicht durch einen neuen ersetzt. Und das "Main Ground Combat System" (MGCS), das den Leclerc ablösen soll, wird nicht vor 2040 erwartet.
Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte zwar am 22. Januar, dass "nichts ausgeschlossen" sei, was eine mögliche Lieferung von Leclercs an die Ukraine betreffe. Er schränkte aber zugleich ein: Die eigene Verteidigung dürfe dadurch nicht geschwächt werden – was aber geschehen dürfte.
Bis die US-amerikanischen Abrams-Panzer auf dem Schlachtfeld ankommen, könnte bis zu einem Jahr vergehen, heißt es bei CNN. Die stellvertretende Pressesprecherin des Pentagon, Sabrina Singh, hatte am Donnerstag erklärt, dass man der Ukraine eine weiterentwickelte Version des Abrams, den M1A2, zur Verfügung stellen würde. Man habe aber "diese Panzer nicht im Übermaß in den Beständen", stellte sie klar.
Ein US-Beamter erklärte gegenüber der Washington Post: Die ukrainischen Streitkräfte hätten bewiesen, dass sie in der Lage seien, US-Ausrüstung auf dem Schlachtfeld zu warten und zu unterhalten. Aber der Einsatz der Abrams-Panzer erfordere eine umfangreiche Vorbereitung. "Wir sind zuversichtlich, dass wir nach einigen Monaten in der Lage sein werden, angemessene Unterstützung bei der Wartung und Instandhaltung zu leisten", sagte der Beamte.
Versorgung und Instandhaltung der westlichen Panzer dürften die Ukrainer nicht nur vor hohe Herausforderungen stellen, sie könnten auch zu einem beträchtlichen Chaos führen. Denn ihre Leistung ist zwar ähnlich, aber sie weisen unterschiedliche Konfigurationen auf, die berücksichtigt werden müssen.
Der britische Kampfpanzer Challenger etwa verschießt als einziger westlicher Panzer keine Munition nach Nato-Standard und muss entsprechend separat versorgt werden. Die Abrams-Panzer werden von einem Turbinenmotor angetrieben, der ursprünglich für Hubschrauber entwickelt wurde. Dieser benötigt andere Fähigkeiten und eine andere Wartung als Panzer mit Dieselmotor.
Auch beim "Leopard 2" gebe es subtile Unterschiede zwischen den Beständen der einzelnen europäischen Länder. "Ein spanischer Leopard A4 kann ein anderes Feuerleit- oder Funksystem haben als ein finnischer", heißt es in der Washington Post. Und wenn die Ukrainer mehrere verschiedene Ausrüstungen einsetzen, müssten sie auch daran ausgebildet und mit den richtigen Ersatzteilen versorgt werden.
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