Ukraine-Offensive gegen die Russen: Jetzt brennen auch deutsche Panzer
Leopard und Bradley sollten das militärische Blatt in der Ukraine wenden. Nun werden sie abgeschossen und erobert. Was das über unseren Blick auf den Krieg verrät.
Unklar ist derzeit, ob die angekündigte große Gegenoffensive der Ukraine gegen die russischen Invasoren begonnen hat. Klar ist aber schon jetzt, dass die westlichen Panzer – allen voran die deutschen "Leopard" und die britischen "Bradley", das Kräfteverhältnis im Krieg nicht verändern werden. Im Gegenteil: Noch vor Beginn signifikanter Kampfhandlungen sind einige dieser West-Panzer offenbar zerstört oder von den Russen erobert worden.
Irgendwie geahnt hatte man das in westlichen und auch deutschen Medien. Zwar zeigte sich der für starke Worte bekannte britische Militärexperte Nicholas Drummond noch Anfang des Jahres davon überzeugt, dass die Panzer aus Nato-Staaten "Putin den Rest geben" werden, so jedenfalls sagte er es gegenüber dem Magazin Stern.
Andere Medien waren zurückhaltender. "Leopard-2-Panzer für die Ukraine: Der 'Gamechanger‘?", schrieb der Bayerische Rundfunk mit Fragezeichen. Der Leopard 2 sei ein "Vorschlaghammer, aber kein Gamechanger", so tagesschau.de. Und Telepolis berichtete: "Ukraine-Krieg: Warum westliche Kampfpanzer keine Game-Changer sind."
Das scheint sich nun zu bestätigen. Denn noch bevor eine erkennbare Offensive der Ukrainer angelaufen ist, wurden erste "Bradley" und "Leopard" von russischen Einheiten neutralisiert. Nur ist davon in deutschen Leitmedien wenig zu lesen.
Anders in US-Blättern. Die Washington Post etwa berichtete über "Video- und Fotoaufnahmen, die betätigten "dass das ukrainische Militär erhebliche Verluste an Ausrüstung erlitten hat, darunter einige Leopard-Kampfpanzer, die kürzlich von westlichen Verbündeten zur Verfügung gestellt worden waren".
In einem anderen Bericht schildert die Washington Post die Situation einer ukrainischen Einheit:
Innerhalb von 20 Minuten nach ihrem Vormarsch am 5. Juni südlich von Welyka Nowosilka in der südöstlichen Region Donezk explodierten Mörser um sie herum, so die Soldaten. Ein 30-jähriger Soldat mit dem Kampfnamen "Holzfäller" wurde Zeuge, wie zwei der Männer in seinem Fahrzeug heftig bluteten; einer hatte einen Arm verloren und schrie nach seiner Familie. Der"Holzfäller" kroch in einen Krater, aber das Schrapnell eines Mörsers durchbohrte seine Schulter.
Der Soldat erhob im Gespräch mit der Washington Post später schwere Vorwürfe gegen die Armeeführung. Einige Kameraden und er seien "auf dem Schlachtfeld zurückgelassen" worden. Die Einheit habe aus knapp 50 Männern bestanden, und 30 seien nicht mehr zurückgekehrt; getötet, verwundet oder vom Feind gefangen genommen. "Fünf der gepanzerten Fahrzeuge der Einheit wurden innerhalb der ersten Stunde zerstört", heißt es in dem Bericht weiter.
Mehr kritische Berichte – nur kaum in deutschen Leitmedien
Ähnliche Texte finden sich in der US-Tageszeitung wie der New York Times. Teilweise informiert auch die britische Presse kritisch über den Verlauf der Kämpfe für die ukrainische Seite und die Rolle westlicher Panzer. So zitiert die britische Daily Mail zur Einordnung auch Meldungen des russischen Verteidigungsministeriums und zeichnet alles in allem ein nüchtern-sachliches Bild. Erwähnt werden muss aber auch: In Deutschland berichtete etwa die Frankfurter Rundschau in Autorenbeiträgen durchaus über das "Leopard-Debakel" und "schwere Verluste" der ukrainischen Seite.
In sozialen Netzwerken waren in den vergangenen Tagen wiederholt Videos aufgetaucht, die zerstörte "Leopard" und "Bradley" gezeigt haben. In deutschen Leitmedien machte vor rund einer Woche vor allem aber die Meldung die Runde, russische Propagandisten hätten ausgebrannte landwirtschaftliche Geräte als zerstörte westliche Panzer ausgewiesen.
Unabhängig von der Panzerfrage bleibt derzeit ungeklärt, wie erfolgreich die ukrainische Offensive, die als "Frühjahrsoffensive" angekündigt worden war, tatsächlich ist. Und dies, obwohl der Erfolg dieses ukrainischen Vorstoßes für Kriegsgeschehen generell entscheidend sein wird.
Dazu noch einmal die Washington Post. Sie schreibt über "bescheidene, aber politisch bedeutende territoriale Fortschritte" der Ukraine. Konkret gehe es um sieben Dörfer im Südosten des Landes: "Vier der Dörfer – Neskuchne, Storozheve, Blahodatne und Makarivka – liegen südlich von Welyka Nowosilka entlang einer Straße, die an die Front führt."
Alles in allem also tatsächlich ein bescheidenes Bild, auch für die deutschen Leitmedien; öffentlich-rechtlich oder privat. Ein Beispiel bietet ein Tweet des Bild-Redakteurs Julian Röpke. Der schrieb vor gut einem Jahr: "Ein einziger Leo könnte einen ganzen russischen Vorstoß aufhalten." Er stand mit dieser Hoffnung nicht alleine da.
Korrekter, wenn auch vermutlich nicht vorsätzlich, titelte das Redaktionsnetzwerk Deutschland zum militärischen Geschehen: "Leopard-Panzer steht in Flammen: Die Gegenoffensive der Ukraine hat begonnen."
Redaktionelle Anmerkung: In einer ersten Version war von US-amerikanischen Abrams die Rede. Diese Panzer befinden sich aber noch nicht in der Ukraine. Richtig ist, dass "Leopard" und "Bradley" betroffen sind. Zudem wurde ein unkorrigierter Absatz überarbeitet.