Ukraine-Vermittler Bennett über die Friedensblockade des Westens
Seite 2: Hat der Westen die diplomatischen Verhandlungen gestoppt?
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Bennetts Einschätzungen werden von anderen Quellen gestützt. Wie schon die US-Fachzeitschrift Foreign Affairs im September letzten Jahres berichtete, scheint die ukrainische Führung während der Verhandlungen mit Russland im April bereit gewesen zu sein, sich auf ein Abkommen zu einigen, um den Krieg zu beenden. Die Autorin Fiona Hill bezieht sich dabei auf Aussagen verschiedener ehemaliger US-Beamter:
Russische und ukrainische Unterhändler schienen sich vorläufig auf die Grundzüge einer ausgehandelten Zwischenlösung geeinigt zu haben (…): Russland würde sich auf seine Position vom 23. Februar zurückziehen, als es einen Teil der Donbass-Region und die gesamte Krim kontrollierte, und im Gegenzug würde die Ukraine versprechen, keine Nato-Mitgliedschaft anzustreben und stattdessen Sicherheitsgarantien von einer Reihe von Ländern zu erhalten.
Doch die Verhandlungen wurden schließlich abgebrochen. Der US-Journalist Branko Marcetic, Redakteur des US-Magazins Jacobin, weist darauf hin, dass ein Besuch vom damaligen britischen Premierminister Boris Johnson wahrscheinlich der Grund dafür gewesen ist. Er bezieht sich dabei auf eine Meldung der westlich orientierten Nachrichtenseite Ukrainska Pravda.
Sie vermeldete am 5. Mai, gestützt auf Quellen aus dem engen Umkreis von Selenskyj, von einem überraschenden Besuch Johnsons in Kiew. Danach habe die ukrainische Delegation plötzlich bekannt gegeben, dass ein hochrangiges Treffen zwischen Wladimir Putin und Selenskyj, das vorher noch zum Greifen nah schien, nun nicht mehr möglich sei.
Johnson habe bei dem Treffen in der Ukraine die kollektive Position des Westens klargestellt und zwei Botschaften überbracht, so die Ukrainska Pravda:
Putin ist ein Kriegsverbrecher und muss unter Druck gesetzt werden, statt mit ihm zu verhandeln. Und die Zweite besteht darin, dass, selbst wenn die Ukraine zu einem Abkommen mit Putin bereit sei, man diesen Weg nicht mitgehen werde.
Die Aussagen von US-Offiziellen, ukrainischen Vertretern und vom Vermittler Bennett werfen, sollten sie zutreffend sein, grundsätzliche Fragen auf. Warum haben die Nato-Staaten damals die Chance auf einen Waffenstillstand blockiert? Welche Position hat die deutsche Regierung eingenommen? Und kommt dem Westen womöglich eine Mitschuld an der folgenden Eskalation des Krieges zu?
Damals, im März 2022, waren einige tausend Menschen in dem Krieg gestorben. Heute sind nach US-Angaben rund 200.000 Tote und Verwundete zu beklagen. Vielleicht hätten sie verhindert werden können.