Ukrainische Regierung bürgert Oppositionspolitiker aus
Politischer Autoritarismus? Wie verträgt sich das mit Waffenlieferungen? Ein Kommentar.
Ob das die viel zitierte feministische Außenpolitik ist, wenn Annalena Baerbock mit ihrer französischen Kollegin durch afrikanische Länder reist, um sie in eine Front gegen Russland einzubeziehen?
Es ist auf jeden Fall die Fortsetzung einer traditionellen imperialistischen Politik, wenn ehemalige europäischen Kolonialmächte die afrikanischen Länder mit einem innereuropäischen Konflikt behelligen wollen.
Der Hintergrund für die Tour ist die Abwendung vieler afrikanischer Staaten von Frankreich, das noch immer als knallharte imperialistische Macht auftritt. Es ist der Alptraum der alten Kolonialisten, dass in Mali und anderen afrikanischen Staaten Menschen mit russischen Fahnen auf die Straße gehen und die französischen Kolonialsoldaten zum Teufel wünschen.
Dann besteht die feministische Außenpolitik darin, eben deutlich zu machen, dass der europäische Kolonialismus und Neokolonialismus auch von Frauen getragen wird. Schließlich ist es ja längst bekannt, dass die feministische Außenpolitik à la Baerbock besonders militaristisch ist.
So gehört die Partei der Grünen weiterhin zu denen, die immer mehr und immer mörderische Waffen in die Ukraine liefern, was mittlerweile auch manche Taz-Journalistin nachdenklich stimmt.
Was macht die Ukraine mit den ganzen Waffen?
Im Taz-Kommentar stellt sich Barbara Junge die Frage, ob nach immer mehr Panzern bald auch Kampfflugzeuge an die Ukraine geliefert werden?
Selbst im Krieg ist es nicht gut, Denkverbote aufzustellen. Auch wenn sie nicht ausgesprochen wird, bewegt, abseits von der öffentlich geäußerten Furcht vor einer weiteren Eskalation durch Putin, doch noch eine andere Sorge die Regierungschefs im westlichen Bündnis: Was macht die Ukraine mit all dem Gerät?
Kommt der Zeitpunkt, an dem die ukrainische Armee mit westlichem Gerät, mit dem Leopard 2 etwa, russisches Gebiet angreift? Wie sehr vertrauen wir der Regierung Selenskyj und ihren Generälen? Und kommt doch noch der Punkt, an dem der Luftraum über der Ukraine geschützt werden muss?
Barbara Junge, Taz
Da bleibt nur noch hinzuzufügen, dass eine deutschlandkritische Linke, die diesen Namen noch verdient, seit 30 Jahren vor dem Szenario warnte, dass eine ukrainische Regierung, die Nazikollaborateuren wie Stepan Bandera Denkmäler setzt, dann auch deren Programm umsetzt und dazu gehörte der Angriff auf Russland.
"Habt Ihr den Maidan 2014 gesehen?"
In der Wochenzeitung Freitag, in der immer auch kriegskritische Positionen Platz fanden, spricht sich die Redakteurin Elsa Köster "Im Krieg für den Zweifel" aus.
Sie stellt dort kritische Fragen an diejenigen, die sich für und gegen Waffen an die Ukraine aussprechen. Nur ist es irritierend, wenn Köster an einer Stelle an die Gegner von Waffenlieferungen an die Ukraine schreibt:
Habt ihr die Bilder vom Maidan 2014 gesehen? Ist es für euch Frieden, wenn demonstrierende Ukrainerinnen fortan dieser brachialen Gewalt ausgeliefert sind.
Elsa Köster, Freitag
Dabei müsste doch der Maidan gerade kein Argument für Waffen an die Ukraine sein. Schließlich ist bis heute nicht geklärt, wer für die Toten dort verantwortlich ist. Klar ist aber auf jeden Fall, dass am Maidan 2014 ein rechtsoffener Umsturz einer nach bürgerlich-demokratischen Wahlen an die Macht gekommenen Regierung stattfand und Politiker aus Deutschland und den USA applaudierten.
Mit dem Maidan sind Ultrarechte, wenn sie nur die Interessen der Nato und des deutschen Imperialismus verfolgen, wieder willkommen wie in der Hochzeit des Kalten Krieges. Seit dem Maidan wissen wir, dass die Ukraine bürgerliche Standards verletzten kann und sie trotzdem als Vorkämpferin für die westliche Freiheit gefeiert wird. Das setzt sich bis heute fort.
Ukraine bürgert Opposition aus
Während die Forderung nach immer neueren Waffen an die Ukraine damit begründet wird, dass dort die Freiheit gegen den Autoritarismus verteidigt wird, setzt die ukrainische Regierung die Kriminalisierung und Ausbürgerung der Opposition fort.
Betroffen sind in der Regel bürgerliche Politiker, die für einen Ausgleich mit dem Nachbarland Russland eintreten und die schon 2014 davor gewarnt haben, die Politik der Neutralität zwischen der EU und Russland aufzugeben und die durchaus die Folgen vorausgesehen haben: den Konflikt mit Russland, der von Deutschland, Polen und den USA im Wesentlichen angeheizt wird.
Nun könnte man argumentieren, es könnte doch in bürgerlichen Wahlen festgestellt werden, wer von der Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung unterstützt wird. Spätestens nach den Exzessen des russischen Nationalismus nach dem Einmarsch am 24. Februar dürften die Anhänger für eine Verständigung mit Russland an Unterstützung eingebüßt haben.
Trotzdem scheint sich die jetzige Regierung da nicht so sicher. Nur so ist zu erklären, dass die Opposition weiter verfolgt wird. So hat die Selenskyj-Regierung vor wenigen Tagen vier Oppositionspolitiker ausgebürgert.
Betroffen von der Ausbürgerung, die ihren Pass abgeben und die Ukraine verlassen mussten, sind Wiktor Medwedschuk, sein Geschäftspartner Taras Kosak, der ehemalige stellvertretende Generalstaatsanwalt Renat Kuzmin sowie der Geschäftsmann Andrei Derkatsch.
Letzterer war fraktionslos, die drei anderen gehören der "Oppositionelle Plattform – für das Leben" an, die in deutschen Medien meistens mit dem Adjektiv "prorussisch" versehen wird. Besser wäre wohl, sie als neutralistisch zu beschreiben.
Sie tritt für eine Ukraine ein, die eine Brückenfunktion zwischen der EU und der russischen Welt hat, ohne sich an eine Seite anzubinden. Das war die Politik der Ukraine bis zum Maidan-Umsturz 2014 und damit ist die Ukraine so schlecht nicht gefahren.
Übrigens handelt es sich bei der "Oppositionellen Plattform – für das Leben" um eine politische Formation, die der gegenwärtigen Regierung bei bürgerlichen Wahlen hätte gefährlich werden können.
Das ergaben Umfragen zumindest 2021, also vor dem russischen Einmarsch.
"Die Regierungspartei ‚Diener des Volkes‘ würden 15 Prozent aller Befragten oder 22 Prozent der Ukrainer, die schon wissen, für wen sie stimmen werden, wählen. Für die "Oppositionelle Plattform – Für das Leben" würden entsprechend 14 und 22 Prozent der Ukrainer stimmen", hieß es damals.
Da müsste doch eine Zeitung wie die Taz, die sich ja als Sprachrohr gegen den politischen Autoritarismus versteht, eigentlich kritisch nachfragen, ob da nicht eine Regierung ihre Opposition ausbürgert.
Doch mit der Überschrift Parlamentarier ohne Papiere macht die Taz deutlich, dass sie diese Ausbürgerung der Opposition in der Ukraine so schlimm nicht findet.
Wenn das in Russland oder in der Türkei passiert, würde die Zeitung sicherlich die Frage stellen, ob die Kontakte zu dem Land nicht überprüft werden sollen und fordern, dass keineswegs neue Waffen an das Land geliefert werden sollen. Doch für die Ukraine gilt das nicht.
Da wird kurz vermeldet, dass wichtige Köpfe der bürgerlichen Opposition ausgebürgert wurden und gleich danach wird zu weiteren Waffenlieferungen an das Land aufgerufen. Denn in der Ukraine muss die westliche Freiheit verteidigt werden, koste es, was es wolle.