Ukrainische Streitkräfte greifen wohl erneut russisches Atomraketen-Frühwarnsystem an
Erneut wurde ein russisches Radarsystem Ziel eines Angriffs. Im Verdacht steht erneut die ukrainische Armee. Warum tut sie das? Ein Kommentar.
Die ukrainischen Streitkräfte haben vermutlich ein weiteres Atomraketen-Frühwarnsystem im Raum Orenburg angegriffen. Bereits am 23. Mai war ein Woronesch-System bei Armawir getroffen worden.
Bei den Angriffen auf das Woronesch-System handelt es sich um die militärisch wertvollsten Ziele, die jemals von ukrainischen Streitkräften angegriffen wurden. Die Angriffe bergen die Gefahr einer unkontrollierbaren Eskalation des Krieges in Osteuropa, weil sie die nukleare Zweitschlagfähigkeit Russlands massiv infrage stellen – mit unabsehbaren Folgen.
Was steckt hinter den Angriffen der Ukraine?
Mit dem Woronesch-Radar werden keine Angriffspotentiale der russischen Streitkräfte getroffen, sondern die Radare dienen ausschließlich dazu, einen möglichen nuklearen Erstschlag der Nato zu detektieren.
Zur Erinnerung: Der führende Nato-Staat hat bisher als einziges Land der Welt einen militärisch kaum zu rechtfertigenden atomaren Erstschlag geführt. Zudem ist ein zentraler Grund für die Intervention in der Ukraine darin zu sehen, dass Russland eine nukleare Pufferzone zwischen sich und der Nato als unverzichtbaren Teil seiner Sicherheitspolitik ansieht und gerade deshalb bereit ist, einen bewaffneten Konflikt zu führen.
Die strategische Bedeutung der Ukraine für die Nato
Die Grenze zur Ukraine ist nur 450 Kilometer von Moskau entfernt. Eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine würde bedeuten, dass mobile US-Atomraketen das Nervenzentrum Russlands in einer Zeit erreichen könnten, die einen nuklearen Zweitschlag Russlands sehr schwierig machen würde.
Gerade vor dem Hintergrund der in den USA in der Entwicklung befindlichen Hyperschallraketen sind die Befürchtungen der russischen Führung sehr ernst zu nehmen – umgekehrt wäre es schwer vorstellbar, dass die USA mobile Abschussrampen für russische Atomraketen an der mexikanischen Grenze dulden würden. Oder auf Kuba.
Das Gleichgewicht des Schreckens und die Gefahr seiner Störung
Die nukleare Abschreckung, auch "Gleichgewicht des Schreckens" genannt, beruht auf einem sehr einfachen Mechanismus: Wenn eine Partei Atomraketen gegen eine zweite Partei einsetzt, würde die zweite Partei ebenfalls Atomraketen gegen die erste Partei einsetzen.
Der Einsatz von Atomraketen würde somit unweigerlich zur Selbstvernichtung führen, da der Gegner genügend Zeit hätte, sein eigenes nukleares Potenzial zu entfalten. Auf diese Weise wird der Gebrauch von Atomraketen in der Logik der Abschreckung zu einem Akt des Selbstmords und zu einem unwahrscheinlichen Ereignis.
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Wenn aber ein Erstschlag geführt werden kann, ohne dass der Gegner eigene Nuklearraketen einsetzen kann, wird das Gleichgewicht des Schreckens empfindlich gestört: Der nukleare Erstschlag wird zu einer militärischen Option, die nicht zwangsläufig zur Selbstvernichtung führen muss, auch wenn ein nukleares Restrisiko immer bestehen bleibt.
Auch die Grenze des Nato-Mitglieds Lettland ist nur rund 580 Kilometer von der russischen Hauptstadt entfernt. Und stellt damit ein Sicherheitsrisiko für Russland dar. Es ist entstanden, weil sich die Nato nach der deutschen Wiedervereinigung entgegen mündlicher Absprachen weiter nach Osten ausgedehnt hat.
Im Falle Lettlands muss man allerdings sagen, dass Russland mehr Möglichkeiten hat, potenzielle Gefahren zu erkennen: Das Land ist kleiner und hat einen enorm hohen Anteil russischsprachiger Bevölkerung.
Hatte schon der Beitritt der baltischen Staaten bei der russischen Führung große Sicherheitsbedenken ausgelöst, so war mit einem möglichen Nato-Beitritt der Ukraine die rote Linie Moskaus überschritten. Russland hatte zuvor jahrzehntelang versucht, seine Sicherheitsbedenken auf diplomatischem Wege vorzubringen.
Die Rolle des Woronesch-Radars in der nuklearen Abschreckung
Wenn die Ukraine nun das Woronsch-Radarnetz angreift, bedeutet das für die russische Führung, dass die Wahrscheinlichkeit, einen atomaren Erstschlag der USA zu entdecken, dramatisch sinkt. Noch einmal: Die Ukraine hat weder konventionell noch nuklear bestückte Raketen, die das Woronesch-System erfassen könnte – militärisch sind die Schläge für die Ukraine vollkommen nutzlos, militärisch sinnlos.
In den westlichen Medien wird jetzt eine gefährliche und perfide Kommunikation betrieben, die den schwerwiegenden Vorfall herunterspielen soll: In den wenigen Berichten über den Angriff auf das Frühwarnsystem wird kolportiert, dass das Radar in der Lage sei, auch die Krim zu erfassen.
Das ist technisch richtig, aber irreführend. Das Radar deckt zwar die Krim mit ab, zielt aber keinesfalls auf die Krim. Das Radar ist ein Überhorizont-Radar und ist überhaupt nicht darauf ausgerichtet, den Luft- und Weltraum über der Ukraine oder über russischem Territorium abzudecken.
Die Darstellung, das Woronesch-Radar überwache auch die Krim, ist missverständlich und soll wohl den Eindruck erwecken, das Radar sei ein nützliches militärisches Ziel für die ukrainischen Streitkräfte, um Russland am Schutz der Krim zu hindern. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Die militärische Nutzlosigkeit der Angriffe für die Ukraine
Die ukrainischen Streitkräfte haben keinen militärischen Vorteil davon, das Woronesch-System auszuschalten – die Ukraine hat schlicht keine einzige Waffe in ihrem Arsenal, auf die das Woronesch-System abzielt. Das System soll anfliegende Atomraketen oder Atombomber aufspüren – die Ukraine verfügt aber nicht einmal über konventionelle ballistische Mittelstreckenraketen.
Hier stellt sich die Frage: Warum greift die ukrainische Armee ein Radarsystem an, das ihr im andauernden Krieg mit Russland keinen militärischen Nutzen bringt? In diesem Zusammenhang ist auch das vergleichsweise geringe ukrainische Potenzial an Abstandswaffen zu berücksichtigen: Jedes Ziel einer abgeschossenen Langstreckendrohne muss sehr genau bedacht werden, wenn es nur relativ wenige Langstreckendrohnen im eigenen Arsenal gibt.
Was ist also die Motivation hinter den Angriffen? Und wer steckt dahinter?
Wir halten daher fest, dass es nicht im unmittelbaren militärischen Interesse der ukrainischen Streitkräfte liegen kann, mengenmäßig sehr begrenzte Abstandswaffen auf Ziele zu verschwenden, die auf dem Schlachtfeld keine Wirkung entfalten können.
Ferner ist davon auszugehen, dass die ukrainischen Streitkräfte nichts ohne die Zustimmung der USA, der dominierenden Macht im Nato-Militärbündnis, unternehmen können und werden. Die Ukraine verfügt über keinerlei Ressourcen, um den Krieg gegen Russland aus eigener Kraft weiterzuführen oder auch nur die grundlegenden Staatsausgaben ohne Hilfe der Nato-Staaten zu bestreiten.
Ein Stopp der Waffenlieferungen und der Finanzhilfen würde unweigerlich zum Zusammenbruch des ukrainischen Staates insgesamt führen, was sicherlich die eine oder andere Frage nach der Souveränität des Landes aufwerfen würde. Letztlich ist es wahrscheinlich, dass die ukrainische Führung keine Entscheidung treffen wird, ohne die USA als dominierenden Nato-Staat zu konsultieren.
Daher ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass die Angriffe auf die Überhorizontradars nicht von der ukrainischen Führung ausgehen. Aber auch, dass der Befehl dazu aus Washington kam, bleibt eine vage Spekulation.
Mögliche Motivationen hinter den Angriffen
Als Gründe für einen möglichen ukrainischen Angriff auf die nukleare Verteidigungsfähigkeit Russlands, der das "Gleichgewicht des Schreckens" existenziell bedroht, können zwei Punkte genannt werden:
Zum einen die Vorbereitung eines nuklearen Erstschlags auf dem Territorium der Russischen Föderation durch einen Nato-Staat. Zum anderen könnten die Angriffe darauf abzielen, Russland zu einer irrationalen Entscheidung zu provozieren, die die militärische Lage Russlands negativ beeinflussen könnte, z. B. ein offizieller Kriegseintritt der Nato.
In jedem Fall müssen die Angriffe auf das Radarsystem vom Typ Woronesch als eine militärische Verzweiflungstat der Ukraine gewertet werden. Das ukrainische Militär steht vor einem katastrophalen Wendepunkt.