Ukrainischer Kommandeur räumt "Pattsituation" ein: Was nun?

Eine Einheit der ukrainischen Streitkräfte, die Flugabwehrsystem MR-2 Viktor einsetzt. Bild: Armyinform

Kiew gibt erstmals zu: Wir stecken fest. Doch Selenskyj tabuisiert weiter Diplomatie. Warum selbst die US-Presse beginnt, den Krieg als Last anzusehen. Gastbeitrag.

Der oberste Befehlshaber der Ukraine hat eingeräumt, dass sich seine Armee derzeit in einer "Pattsituation" mit Russland befindet, die ein baldiges Ende unwahrscheinlich macht.

Blaise Malley ist Reporter für Responsible Statecraft.

General Walerij Saluschnyj sagte gegenüber The Economist: "Wie im Ersten Weltkrieg haben wir ein technologisches Niveau erreicht, das uns in eine Pattsituation bringt. Es wird höchstwahrscheinlich keinen tiefen und erfreulichen Durchbruch geben."

Es ist bisher das deutlichste Eingeständnis des ukrainischen Militärs, dass seine Gegenoffensive ins Stocken geraten ist, und kommt "inmitten einer größeren Anstrengung ukrainischer Offizieller, die Erwartungen der Verbündeten auf einen schnellen Erfolg auf dem Schlachtfeld zu dämpfen, während sie sie drängen, die militärische Unterstützung aufrechtzuerhalten, damit die Ukraine den Vorteil auf dem Schlachtfeld erlangen kann", so die New York Times.

Doch trotz des zermürbenden Krieges und der schwindenden internationalen Aufmerksamkeit und Unterstützung ist die Diskussion über eine Verhandlungslösung mit Russland in Kiew immer noch ein "Tabu", heißt es in einem neuen Time-Artikel über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Selenskyjs Hartnäckigkeit, so sagen einige seiner Mitarbeiter, habe die Bemühungen von ihnen um eine neue Strategie, eine neue Ausrichtung, beeinträchtigt. Während sie über die Zukunft des Krieges debattierten, blieb ein Thema tabu: die Möglichkeit, ein Friedensabkommen mit den Russen auszuhandeln,

… schreibt Simon Shuster im Time Magazine.

Selenskyj lehnt selbst einen vorübergehenden Waffenstillstand strikt ab. "Für uns würde das bedeuten, diese Wunde für künftige Generationen offen zu lassen", sagt der Präsident.

Shuster berichtet aus Kiew, dass viele der Befürchtungen, die angesichts der Finanzierung und Bewaffnung der Ukraine ohne klares "Endgame", also ohne realistische Zielperspektive, nun wahr werden.